Startschuss
Versorgungsstationen gedient hatten.
Ilka, Jabali, Linh und Lennart wateten, mit Mülltütenschürzen und Plastikhandschuhen bekleidet, durch den Eiermatsch und halfen,
den gesamten Vorplatz vor dem Stadion zu reinigen.
»Nie wieder Eibrötchen!«, schwor sich Ilka. Nur zu gern ließ sie sich von der Arbeit ablenken, als Frau Kick angelaufen kam.
»Mensch, hier seid ihr!«, rief die Lehrerin den Kindern von Weitem zu. »Ich habe euch schon überall gesucht. Wo bleibt ihr
denn? Der Einmarsch geht gleich los.«
Erschrocken sahen sich die Kinder an. Über die viele Arbeit hatten sie ganz und gar die Zeit vergessen.
»Und ihr seid ja noch nicht einmal umgezogen«, stellte Frau Kick entsetzt fest. Hektisch sahsie auf die Uhr. »Los, los! Ihr habt noch drei Minuten!«
»Drei Minuten?«, wiederholte Linh. Wenn sie etwas nicht ausstehen konnte, dann war es Hektik. Linh war keineswegs langsam
oder träge, aber für alles, was sie zu tun hatte, nahm sie sich gern die nötige Zeit und erledigte ihre Dinge sorgfältig.
Ilka hingegen ergriff die Chance. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Sofort riss sie sich Schürze und Handschuhe vom Leib
und war bereit für die Eröffnungsveranstaltung.
Linh warf einen letzten unzufriedenen Blick auf die Müllberge, die noch abgetragen werden mussten. Dann entledigte auch sie
sich der Schürze und Handschuhe, um mit den anderen so schnell wie möglich zu ihren Rucksäcken zu laufen. Die hatten sie im
Stadion am Rand der Laufbahn bereitgelegt. Für 1000 Teilnehmer reichten natürlich die Umkleidekabinen nicht aus, weshalb die meisten Schüler sich einfach im Stadion umziehen
mussten. Die Fünf Asse hatten ihr Sportzeug schon unter ihre Jeans und Shirts gezogen. Jetzt mussten sie die Straßenkleidung
nur ablegen und die Schuhe wechseln. Fertig waren sie.
Aus den Lautsprechern ertönte unter großemBeifall schon die Begrüßungsrede des Schuldirektors. Professor Stölzer hatte es noch nie geschafft, sich kurzzufassen. Das
würde ihnen noch einen kleinen zeitlichen Aufschub von mindestens fünf Minuten einbringen, rechnete sich Linh erleichtert
aus.
»Wo ist denn Michael?«, fragte Frau Kick. Sie wusste, wenn es irgend ging, dann hockten die fünf zusammen. Deshalb war es
mehr als ungewöhnlich, dass er jetzt fehlte.
»Der ist noch zur Toilette«, antwortete Jabali.
»Schon das dritte Mal heute Morgen«, ergänzte Lennart.
Frau Kick warf ihm einen besorgten Blick zu. »Wirklich? Ist was mit ihm?«
Lennart winkte ab. Seiner Meinung nach wollte sich Michael nur vor der Arbeit drücken. Frau Kick ließ es dabei bewenden. Ihre
Sorgenfalten auf der Stirn verschwanden aber nicht.
»Gut«, sagte sie. »Beeilt euch. Ich warte hier auf ihn.«
In dem Augenblick kam Michael aber schon. Sein Gesicht war kreideweiß. Er hielt sich den Bauch.
Frau Kick ging sofort auf ihn zu. »Was ist denn mit dir los?«
»Durchfall!«, jammerte Michael. »So ein Mist. Ausgerechnet jetzt. Um halb elf ist mein 10 0-Meter -Lauf!« Der 10 0-Meter -Lauf der Zehnkämpfer eröffnete die Mini-Olympiade, unmittelbar nach der Eröffnungszeremonie, die knapp eineinhalb Stunden
dauern sollte. Vorausgesetzt, der Direktor hatte bis dahin seine Begrüßungsrede beendet. Er erklärte gerade noch mal den Medaillenspiegel,
den natürlich jeder kannte und der auch funktionierte wie bei allen großen, internationalen Wettbewerben.
Je nach Anzahl der Gold-, Silber- oder Bronzemedaillen wurde die Rangliste der Schulen erstellt. Die beste Schule gewann drei
nagelneue Achterruderboote. Obwohl das ein sehr wertvoller Preis war, kam es den Schülern aber viel mehr auf den Sieg an sich
an. Besser gesagt, das Wichtigste war, den Favoriten zu schlagen: die Angeber vom Grünheim-Gymnasium.
Lennart blieb stehen. Mit einem Blick erkannte er, wie sehr er Michael unrecht getan hatte. Michael hatte sich nicht vor der
Arbeit drücken wollen. Dem ging es wirklich nicht gut. Um nichts in der Welt hätte Michael seinen Wettkampf ausfallen lassen.
»Bestimmt nur die Aufregung«, versuchte FrauKick, ihn zu beruhigen. Doch sie klang nicht besonders überzeugend.
Diese Mini-Olympiade war zwar das größte Sportfest, das die James-Connolly-Schule organisierte. Aber keineswegs das einzige.
Im Gegenteil: Regelmäßig veranstaltete die Schule größere oder kleinere Sportfeste. Das letzte war erst ein Jahr her. Die
Schule hatte die Landesmeisterschaft der Schulen ausgerichtet, an denen die fünf besten
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