Stardoc 02 - Der Klon
eine ebenso große Herausforderung wie eine Operation am offenen Herzen mit verbundenen Augen. »Gab es ein bestimmtes Thema, über das du mit mir sprechen wolltest?«
»Ja.«
Wohl eher: mit verbundenen Augen und einer Hand auf den Rücken gebunden. »Und das wäre?«
»Ich möchte wissen, was für einen Eindruck du von den Jorenianern hast.«
Das war ein unverfängliches Thema. »Ein interessantes Volk. Man kann hervorragend mit ihnen zusammenarbeiten. Extrem freundlich. Warum?«
Reever hob seine Teetasse und schaute mich über den Rand hinweg an. Seine Augen waren heute beinahe so dunkel wie meine. Ich schaute nicht allzu lange hinein, denn darin könnte man seine Seele verlieren.
»Würdest du weniger Aufmerksamkeit durch die Mannschaft vorziehen?«
Ich zuckte mit den Schultern.
Reever schluckte, stellte die Tasse wieder ab, nahm einen Bissen von seinem überbackenen Müll. Er kaute und schluckte erneut. Eine dünne Linie erschien zwischen seinen blonden Brauen. »Das schmeckt nicht so, wie ich mich daran erinnere. Meine Daten müssen fehlerhaft sein.«
»Mindestens das. Hier, probier meins.« Ich hielt ihm meinem Löffel hin.
Er schaute wie ein Mann, den man aufgefordert hatte, Salzsäure zu schlucken.
»Verflüssigte Proteine, wieder zusammengesetztes Gemüse und Kohlehydrate. Eine Prise Natriumchlorid. Komm schon, Reever, probier es. Es muss einfach besser sein, als das Zeug da.«
Vorsichtig probierte er und riss dann die Augen auf.
»Gut?«
»Wie nennt man das?«
»Hühner-Nudel-Suppe.« Ich winkte zur Zubereitungskonsole hinüber. »Hol dir auch was. Ich habe das Programm auf der Speisekarte gelassen.«
Er verschwand und kam wenig später mit einer eigenen Schale wieder. Das Serada wurde entsorgt und ich war froh, dass ich es nicht mehr riechen musste.
Es war an mir, höfliche Konversation zu betreiben. Ich bemerkte, dass seine Haut blasser war, als sie es auf K-2 gewesen war. Auf diesem Schiff gab es keine botanischen Gärten, in denen Reever herumgraben konnte. Endlich, ein neutrales Thema! »Was hast du denn die letzten Wochen so getrieben, Reever?«
»Ich habe die linguistische Datenbank erweitert; das Schiff erkundet; mit der Mannschaft interagiert.« Er verspeiste seine Suppe in Rekordzeit. Ich war beeindruckt – und ganz ohne zu schlürfen. »Und du, Cherijo?«
»Das Gleiche: Arbeit, eingewöhnen, neue Freunde kennen lernen. Allerdings verirre ich mich ständig, und jeder will mein Freund sein.«
Sein eindringlicher Blick sorgte dafür, dass ich mir meines Äußeren bewusst wurde. Ich hob die Hand, um mein Haar zu glätten, dann ließ ich sie wieder sinken. »Hör auf damit!«
»Womit?«
»Mich anzustarren.«
»Ich habe dich vermisst, Joey.«
Die Worte hingen zwischen uns in der Luft. Sein blonder Kopf neigte sich, als jemand aus der Mannschaft uns im Vorbeigehen grüßte. Ich suchte nach einer geistreichen Erwiderung, aber da war nur eine leere Wand.
»Reever, ich …« Ich stürzte den Rest meines Tees auf einmal hinunter. »Warum tust du mir immer wieder so etwas an?«
»Was meinst du?«
Ich presste die Lippen aufeinander. »Wir gelangen an einen bestimmten Punkt in unserem Gespräch, und dann wirst du plötzlich ganz rätselhaft und nennst mich Joey.« Und das, wo ich mich doch so darum bemüht hatte, höflichen Smalltalk zu betreiben.
»Ich habe keine Forderungen. Nur eine Bitte.«
Oh, das wollte ich hören. »Was?«
»Wirst du etwas Freizeit mit mir verbringen?«
Jetzt wurde ich misstrauisch. Ich wusste, an welchem Teil von mir Reever wirklich interessiert war. Am gewundenen, grauen Zeug zwischen meinen Ohren.
Vom ersten Moment an, als wir uns auf K-2 getroffen hatten, hatte Reever immer wieder eine Verbindung zwischen unserem Verstand aufgebaut. Über diese telepathische Verbindung konnte er meinen Körper vollständig lähmen und mein Langzeitgedächtnis anzapfen. Auf diese Weise hatte er herausgefunden, dass ich ein genetisch erschaffener Klon war.
Diese Fertigkeit begeisterte mich nicht wirklich. Nachdem er das zum ersten Mal getan hatte, hatte ich ihn sogar niedergeschlagen.
Reever behauptete, dass er eine solche Verbindung zuvor noch nie mit einem anderen menschlichen Wesen erreicht hatte. Er konnte sie sogar aufbauen, ohne mich zu berühren. Eine weitere Premiere. Diese einzigartige Verbindung war ohne Zweifel das Einzige, was ihn an mir anzog.
Oder nicht? Mir war plötzlich ziemlich warm.
Er wiederholte die Frage. »Wirst du etwas Zeit mit mir
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