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Stark (Dark Half)

Stark (Dark Half)

Titel: Stark (Dark Half) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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fasziniert zugleich.
    Alle möglichen Gedanken schössen ihm durch den Kopf. Es waren dunkle Gedanken, so dunkel wie Fledermäuse in einem verlassenen Kirchturm. Nur einer von ihnen war wirklich faßbar: Er ist zwei Personen — ist schon IMMER zwei Personen gewesen. Jeder Mann und jede Frau, die davon leben, Geschichten zu erfinden, muß zwei Personen sein. Eine, die in der normalen Welt lebt — und eine zweite, die andere Welten erschafft. Zwei Personen. Immer mindestens zwei.
    »Ein derart ungewöhnlicher Fall wäre mir ganz sicher im Gedächtnis geblieben«, sagte Pritchard, »aber kurz bevor der Junge aufwachte, ereignete sich etwas, das noch ungewöhnlicher war. Etwas, das ich nie recht begreifen konnte.«
    »Was war das?«
    »Bevor seine Kopfschmerzen einsetzten, hatte der Beaumont-Junge immer Vögel gehört«, sagte Pritchard.

    »Daran war nichts Ungewöhnliches; bei Gehirntumoren und Epilepsie kommt es öfter zu derartigen Erscheinungen. Man bezeichnet sie als sensorisches Vorläufer-Syndrom. Aber kurz nach der Operation geschah etwas überaus Seltsames, und zwar mit realen Vögeln. Das Bergenfield County Hospital wurde von Sperlingen attackiert.«
    »Wie bitte?«
    »Es klingt verrückt, nicht wahr?« Pritchard hörte sich an, als wäre er mit sich zufrieden. »Das ist eine Sache, über die ich nicht sprechen würde, wenn nicht ohnehin eine Menge Leute davon wüßten. Der Bergenfield Courier hat die Geschichte sogar mit einem Foto auf der Titelseite gebracht. Kurz nach zwei Uhr am Nachmittag des 28. Oktober 1960 flog ein sehr großer Schwärm Sperlinge in die Westseite des County Hospitals. Dort befand sich damals die Intensivstation, und dort lag natürlich der Beaumont-Junge nach seiner Operation. Eine Menge Fenster gingen zu Bruch, und hinterher mußten mehr als dreihundert tote Sperlinge beseitigt werden.
    Ich erinnere mich, daß in dem Artikel des Courier ein Ornithologe zitiert wurde - er wies darauf hin, daß die Westfront des Hospitals fast ausschließlich aus Glas bestand, und stellte die Theorie auf, die Vögel wären von dem von diesem Glas reflektierten Sonnenlicht angelockt worden.«
    »Das ist Unsinn«, sagte Alan. »Vögel fliegen nur in Glas, wenn sie es nicht sehen können.«
    »Ich glaube, der Reporter, der den Ornithologen interviewte, hat genau dasselbe gesagt, und der Ornithologe hat erklärt, bei Vögeln in Schwärmen gäbe es offensichtlich eine Gruppentelepathie, die sie veranlaßt, wie ein einziges Wesen zu handeln, ungefähr so, wie es bei den Wanderameisen der Fall ist. Er sagte, wenn sich ein Tier aus dem Schwärm dafür entschieden hätte, gegen das Glas zu fliegen, dann würde ihm der Rest des Schwarms vermutlich einfach folgen. Ich war nicht im Hospital, als das passierte - ich war mit der Operation fertig, hatte mich vergewissert, daß der Zustand des Jungen stabil war, und war dann weggefahren, um Golf zu spielen. Aber nach allem, was ich gehört habe, jagten diese Vögel allen Leuten im Hirschfield-Flügel eine Heidenangst ein. Zwei Patienten wurden von herumfliegenden Glassplittern verletzt. Ich konnte zwar die Theorie des Ornithologen akzeptieren, aber die Sache ging mir trotzdem nicht aus dem Kopf - weil ich über die sensorischen Vorläufer des Beaumont-Jungen informiert war. Es waren nicht einfach irgendwelche Vögel gewesen, sondern ganz spezielle Vögel: Sperlinge.«
    »Die Sperlinge fliegen wieder«, murmelte Alan mit verstörter Stimme.
    »Wie bitte?«
    »Nichts. Bitte erzählen Sie weiter.«
    »Am Tag darauf fragte ich ihn noch einmal nach seinen Symptomen. Gelegentlich kommt es nach einer Operation, bei der die Ursache beseitigt wurde, zu einer Amnesie hinsichtlich der sensorischen Vorläufer, aber nicht in diesem Fall. Er erinnerte sich ganz genau. Er hatte die Vögel nicht nur gehört, sondern auch gesehen.
    Überall Vögel, sagte er, auf sämtlichen Häusern und Rasenflächen und Straßen des Teils von Bergenfield, in dem er wohnte.
    Die Sache interessierte mich so sehr, daß ich mir seine Unterlagen vornahm und sie mit dem Bericht über den Vorfall verglich. Der Sperlingsschwarm flog um 14.05 gegen das Hospital. 14.10 erwachte der Junge aus der Narkose. Vielleicht sogar etwas früher.« Pritchard hielt einen Moment inne und setzte dann hinzu: »Eine der Schwestern von der Intensivstation hat gesagt, sie glaubte, es wäre das Geräusch von splitterndem Glas gewesen, das ihn aufweckte.«
    »Oh«, sagte Alan leise.
    »Kaum zu glauben, nicht wahr, Sheriff? Ich

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