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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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eilig hat. Haben Sie das auch schon bemerkt? Soldaten erledigen die meisten Dinge mit halber Geschwindigkeit. Die einzigen Leute, die sich beeilen, sind Stabsoffiziere und Flüchtlinge.»
    Er ritt weiter ostwärts über das Feld und trabte lässig an den abgestellten Kanonen vorbei. Starbuck hielt sich an seiner Seite. Eine halbe Meile weiter links erstreckte sich der nächste Waldgürtel, hinter dem eine niedrige, bewaldete Hügelkette folgte, die das Schlachtfeld verdeckte. Hinter den Hügeln stiegen große Rauchfetzen auf, und Lassan ritt auf den Rand dieses Rauchs zu. «Es hat keinen Sinn, mitten im Getümmel herauszukommen, Starbuck. Wir halten auf die Flanke zu.»
    «Sie genießen das richtig, stimmt’s?», sagte Starbuck, der dem erfahreneren Franzosen sehr gern die Führung überließ.
    «Es ist besser, als in McClellans Hauptquartier zu sitzen und zum achtundneunzigsten Mal die
World
aus New York zu lesen.»
    «Aber was ist mit Ihrer Habe?», fragte Starbuck, dem plötzlich auffiel, dass der Franzose ohne jedes Gepäck von der Unionsseite auf die der Konföderierten wechseln wollte.
    «Meine Habe befindet sich in Frankreich. Hier in Amerika besitze ich einen Mantel», Lassan klopfte auf das Kleidungsstück, das er hinter dem Sattel zusammengerollt hatte. «Ein wenig Geld.» Er klopfte auf eine Satteltasche. «Genug, damit Sie Lust bekommen könnten, mich umzubringen, aber ich rate Ihnen, es nicht zu versuchen.» Er lächelte vergnügt. «Ein Hemd zum Wechseln, ein bisschen Tabak, Revolverpatronen, Unterwäsche, eine Ausgabe von Montaignes Essays, eine Zahnbürste, drei Notizbücher, zwei Bleistifte, zwei Rasiermesser, ein Wetzstahl, ein Kompass, ein Feldstecher, ein Kamm, eine Uhr, eine Flöte, Kreditbriefe und meine Ausweispapiere.» Er klopfte auf die verschiedenen Taschen oder Satteltaschen, in denen er diese Besitztümer aufbewahrte. «Wenn ich sicher bei den Rebellen angekommen bin, kaufe ich mir ein Ersatzpferd, und dann habe ich wieder alles, was ich brauche. Ein Soldat sollte nicht mehr bei sich haben als das, und wenn ich mir einen Bart wachsen lassen würde, bräuchte ich nicht einmal die Rasiermesser.»
    «Und was ist mit der Flöte?»
    «Ein Mann sollte eine gewisse Kultur besitzen,
mon ami
, sonst ist er nichts weiter als ein Rohling. Gott, in diesem Land würde ich wirklich nicht gern kämpfen.» Das äußerte er, als die beiden über eine Anhöhe kamen und ein Gewirr aus kleinen Feldern und Wäldern vor sich hatten. «Hier ist kein Platz für die Kavallerie», sagte Lassan.
    «Warum nicht?»
    «Weil Kavalleristen den Wald hassen. Hinter Bäumen können Geschütze und Musketen versteckt werden, und wir Kavalleristen lieben weite, offene Ebenen. Zuerst setzt man den gegnerischen Infanteristen mit Artilleriebeschuss zu, dann jagt man die Kavallerie auf sie, und danach beerdigt man sie. So hat in der Alten Welt die Formel für den Verlauf einer Schlacht gelautet, aber die kann man nur in offenem Gelände umsetzen. Und ich sage Ihnen, mein Freund, dass es keinen größeren Nervenkitzel auf der Welt gibt, als auf einen unterlegenen Gegner zuzureiten. Das Trommeln der Hufe, die Trompeten, die Sonne über einem, der Gegner unter einem, mein Gott, der Krieg hat wirklich einen sündigen Reiz.» Sie trabten weiter, kamen an den ersten Hinweisen auf die Schlacht dieses Tages vorbei. Sanitätskarren brachten Verwundete zu einem Feldlazarett, und Krankenschwestern in einer Uniform aus langen Röcken und Männerhemden halfen, die blutigen Verletzten von den Fuhrwerken in die Zelte zu tragen. Hinter dem Feldlazarett saß eine Gruppe finster blickender Männer mit schießpulverfleckigen Gesichtern, Deserteure, die vor den ersten Angriffen der Rebellen weggelaufen und von Militärpolizisten des Nordens gefasst worden waren. Mit Gewehrmunition beladene Maultiere wurden über eine Straße in Richtung der Rauchwolken geführt.
    Lassan und Starbuck trabten an den Maultieren vorbei und in das nächste Waldstück, wo Infanteristen der Nordstaaten lagerten. Die Gesichter dieser Männer waren nicht fleckig von Schießpulver, was zeigte, dass sie an diesem Tag noch nicht gekämpft hatten.
    Jenseits des Waldes senkte sich die Straße leicht zum Damm der Richmond and York Railroad, der hier durch die Feuchtwiesen führte. Die Rebellen hatten die Gleise herausgerissen und die Brücke über den Chickahominy gesprengt, aber die fähigen Pioniere des Nordens hatten alles wieder in Ordnung gebracht, und gerade hatte ein

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