Star Trek - Into Darkness
Stoizismus war sein Fluch.
Als er eine ausreichende Menge der roten Flüssigkeit gewonnen hatte, schaltete er das medizinische Instrument ab. Das Gerät versiegelte beim Entfernen automatisch die Haut und ließ den Arm des Mannes glatt und unbeschädigt zurück. Er füllte das Blut in eine kleine Ampulle um. Der Mann hob den Arm und hielt sie gegen das Licht. Es gab nichts Bemerkenswertes am Aussehen ihres Inhalts … nur an seiner chemischen Zusammensetzung.
Vorsichtig ließ er die Ampulle in ein rechteckiges Kästchen aus poliertem Holz gleiten. In die Aushöhlung neben dem Glasbehälter mit dem Blut legte er einen einfachen Ring aus stumpfem, silberfarbenem Metall. Obwohl das Schmuckstück auf eine bestimmte Einheit der Sternenflotte hinwies, war es weder auffällig noch protzig. Wenn überhaupt war es ein wenig klobig, wie die Ringe, die man häufig den Siegern von Sportwettkämpfen verehrte. Der Besitzer der Ampulle und des Rings lächelte still und leise über diesen Vergleich. Dass niemand da war, der ihn lächeln sehen konnte, kümmerte ihn nicht. Er wusste, dass der Vater des kleinen kranken Mädchens sein Geschenk voller Spannung erwartete.
Das Badezimmer war unverändert, im Gegensatz zu seinem Besitzer. Der Mann, der in den Spiegel starrte, hatte Angst. Tom Harewood hatte schon seit Langem furchtbare Angst, aber um jemand anders. Das hatte sich geändert. Nicht dass es eine Rolle spielte. Der Zweck heiligt die Mittel , sagte er sich wieder und wieder. Dummer alter Spruch. Nichts als ein närrischer, kindischer Gedanke. Auf das alles nicht anwendbar.
Das Päckchen war von einem privaten Kurierdienst ausgeliefert worden. Er hatte fast schon erwartet, dass es niemals ankommen würde. Neben der Ampulle mit dem Blut enthielt das dunkle Kästchen einen Ring. Harewood tauschte ihn vorsichtig gegen einen scheinbar identischen silbernen Ring mit dem Symbol seiner Abschlussklasse der Sternenflottenakademie aus, den er trug. Er war ein wenig überrascht, weil das just gelieferte Stück genau passte. Wenn man bedachte, was er über die Person erfahren hatte, die ihm den Ring und die Ampulle zur Verfügung stellte, hätte er es wohl nicht anders erwarten sollen.
Ein Blick ins Schlafzimmer zeigte, dass das Bett leer war. Die Bettdecke war zurückgeschlagen, das Laken zerknittert. Seine Frau war nicht da. Sie war im Krankenhaus und hielt vergeblich Wache. Sie wartete auf ein Wunder, ohne auch nur die geringste Ahnung, dass es bereits auf dem Weg war. Sie würde ihn erwarten. Ihren einzigen Lichtblick in der Tragödie, zu der ihr Leben geworden war. Allerdings würde sie ihn nicht so früh erwarten. Er wollte sie überraschen.
Ein leises Wort des Besitzers ließ eine Schranktür am Ende des Schlafzimmers aufgleiten. Darin befanden sich ordentlich aufgereihte Freizeitkleidung, Schuhe für unterschiedliche Ausflüge und Oberteile, die ihre Besitzer auf vielen Reisen gesammelt hatten. Das andere Ende wurde für formellere Kleidung benutzt. Jede Uniform war makellos und selbstverständlich schneidig. Sternenflottenuniformen. Harewood wählte die aus, von der er glaubte, dass sie am besten seine Stimmung und die zu vollbringende Tat widerspiegelte.
Die Empfangsdame des Krankenhauses war auf der Zielgeraden ihrer Nachtschicht und scherte sich wenig um Tom Harewoods Ankunft. Wie der Rest der Angestellten und regelmäßigen Besucher kannte sie Tom und seine Frau vom Sehen. Die Tatsache, dass er an diesem Tag mit einer Sternenflottenuniform bekleidet war, obwohl er sonst eher Freizeitkleidung trug, ging an der schläfrigen Frau völlig vorbei. Sie prüfte seinen Ausweis, ohne ihn richtig anzusehen, und verließ sich darauf, dass der Sicherheitsprozessor seine Arbeit wie immer gründlich machte.
Harewood fand seine Frau schlafend auf einem Stuhl vor, nicht weit vom Bett des Mädchens entfernt. Wie immer bewegte sich auf dem Krankenlager nichts. Er achtete darauf, seine Frau nicht zu wecken, während er sich seinen Weg durch das Gewirr aus Schläuchen und Kabeln bahnte. Sie waren das Einzige, was sein kleines Mädchen am Leben erhielt.
Er zog die Ampulle aus der Tasche. Dann ging er auf eines der Geräte zu, platzierte die Ampulle in einen freien Steckplatz und sah zu, wie sich die Flüssigkeit ihren Weg suchte. Unmittelbar neben ihm wurde einem Tropf, der eigentlich mit Nährstoffen und Salzen gefüllt war, ein anderes Medikament hinzugefügt. Die normalerweise transparente Flüssigkeit begann sich zu verfärben,
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