Stark im Job
mitteilt, dass die psychische Gesundheit gefährdet ist
Soll man oder soll man nicht?
Sollen Sie Ihre Führungskraft darüber informieren, dass die eigene psychische Gesundheit gefährdet oder bereits angegriffen ist? Damit wären Sie immerhin nicht allein, schließlich leidet jeder vierte deutsche Arbeitnehmer einmal in seinem Leben an einer psychischen Erkrankung; und jeder zehnte Ausfalltag geht darauf zurück. Trotzdem haben viele Beschäftigte diesbezüglich Hemmungen.
Viele betrachten es als eine Art persönliches Versagen. Nicht belastbar zu sein, den Anforderungen des Arbeitslebens nicht gewachsen zu sein: Das vor sich selber zuzugeben, ist schon schwierig genug – und nun soll man diese Schmach auch noch der Führungskraft offenbaren? Ja, lautet meine Empfehlung. Die merkt das eh.
Bauen Sie darauf, dass auf der anderen Seite des Tisches auch ein Mensch sitzt. Die allermeisten Führungskräfte wollen ihre Position gut ausfüllen. Und Sie können Ihrem Vorgesetzen die Chance dazu geben, sich quasi im Gespräch mit Ihnen zu „bewähren“ und sich als guter Mensch zu zeigen.
Keine Privatangelegenheit
Manche Betroffene haben den Eindruck, dass es sich bei ihrer psychischen Erkrankung um eine Privatangelegenheit handelt. Das ist so aber nicht richtig: Psychische Erkrankungen gehen in den allermeisten Fällen mit einer Leistungsminderung einher. Man braucht länger für die Arbeit oder macht mehr Fehler. Oder die Stimmung ist so beeinträchtigt, dass man nicht gut auf Kunden eingehen kann. Damit ist niemandem gedient.
Kurzum: Wer an einer psychischen Erkrankung leidet, ist nur eingeschränkt arbeitsfähig. Jedes Weiterarbeiten und Verstecken von Symptomen kostet den Betrieb Geld. Wenn Sie schon früh gegensteuern, lässt sich damit unter Umständen ein längerfristiger Ausfall verhindern. Also macht es Sinn, den Arbeitgeber einzuweihen.
Erster Schritt: es sich selbst eingestehen
Der wichtigste und schwierigste Schritt besteht darin, dass Sie sich selbst eingestehen, an einer psychischen Erkrankung zu leiden. Das konnten Sie schon in Kapitel 2 lesen. Das kostet Mut – und genau davon hat man meist nicht viel, wenn die seelische Gesundheit gerade eingeschränkt ist. Dann sinkt gemeinerweise auch das Selbstbewusstsein.
Während einer Phase, in der die psychische Gesundheit beeinträchtig ist, hat man ein dünnes Fell. Eine Begrüßung ohne Lächeln, ein etwas seltsamer Blick eines Kollegen – schon fühlt man sich angegriffen. Wenn Sie sich diese drastisch erhöhte Empfindsamkeit eingestehen, gelingt es Ihnen vielleicht, mental gegenzusteuern und sich ein bisschen unempfindlicher zu machen. Sagen Sie sich zum Beispiel: „Es ist völlig normal, dass ich im Moment den Eindruck habe, alle wollten mir Böses.“
Diese Zeit wird vorübergehen. Aber jetzt muss erst einmal die Führungskraft eingeweiht werden, auch wenn das Selbstwertgefühl deutlich reduziert ist. Umso wichtiger ist, dass Sie sich auf das Gespräch mit Ihrer Führungskraft gründlich vorbereiten.
Das Gespräch vorbereiten
Ganz alleine in das Gespräch mit dem Chef zu gehen, das erfordert viel Mut. Und gerade der fehlt ja in Zeiten geringen Selbstbewusstseins. Seien Sie nett zu sich: Auch wenn Sie ansonsten stark sind – jetzt dürfen Sie mal schwach sein und sich Unterstützung holen; für das Gespräch mit der Führungskraft, aber auch schon für die Vorbereitung darauf. Sie müssen da nicht alleine durch.
Falls es in Ihrem Unternehmen eine Sozialberatung gibt, bereiten Sie das Gespräch am besten mit dieser gemeinsam vor. Oder Sie beziehen direkt den Betriebsrat mit ein. Er wird auf Ihrer Seite stehen, solange es irgendwie geht. Vielleicht möchten Sie auch, dass ein Sozialberater oder Betriebsrat Sie ins Gespräch begleitet. Das ist völlig in Ordnung. Insbesondere, wenn Sie zu zweit kommen, sollten Sie darauf achten, dass sich Ihre Führungskraft nicht mit Vorwürfen konfrontiert sieht. Im Mittelpunkt soll vielmehr die Suche nach einer konstruktiven Lösung zum Wohle aller stehen.
Verantwortungsgefühl und Fürsorge signalisieren
Alle an diesem Gespräch Beteiligten wissen: Bei einer psychischen Erkrankung leidet nicht nur der Kranke selbst, sondern auch das Team und der Betrieb insgesamt sind betroffen. Es ist im Interesse aller, wenn die Arbeit weiterhin gut erledigt wird. Wenn Sie nun Ihre Führungskraft darüber informieren, dass Sie sich zu einer hundertprozentig zufriedenstellenden Leistungserbringung nicht mehr in der Lage
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