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Stark (Dark Half)

Stark (Dark Half)

Titel: Stark (Dark Half) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, und an der Wand begannen die Schattentiere mit ihrer Parade.
    »Ich untersuche einen Mord hier in Castle County, Maine«, sagte er. »Das Opfer war ein Einheimischer namens Homer Gamache. Es gibt vielleicht einen Tatzeugen, aber was diesen Mann betrifft, befinde ich mich in einer recht heiklen Lage, Dr. Pritchard. Dafür gibt es zwei Gründe. Der eine ist, daß er berühmt ist. Der andere ist, daß er Symptome an den Tag legt, mit denen Sie einst vertraut gewesen sind. Das glaube ich, weil Sie ihn vor siebenundzwanzig Jahren operiert haben. Er hatte einen Gehirntumor, und ich fürchte, wenn dieser Tumor erneut aufgetreten ist, dann ist seine Aussage wenig glaub. . .«
    »Thaddeus Beaumont«, fiel ihm Pritchard ins Wort. »Und unter welchen Symptomen er auch leiden mag - ich bezweifle entschieden, daß es sich um ein Wiederauftreten des alten Tumors handelt.« »Woher wissen Sie, daß es um Beaumont geht?« »Weil ich ihm 1960 das Leben gerettet habe«, sagte Pritchard und setzte mit unbewußter Arroganz hinzu: »Wenn ich nicht gewesen wäre, hätte er kein einziges Buch geschrieben, denn dann wäre er noch vor seinem zwölften Geburtstag gestorben. Seit er für seinen ersten Roman beinahe den National Book Award bekommen hätte, habe ich seine Arbeit mit größtem Interesse verfolgt. Ich brauchte nur einen Blick auf das Foto auf dem Schutzumschlag zu werfen und wußte, daß er es war. Das Gesicht hatte sich verändert, aber die Augen nicht. Ungewöhnliche Augen. Verträumt wäre vielleicht das rechte Wort. Und natürlich wußte ich aus dem Artikel in People, daß er in Maine lebt. Das Heft kam kurz vor unserem Urlaub heraus.«
    Er hielt einen Moment inne, und dann sagte er etwas, das so verblüffend war und gleichzeitig so beiläufig geäußert wurde, daß Alan einen Moment lang nicht zu reagieren vermochte.
    »Sie sagen, er könnte Augenzeuge eines Mordes sein? Sind Sie sicher, daß Sie ihn in Wahrheit nicht verdächtigen, einen Mord begangen zu haben?«
    »Ja - nun, ich...«
    »Nur eine Frage«, fuhr Pritchard fort, »weil Leute mit einem Gehirntumor oft die ausgefallensten Dinge tun.
    Und sie handeln um so ausgefallener, je intelligenter sie sind. Aber der Junge hatte überhaupt keinen Gehirntumor, müssen Sie wissen - zumindest nicht im üblichen Sinne des Wortes. Es war ein ungewöhnlicher Fall. Überaus ungewöhnlich. Seit 1960 habe ich nur von drei ähnlichen Fällen gelesen - von zweien erst, seit ich im Ruhestand bin. Sind die üblichen neurologischen Untersuchungen vorgenommen worden?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Sie waren negativ.«
    »Das überrascht mich nicht.« Pritchard verstummte für ein paar Sekunden, dann sagte er: »Sie sagen mir nicht die ganze Wahrheit, junger Mann, ist es nicht so?«
    Alan hörte auf, Schattentiere auf die Wand zu werfen, und beugte sich vor. »Ja, da haben Sie wohl recht. Aber ich muß unbedingt wissen, was Sie meinten, als Sie sagten, Thad Beaumont hätte keinen Gehirntumor >im üblichen Sinne des Wortes< gehabt. Ich weiß über die ärztliche Schweigepflicht Bescheid, und ich weiß nicht, ob Sie imstande sind, einem Mann zu vertrauen, mit dem Sie zum ersten Mal reden - und noch dazu am Telefon -, aber ich hoffe, Sie glauben mir, wenn ich Ihnen sage, daß ich in dieser Sache auf Thads Seite stehe, und ich bin sicher, er möchte, daß Sie mir sagen, was ich wissen will. Und ich habe nicht die Zeit, ihn zu bitten, daß er Sie anruft und sein Einverständnis gibt, Doktor - ich muß es jetzt wissen.«
    Und Alan stellte zu seiner Überraschung fest, daß das stimmte - daß er das Gefühl hatte, daß es stimmte. Eine merkwürdige Anspannung hatte von ihm Besitz ergriffen, ein Gefühl, daß irgendwelche Dinge in Bewegung geraten waren. Dinge, die er nicht wußte - die er aber bald wissen würde.
    »Es macht mir nichts aus, Ihnen von dem Fall zu erzählen«, sagte Pritchard gelassen. »Mir ist mehr als einmal der Gedanke gekommen, mich selbst mit Mr. Beaumont in Verbindung zu setzen, und sei es nur, um ihm zu erzählen, was kurz nach seiner Operation passiert ist.«

    »Was war das?«
    »Darauf komme ich noch, keine Sorge. Ich habe seinen Eltern nicht erzählt, was bei der Operation zum Vorschein gekommen war, weil es keine Rolle spielte - jedenfalls nicht in praktischer Hinsicht -, und ich wollte mit ihnen nichts mehr zu tun haben. Vor allem mit seinem Vater nicht. Der Mann hätte in einer Höhle zur Welt

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