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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zog den Kopf ein und machte, dass er hinter Lassan herkam. Das Pferd des Franzosen stürmte in den Wald, wo Lassan von der Straße abbog und ins dichte Unterholz ritt. Starbuck folgte ihm, ritt verzweifelt um undurchdringliches Dickicht herum und duckte sich unter niedrigen Ästen, bis Lassan sein Pferd schließlich in einen langsamen Trab fallen ließ und sich mit einem Blick über die Schulter versicherte, dass sie ihre Verfolger abgeschüttelt hatten. Starbuck, dessen Herz raste, versuchte, sein verschwitztes Pferd zu beruhigen. «Ich hasse reiten», sagte er.
    Lassan legte den Zeigefinger auf die Lippen, dann deutete er in die Richtung, in die er weiterreiten wollte. Er ließ die Pferde im Schritt gehen. Starbuck roch den fauligen Gestank von Schießpulverrauch, und der Kanonendonner war jetzt so nahe, dass jeder Schuss in ihren Ohren hallte, doch immer noch verbargen die Bäume das Schlachtfeld. Lassan hielt erneut an. Der Franzose strahlte vor Zufriedenheit. Für ihn war das alles ein glorreiches Abenteuer, ein Riesenspaß in der Neuen Welt. «Vorwärts», sagte er, «immer vorwärts.»
    Die beiden Männer kamen aus dem Wald auf eine kleine, unregelmäßige Weide, auf der sich ein Bataillon Nordstaateninfanterie bereithielt. Der Offizier, der die Fahneneinheit kommandierte, wirbelte eifrig herum, als Lassan auftauchte. «Befehle?», fragte er.
    «Nicht von uns, aber viel Glück», rief Lassan zur Antwort, als er an der Fahneneinheit vorbeitrabte. Auf Starbucks linker Seite öffnete sich die Landschaft, und er sah Fuhrwerke und Kanonenprotzen an einer Kreuzung stehen, und quellender Rauch zeigte, wo Geschütze abgefeuert wurden. Eine Unionsflagge hob ihre roten und weißen Streifen in der Brise, und dann verlor Starbuck die Kreuzung aus dem Blick, weil er Lassan ins nächste Waldstück folgte.
    Lassan führte ihn durch dornige Hecken und um einen umgestürzten, von Pilzen besiedelten Baum, und dann erreichten sie die nächste Lichtung, und dieses Mal entdeckte Starbuck den Bahndamm auf seiner rechten Seite. Soldaten waren nicht in Sicht. «Wir sind die Kavalleriepatrouille losgeworden», sagte Starbuck zu dem Franzosen.
    «Sie können nicht weit sein.» Lassan war vorsichtig. «Wir haben sie für den Moment abgeschüttelt, aber bald haben wir sie wieder auf den Fersen. Hier entlang.»
    Ihr Weg führte wieder in ein Wäldchen, dann erneut auf freies Land, das allerdings so sumpfig war, dass sie absteigen und die Pferde am Zügel durch das schwammige, saugende Gelände führen mussten. Nach dem Sumpf kamen ein paar niedrige Virginia-Eichen, dann ein Kiefernbestand. Der Schlachtenlärm hielt pausenlos an, doch merkwürdigerweise war jeder Hinweis auf die Anwesenheit von Soldaten verschwunden; tatsächlich war das Waldgebiet so unberührt, dass Lassan auf einmal nach rechts zeigte und Starbuck dort drei wilde Truthähne auf einer kleinen Lichtung entdeckte. «Schmecken die gut?», fragte Lassan.
    «Sehr gut.»
    «Aber heute leider nicht», sagte Lassan und wandte sich wieder nach vorn, als eine Gewehrsalve durch die feuchte Luft krachte. Dann wurde über die Schüsse der unverwechselbare, markerschütternde Schlachtruf der Rebellen hörbar, und beim Klang dieses herausfordernden Gebrülls machte Starbucks Herz vor Freude einen Satz. «Wenn ich an Ihrer Stelle wäre», sagte Lassan, «würde ich diesen blauen Uniformrock ausziehen.»
    Starbuck trug noch immer den Rock seines Bruders. Nun klopfte er hastig die Taschen ab, nahm die Bibel heraus, die ihm James in Richmond gelassen hatte, dann seine paar billigen Zigarren, die Zündholzschachtel, das Taschenmesser und das Wachstuchpäckchen mit den Papieren. Er steckte alles in eine Satteltasche, dann streifte er die Jacke seines Bruders ab und ließ sie auf den Boden fallen. Nun trug er nur noch seine alten grauen Rebellenhosen, ein schmutziges Hemd, rote Hosenträger, die neuen Schuhe, die ihm sein Bruder bei einem Händler in einem Regiment aus Pennsylvania gekauft hatte, und einen Hut mit breiter Krempe, der genauso ramponiert und fleckig war wie Lassans exzentrische Kopfbedeckung.
    Der Franzose führte ihn aus dem Wald. Von Zeit zu Zeit erhaschte Starbuck einen Blick auf den Bahndamm zu ihrer Rechten, aber die Truppen, die den Rebellenschrei ausstießen, sah er immer noch nicht. Alle paar Sekunden peitschte eine verirrte Gewehrkugel durchs Laub über ihren Köpfen, doch es war schwer zu sagen, aus welcher Richtung die Schüsse kamen. Lassan suchte sich seinen Weg

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