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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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alle Erwartungen erfüllt. Denn die ist wirklich nur geringfügig jünger als Dolly. Der Macho hat sie entzückt von allen Seiten fotografiert und die Bilder im Internet gepostet. Ihre Lüge ließ er übrigens unkommentiert.
    Grausam beeinflusst von Chris‘ anhaltender mieser Laune werden leider dessen Topfthemenideen. Die muten nämlich mit jedem Tag atemberaubender an.
    In der Zwischenzeit waren sie im Naturkundemuseum , im Deutschen Dom , im Zoo , am Ku-Damm – diesmal offiziell –, am Alex , selbst im Geiz-ist-geil-Markt. Er schleppt sie zum Ostkreuz, um sich den tollen von Mäusen und Ratten überbevölkerten Uraltbahnhof anzusehen, zum Wannsee, wo er sie nicht etwa wieder zu kreuzlangweiligen Kanufahrten überreden will, sondern mit ihr stundenlang durch die Wälder geistert – der Idiot.
    Dabei mustert er sie ständig mit diesem verkniffenen Gesichtsausdruck, der Lisa zunehmend nervt, doch er sagt nichts. Sie zahlt es ihm mit anhaltender schlechter Stimmung heim, die er mit sichtlicher Begeisterung erwidert. Also, wenn Lisa jetzt mal alle Vorurteile außen vor lässt, dann hat sich nichts geändert, außer, dass sie neuerdings keinen Sex mehr haben und er sich auch sonst von ihr fernhält.
    Warum das so ist? Keine Ahnung. Sicher könnte sie fragen, aber sie ist ja nicht blöd. Damit würde sie nur schlafende Hunde wecken, außerdem kennt sie den blöden Ami. Dessen übersteigertes Mitteilungsbedürfnis wird ihm ohnehin demnächst ein Bein stellen und er ihr seine dämlichen Gründe in aller Form und Güte auseinandernehmen. Bis zum Eintreffen dieser Katastrophe genießt Lisa lieber die scheinbare Ruhe.
    Sie besucht jetzt häufig Biggy und isst dort ihren Eisbecher – schon allein, weil die als eines der wenigen Cafés in der Stadt Eis aus Sojamilch anbietet. Manchmal werden es auch zwei oder drei. Das lenkt ein bisschen ab.
    Von allem.
    Am letzten Dienstag im Mai, nach erfolgreicher Jagd auf das neuste Topfthema (Wo enden die Tramlinien und was genau befindet sich dort?), sitzt Lisa im Konferenzraum und malt Hieroglyphen auf ihren Block, weil sie wirklich keinen Schimmer hat, welchen Teil von dem Schwachsinn sie aufschreiben soll. Plötzlich rauscht Chris in den Raum, mit leeren Händen, obwohl der gerade losgegangen war, um – na was wohl? – sich endlich einmal etwas zum Essen zu holen. Er hat ja auf ihrer atemberaubenden Reise durch Berlin nur jeden zweiten Imbissstand unsicher gemacht.
    »I’m totally freaking out!«
    Gelangweilt sieht Lisa auf. »Das ist nicht zu übersehen, aber ...«
    Doch er winkt ab, schließt die Tür, stürzt zum Fenster, schaut hinaus, verzieht das Gesicht und eilt zum nächsten Fenster. Nachdem er auch aus diesem einen flüchtigen Blick gewagt hat, lacht er auf. »Stupid Bitches!«
    »Was ist denn?« Lisa ist ja nicht neugierig, aber wissen muss sie es doch.
    Als er sie ansieht, ist sein Mund zu einem spöttischen Grinsen verzogen. »Wir werden soeben von einem realen Shitstorm heimgesucht. Deine Freundinnen sind eingetroffen.« Er nickt nach draußen. »Einschließlich Plakate und keifender Tiraden. Sie fordern die sofortige Einstellung unserer Sendung!«
    Ach du heilige Scheiße!
    * * *
    Englisch-Deutsch
    I’m totally freaking out! - Ich raste aus!

19. Under Attack
    Eine Schrecksekunde später (Fast-Herzinfarkt inklusive) stürzt Lisa zum Fenster und späht hinab in den Hof. Ihr offenbart sich ein Bild, das all ihre Albträume wahr werden lässt. Denn ...
    »Die haben die gesamt Stadt mobilisiert.«
    »Was?« Chris klingt etwas entnervt.
    »Das sind alle Gruppen der Suffragetten, nicht nur die aus dem Prenzlauer Berg«, erklärt sie.
    Er betrachtet sie mit großen Augen und dann lacht er los. » So nennt ihr euch?«
    »Nein, die Bezeichnung habe ich nur verwendet, weil mir auf die Schnelle nichts anderes eingefallen ist!«, faucht Lisa. »Ja, so nennen wir uns; was dagegen?« Sie wartet seine Antwort nicht ab, sondern schielt wieder hinaus. Ungefähr einhundertfünfzig Frauen drängeln sich auf dem Pflaster des Innenhofes; die meisten tragen Schilder, die sie empört in die Luft recken. Mit einiger Mühe macht Lisa Peggy aus – ist am einfachsten, wegen des Kopfverbandes. Katrin, Karla, Rita und Gertrud zu finden fällt bedeutend schwerer, aber auch hier ist sie am Ende erfolgreich. Bisher haben die Frauen unabhängig voneinander ihre Forderungen vor sich hin gegrölt. Doch plötzlich vereinen sie sich und skandieren gemeinsam ihren verdammten Sprechchor. Spätestens

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