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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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Ihrer Frustfressattacke fällt noch ein dritter Sahneeisbecher und ein Stück Frankfurter Kranz zum Opfer.
    Viele Gäste sind nicht anwesend, und als die Besitzerin bemerkt, dass Lisa sich offensichtlich häuslich niederlassen will, befördert sie aus den Tiefen ihres Schrankes Kamillentee zutage und kocht ihr welchen.
    So lässt sich‘s leben!
    Erst, als es längst dunkel ist, geht Lisa auf, dass Dolly ja unlängst ermordet wurde und sie den Weg zum Sender zu Fuß bewältigen muss. »Scheiße!«, stöhnt sie.
    Biggy, Inhaberin des Cafés und ihre neue Freundin, sieht besorgt auf. »Was ist los?«
    »Ich bin zu spät! Ich muss zur Arbeit!« Eilig wirft sie einen Schein auf den Tisch. »Reicht das?«
    Verdattert mustert die junge Frau den Fünfziger. »Dicke! Du bekommst noch ...«
    »Behalte es!« Lisa ist schon an der Tür. »Ich esse es das nächste Mal ab.«
    Und damit hetzt sie hinaus.
    * * *
    Also ...
    Mit Dollys Unterstützung ist die Reise über die diversen Höfe ja schon gruselig. Aber zu Fuß wird es zum Erlebnis, das die ekelhafte Geisterbahn, in die dieser verdammte Macho sie gezerrt hat (auch so was!), zu einem Kinkerlitzchen mutieren lässt.
    Noch dazu, wo wirklich Frühling ist, was die Gruppen von Jugendlichen ziemlich vermehrt auftreten lässt.
    Lisa – im Dauerlauf befindlich – bleibt nicht einmal Zeit, sich mit den Möchtegernmachos auseinanderzusetzen. Geschweige denn, dass sie registriert, mit welcher Musik die diversen Höfe beschallt werden.
    Nach einer Weile rasselt ihr Atem – sie hat Seitenstechen, und das so extrem, dass es sie fast tötet. Mit fest in die Rippen gerammter Hand rennt sie weiter und kämpft sich mit letzter Kraft zurück auf die Hauptstraße und durch die verdammten Torbögen. Ehrlich, bisher ist ihr nie aufgefallen, wie weit es noch bis zum Sender ist, wenn man den Ersten erreicht hat.
    Um die Metalltreppe zu erklimmen, mobilisiert sie Energien, die von ganz tief unten stammen und von deren Existenz sie bisher nichts ahnte. Zum ersten Mal, seitdem sie vor zwölf Jahren in einem Aufzug stecken blieb und geschlagene drei Stunden mit zwei übel riechenden Kerlen darin ausharren musste (einschließlich dämlicher Machosprüche), strauchelt sie am Fahrstuhl und kommt ehrlich ins Grübeln.
    Am Ende widersteht sie – schließlich ist sie Lisa Radtke –, aber es wird knapp. Der Aufstieg geht nur mit regelmäßigen Pausen (alle vier Stufen) vonstatten, und als sie endlich in den Raum tritt, steht der fette Stefan vor ihr. Er hat den gleichen Blick drauf wie ihre Eltern – einschließlich Robert – am gestrigen Abend.
    Rebekka, die mit ihr seit der Silvestersendung nur noch das Nötigste spricht, bedenkt sie mit einem äußerst vorwurfsvollen Blinzeln.
    Für beides zeigt Lisa nicht unbedingt viel Interesse; sie beugt sich vornüber, versucht, zu Atem zu kommen und dieses verdammte Seitenstechen zu überwinden. Das dauert auch seine Zeit, und als sie sich aufrichtet, blickt sie direkt auf Chris‘ Rücken. Der befindet sich im Senderaum und die rote Lampe leuchtet.
    Na klasse!
    Lisa wartet artig, bis das Licht ausgeht, dann strafft sie sich und geht hoch erhobenen (und verschwitzten) Hauptes in den Funkraum.
    Der Ami sieht mit gerunzelter Stirn seine dämlichen Kritzeleien durch; sie wusste doch, dass er den Müll auch allein fabrizieren kann. Die Sendung läuft seit fünf Minuten – daher handelt es sich für Lisas Verhältnisse um keine echte Verspätung und der Sender ist auch nicht in Flammen aufgegangen oder so. Wie sie die Sachlage überschaut, ist Chris ihr Fehlen noch nicht mal aufgefallen.
    Als der Titel – irgendein Mainstreammüll, wie immer – ausgedudelt hat, stellt er die Mikros an und sieht auf. Seine Augen werden groß. »Ihr werdet es nicht glauben, Leute, aber sie ist von den Toten auferstanden. Frisch eingetroffen – na ja, nicht unbedingt frisch, aber da –, Lisa Radtke!« Es klingt trocken. »Willst du uns vielleicht mitteilen, weshalb du erst jetzt hier aufschlägst? Spontandemo eingelegt?«
    Lisa presst die Lippen aufeinander, ihr böser Finger ist bereits gezückt, doch in letzter Sekunde ändert sie ihre Meinung und fährt ihn nicht aus.
    »Hey, Leute«, zwitschert sie ins Mikro, immer noch etwas atemlos. »Da war dieser grauenvolle Unfall auf der Schönhauser . Kein Durchkommen. Ich hätte ja Bescheid gesagt, aber wie ihr alle wisst, besitze ich aus gutem Grund kein Handy.«
    »Da können wir ja froh sein, dass du nicht in den Unfall verwickelt

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