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Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half

Titel: Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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damit herausrücken. Er wird behaupten, er wäre nicht George Stark. Und wenn er das tut, werden sie ihm glauben. Sie werden das Tonband abhören, das sich jetzt im Keller abspult, und sie werden glauben, was er sagt, Alan ebenso wie alle anderen. Weil es nicht nur das ist, was sie glauben MÖCHTEN , es ist etwas, wovon sie ohnehin überzeugt sind.
    »Ich weiß nichts dergleichen«, sagte Stark gelassen, fast liebenswürdig. »Ich werde dich nicht weiter belästigen, Thad, aber bevor ich verschwinde, will ich dir wenigstens noch einen Rat geben. Könnte dir vielleicht von Nutzen sein. Komm du jetzt nicht auf die Idee, dir einzubilden, ich wäre George Stark. Das ist der Fehler, den ich gemacht habe. Ich mußte losgehen und einen Haufen Leute umbringen, nur um wieder klar im Kopf zu werden.«
    Thad hörte sich das an wie vom Donner gerührt. Es gab Dinge, die er sagen mußte, aber anscheinend schaffte er es nicht, über dieses unheimliche Gefühl der Loslösung von seinem Körper und seiner Verblüffung über Starks Unverfrorenheit hinwegzukommen.
    Er dachte an sein Gespräch mit Alan Pangborn, das zu nichts geführt hatte, und fragte sich abermals, wer er gewesen war, als er Stark erdachte, der für ihn schließlich nicht mehr gewesen war als eine weitere Story. Wo lag die Grenze der Einbildung? Hatte er dieses Ungeheuer geschaffen, indem
er diese Grenze überschritt? Oder gab es irgendeinen anderen Faktor, einen Faktor X, den er nicht sehen, sondern nur im Tschilpen dieser Phantomvögel hören konnte?
    »Ich weiß es nicht genau«, sagte Stark mit leichtem Auflachen, »aber vielleicht bin ich wirklich so verrückt, wie sie behaupteten, als ich in dieser Anstalt war.«
    Oh, das ist gut, das ist wirklich gut, sollen sie sich doch in allen Irrenhäusern des Südens nach einem hochgewachsenen, breitschultrigen blonden Mann erkundigen. Damit werden zwar nicht alle von der Spur abgelenkt, aber für den Anfang reicht es.
    Er umklammerte den Hörer, und jetzt dröhnte sein Kopf vor hilfloser Wut.
    »Aber was ich getan habe, tut mir kein bißchen leid, Thad. Ich hatte diese Bücher wirklich gern. Ich glaube, als ich dort war, in der Klapsmühle, da waren sie das einzige, das mich bei Verstand hielt. Und weißt du was? Ich fühle mich jetzt wesentlich wohler. Ich weiß jetzt ganz sicher, wer ich bin, und das ist schon etwas. Ich glaube, man könnte das, was ich getan habe, als Therapie bezeichnen, aber ich glaube nicht, daß sie eine große Zukunft hat, oder was meinst du?«
    »Hör auf zu lügen, verdammt nochmal!« schrie Thad.
    »Wir könnten uns darüber unterhalten«, sagte Stark, »aber das würde eine Weile dauern. Ich nehme an, man hat dir gesagt, du sollst dafür sorgen, daß ich am Apparat bleibe.«
    Nein. Das ist nicht erforderlich. Und auch das weißt du.
    »Grüß deine reizende Frau von mir«, sagte Stark, und aus seiner Stimme klang etwas heraus, das fast Ehrerbietung war. »Gib acht auf deine Kinder. Und laß dir keine grauen Haare wachsen, Thad. Ich werde dich nicht mehr belästigen. Jetzt ist...«
    »Und was ist mit den Vögeln?« fragte Thad plötzlich. »Hörst du die Vögel, George?«
    Plötzlich herrschte Schweigen in der Leitung, ein Schweigen, in dem Thad Überraschung zu spüren glaubte - als wäre zum ersten Mal während dieses Gesprächs etwas nicht nach George Starks sorgfältig ausgearbeitetem Plan gelaufen. Er wußte nicht genau, wie es dazu gekommen war. Es war fast so, als verfügten seine Nervenenden über irgendeine geheime Möglichkeit des Verstehens, die dem Rest seines
Körpers abging. Er durchlebte einen Moment des Triumphes von der Art, wie ihn ein Amateurboxer empfinden mag, dem es gelungen ist, Mike Tyson zu überrumpeln und den Champion einen Augenblick lang in die Seile zu treiben.
    »George - hörst du die Vögel?«
    Das einzige Geräusch im Raum war das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims. Die FBI-Agenten starrten ihn an. Sie blickten fassungslos und verängstigt drein wie Kinder, die gerade begriffen haben, daß sie am Rande eines verzauberten Waldes leben, und daß der Zauber nicht ausschließlich gut ist.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest, alter Freund«, sagte Stark langsam. »Könnte sein, daß du...«
    »Nein«, sagte Thad und lachte auf. Seine Finger rieben weiter über die kleine weiße Narbe auf seiner Stirn, die ungefähr die Form eines Kommas hatte. »Nein, du weißt nicht, wovon ich rede, nicht wahr? Gut, dann hör mir jetzt eine Minute zu, George. Ich höre die Vögel.

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