Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Ballonzug rechts von der Kreuzung der Straße mit der Bahnlinie angehalten. Eine Lokomotive blies Rauchwolken in die Luft, während die Ballonmannschaft das plumpe Luftschiff von einem flachen Güterwaggon herunterhievte. Nach dem Sturm hatte der Wind etwas nachgelassen, doch immer noch hatte die Mannschaft schwer mit dem anschwellenden Fesselballon zu kämpfen.
«Ärger», knurrte Lassan.
Starbuck hatte zu dem Ballon geschaut, aber jetzt wandte er den Blick in die andere Richtung und sah, dass eine Kavalleriepatrouille am Bahndamm entlang auf sie zukam.
«Vielleicht suchen sie nur nach Drückebergern», sagte Lassan. «Wir müssen es riskieren. Wenn wir es erst einmal in den Wald dort drüben geschafft haben, sind wir vermutlich sicher.» Er deutete auf ein dichtes Waldstück auf der anderen Seite der Eisenbahnstrecke. «Lassen Sie das Pferd ganz gemächlich im Schritt gehen.»
Lassan und Starbuck ritten langsam die Straße hinunter. Der Franzose zündete eine Zigarre an, die er Starbuck weiterreichte, dann nahm er sich selbst eine. Die Patrouille war noch ein gutes Stück entfernt, und Starbuck spürte, wie seine Zuversicht wuchs, als sie immer näher an die Bahnlinie kamen. Die Straße stieg zwischen grasbewachsenen Randstreifen, die stellenweise vom Funkenflug der Lokomotive versengt waren, leicht bis auf die Höhe des Bahndamms an. Zwei Soldaten trugen einen Stab mit einer Spule und entrollten den Telegraphendraht, der die Gondel des Ballons mit jenem Draht verbinden würde, der neu entlang der Bahnlinie gespannt worden war. Einer der Männer schob sich mit einer Zange zwischen den Zähnen einen Mast hinauf. «Ich hasse die moderne Kriegsführung», sagte Lassan, als er und Starbuck die Kreuzung der Straße mit der Bahn erreichten. «Der Krieg, das sollten Pauken und Trompeten sein, nicht Techniker und Dampfmaschinen.» Zwei Sanitätsgespanne fuhren eilig nordwärts über die Straße, und Lassan lenkte sein Pferd an den Rand, um sie vorbeizulassen. Die Räder der beiden weiß gestrichenen Fuhrwerke klapperten über die Holzbohlen und ließen eine Spur aus Blutstropfen hinter sich auf der Straße. Lassan verzog beim Anblick der stöhnenden, fluchenden und blutenden Verletzten auf den Fuhrwerken das Gesicht, dann zog er seinen Feldstecher heraus, um das Gelände südlich der Bahnstrecke in Augenschein zu nehmen. Auf der linken Seite standen die Zeltreihen eines Feldlagers, und Erdwälle zeigten die Position einer Geschützbatterie an, aber die Kämpfe dieses Tages schienen mindestens eine Meile hinter dem Wald stattzufinden. Zwei Signalwinker, die ihre Signalflaggen so schnell bewegten, dass sie nur unscharf zu erkennen waren, standen auf dem Wall, um eine Nachricht Richtung Süden weiterzugeben. Die Kavalleriepatrouille, die sich ebenfalls vor Lassan und Starbuck befand, schwenkte von dem Bahndamm ab und galoppierte auf die Feuchtwiesen.
«Sie haben uns gesehen», warnte Starbuck den Franzosen, der mit einem Blick nach links feststellte, dass die Reiter der Nordstaaten in einem Winkel über die Feuchtwiesen ritten, von dem sie offenkundig hofften, dass er den beiden Flüchtlingen den Weg abschneiden würde.
Lassan richtete einen Moment sein Fernglas auf die Reiter. «Ihr Bruder ist dabei. Und Pinkerton. Ich glaube, wir sollten uns aus dem Staub machen, oder?» Er grinste Starbuck an, dann trabte er die abschüssige Straße hinunter, die auf der südlichen Seite von dem Bahndamm wegführte. Am Fuß der Schräge angekommen, beobachtete er ihre Verfolger erneut durch das Fernglas, und was er sah, schien ihm nicht zu gefallen, denn er nahm die schwere Metallscheide seines großen, hässlichen Schwerts und klemmte sie sich zwischen den linken Oberschenkel und den Sattel, damit sie ihn beim Ritt nicht behinderte. «Galopp», erklärte er Starbuck.
Beide Männer rammten ihren Pferden die Fersen in die Flanken, und die Tiere warfen den Kopf zurück und begannen, über den roten Morast der Straße zu galoppieren. Eine Kavallerietrompete blies Angriff, und als sich Starbuck unbeholfen im Sattel umdrehte, sah er die blau uniformierten Reiter über die Wiese schwärmen. Die nächsten Kavalleristen waren immer noch dreihundert Schritt entfernt, und ihre Pferde waren erschöpft, doch mit einem Mal knallte eine Pistole oder ein Karabiner, und Starbuck sah die Rauchwolke hinter den Reitern in der Luft stehen bleiben. Er war nicht sicher, aber er glaubte, James zu erkennen, dann krachte der nächste Schuss, und Starbuck
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