Star Trek - Vanguard 01 - Der Vorbote
Tatsächlich musste er zugeben, dass je länger er mit ihr zusammenarbeitete, er ihre Lebensfreude mehr und mehr schätzte.
Das Surren des Interkoms riss ihn aus seinen Gedanken. Greenfields Identifikationscode erschien, und er öffnete den Kanal mit einem Daumendruck. „Worum geht es?“
„Captain Desai möchte Sie sehen, Sir.“
„Einen Moment noch, dann …“
Die Tür zu seinem Büro glitt auf und Captain Rana Desai trat ein. Die kleine Frau indischer Abstammung war in ihren späten Dreißigern und wie viele ihrer Altersgenossen trug sie ihr Haar zu einem modischen, aber einfachen Pagenkopf geschnitten. Unter dem Arm trug sie eine versiegelte Aktenmappe.
Vor der Tür stand Yeoman Greenfield und sah dem Captain verwirrt nach. Sie signalisierte Reyes eine stumme Entschuldigung und trat dann beiseite, damit sich die Tür schließen konnte.
Reyes wandte seine Aufmerksamkeit Desai zu und begrüßte sie mit trockenem Sarkasmus. „Nein, ich bin nicht beschäftigt, bitte treten Sie ein.“
Desai nahm die Mappe und übergab sie Reyes. Ihr schwacher Londoner Akzent klang eisig. „Im Namen des Judge Advocate General der Sternenflotte wird Ihr Versuch, das Vorrecht der Befehlsgewalt über die Einrichtung auf Kessik IV auszuüben, als unpassend bewertet und Ihr Antrag abgelehnt.“
„Nun mal langsam“, erwiderte Reyes aufgebracht, „wir haben unseren Anspruch auf Kessik IV streng nach den Regeln erhoben.“
„Dann sollten Sie vielleicht diese Regeln noch einmal studieren, Commodore“, sagte Desai. „Sie können den Einwohnern nicht einfach ihre Kolonie wegnehmen, nur weil Sie ihre Dilithium-Mine haben wollen.“
„Zunächst einmal“, erwiderte Reyes, erhob sich dabei aus seinem Stuhl und blickte auf die kleinere Frau hinab, „wir stehlen niemandem etwas. Wir kaufen es. Zum zweiten: Wir möchten diese Dilithium-Mine nicht, wir
brauchen
diese Dilithium-Mine. Hier geht es um eine militärische Notwendigkeit.“
Sie zeigte ein aufgesetztes Lächeln, das fast höhnisch wirkte. „Welch ein Pech für Sie, dass das Gesetz nicht einzig und allein geschrieben wurde, um Ihre Bedürfnisse zu befriedigen.“
„Tatsächlich“, sagte er, „ist das aber genau der Grund, wofür dieses Vorrecht erschaffen wurde. Abgesehen davon hat Botschafter Jetanien alles persönlich unterschrieben.“
„Schade, dass er dafür auch nicht mehr Befugnisse besaß als Sie “, sagte Desai. „Das Gesetz über das Vorrecht zur Aneignung, wie es in der Charta der Föderation steht, beschränkt sich ausschließlich auf Mitgliedswelten der Föderation, sowie verlassene Planeten innerhalb ihres Hoheitsgebietes.“
„Wir haben dort unsere Flagge gehisst. Das macht Kessik IV zu unserem Territorium.“
„Wenn Sie Ihre Flagge dort als Erstes gehisst hätten, Commodore, dann vielleicht. Aber die Crew des Minenschiffs
Epithemeus
formulierte ihren Anspruch auf Kessik IV, als Vanguard gerade mal zur Hälfte gebaut war. Sie besitzen eine lokale Regierung und einen dauerhaften Anspruch auf Unabhängigkeit.“
Juristische Spitzfindigkeiten reizten Reyes grenzenlos. „Sie sind aber Einwohner der Föderation – das Gesetz kann immer noch angewandt werden.“
„Nicht außerhalb der Grenzen“, erwiderte Desai. „Das Vorrecht gilt nur innerhalb des Föderationsraums. Und selbst hier übertrumpfen die Rechte des Staates nicht die Rechte des Individuums, oder die freier Gemeinden, auf Welten, die zuvor niemand in Anspruch genommen hat.“
Reyes schleuderte die Aktenmappe mit dem behördlichen Hokuspokus auf einen Haufen mit anderen Dokumenten, die er auf absehbare Zeit zu ignorieren gedachte. „Ich schätze die hohen Ideale der Föderation genauso wie jeder andere hier, Captain, aber ich muss auch den Fakten ins Gesicht sehen: die Sternenflotte braucht diese Dilithium-Mine. Die Föderation braucht sie.“
„Dann hätten wir dieser Angelegenheit vielleicht mehr Zeit, mehr Schiffe und mehr Personal widmen sollen, um sie abzuschließen, bevor jemand mit zivilen Rechten daherkommt und es völlig legal vor uns tut.“ Sie gab ihren Vortragston auf und fuhr etwa ruhiger fort: „Heute Morgen um 0830 habe ich im Auftrag des JAG den Anspruch der Föderation auf Kessik IV zurückgenommen und Ihren Befehl, die Einwohner umzusiedeln, widerrufen.“
Reyes’ aufflammender Zorn verzehrte sein Gesicht zu einer wütenden Maske.
„,Widerrufen‘?“ Mit langen, unheilvollen Schritten umrundete er seinen Schreibtisch und ging auf Desai zu. Auf ihrem
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