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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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wusste; die Chance war gering, dass man ihn je wegen seiner Vergangenheit festn ageln würde. Aber es konnte nicht schaden, ein wenig nachzubohren.
    Tunsky strich über eine dünne Akte, die vor ihm auf dem Tisch lag. „Ihr V ater war Kubaner, standen Sie je in Kontakt mit ihm?“ Seine Stimme war hoch und dünn, wie man es häufig bei Leistungssportlern findet.
    „Er mochte Blondinen.“ Vincents Vater hatte das Beste aus seinem ach tzehnmonatigen Aufenthalt in Ostberlin gemacht. Er dachte an das Schwarzweißfoto des dunkelhaarigen Mannes mit dem hübschen blonden Mädchen im Arm, das zuhause auf der Kommode gestanden hatte.
    „Woher kommen denn Ihre Ahnen, aus Stupido?“ Ein alter Witz. Man  mus ste nur den Namen der russischen Stadt Stupino etwas verballhornen. Tunsky starrte ihn an, ohne zu blinzeln. Ein Freund mehr. Die Grell hob die Hand.
    „Sie werden sich bei OVID wohl fühlen. Ihre Akte bleibt unter Verschluss. Kontakte laufen nur über Gene oder mich. Ihr Einsatzgebiet ist Europa. Sie arbeite n allein. Die Tarnung als PR - Berater können Sie beibehalten, ebenso Ihr Büro in Brüssel. Als zweite Basis liegt für Sie ein Boot in der Adria. Sie segeln doch gern?“
    „Warum eigentlich OVID?“, fragte Vincent, „ich denke dabei an G edichte.“
    Auch auf diese Frage hatte sie eine Standardantwort.
    „Lesen Sie unseren Briefkopf: Order of venture idea development. Reiner Zufall, dass ein römischer Dichter diesen Namen trug. Andererseits“, in ihrem Blick lag milder Spott, „Sie müssten sich bei OVID wohl fühlen. Er hat schließlich über die Kunst der Liebe geschrieben.“
    „Aber auch darüber, wie Menschen in die Haut eines anderen schlü pfen.“
    Sie war verblüfft. „Die Metamorphosen. Sie wissen d avon?“
    Vincent ließ es dabei. Warum sollte er ihr erzählen, dass er unter dem Stic hwort OVID im Lexikon nachgeschaut hatte. „Reden wir lieber vom Geld“, sagte er.
     
    Einen Monat später hockte er im Keller eines ausgebrannten Hauses außerhalb von Vukovar und versuchte eine Bosnierin und ihre beiden Kinder zu beruhigen, die ihn verängstigt anstarrten. Der Vater war von einer Auslandsreise nicht zurückgekehrt, als der Bürgerkrieg ausbrach. Jetzt ging es darum, den Rest der Familie und zwei schwere Reisetaschen sicher nach Italien zu bringen. Weiß der Himmel, wie Grell und ihre Leute an diesen Fall geraten waren.
    Vincent hörte vereinzelte Schüsse. Offenbar Betrunkene. Früher war dies eine Reg ion mit netten jugoslawischen Kleinstädten gewesen, in denen Muslime, Kroaten und Serben anständig miteinander umgingen. Jetzt hatten die Serben das Sagen, töteten die Männer und vertrieben Frauen und Kinder.
    Im Schutt über ihnen knirschten Schritte. Männer, die leise lachten, das Gre inen einer alten Frau. Vincent legte den Zeigefinger auf die Lippen. Die Frau drückte ihre Kinder an sich und blickte ihn ausdruckslos an.
    Sie war nicht unattraktiv mit ihren schwarzen Haaren und den dunklen A ugen, aber bereits jetzt deutlich zu dick. Vincent schätzte sie auf Mitte zwanzig. Ihr erstes Kind hatte sie sicher mit siebzehn bekommen. Frauen wie sie saßen tagsüber hinter halb geschlossenen Blendläden in klimatisierten Räumen, tranken Kaffee und schauten den Kindern zu, im Hintergrund der stumm flimmernde Fernseher. Abends in der Öffentlichkeit verwandelten sie sich dann für einige Stunden in goldbehängte Königinnen der Nacht. Er spürte ihre Mischung aus Angst und Geringschätzung. Sie hatte keine dreißig Worte mit ihm gesprochen. Man redet nicht mit Dienstboten.
    Er tippte auf das Zifferblatt seiner Uhr und spreizte viermal alle fünf Finger. Noch zwanzig Minuten. Sie mussten etwa zweihundert Meter durch verlassene Gä rten schleichen bis zu dem Platz, wo Sergei auf sie wartete.
    Vincent blickte durch das Gerümpel vor dem Kellerfenster nach draußen. Es wurde dunkel. Alles war ruhig. Die Häuser in diesem Stadtviertel waren schon vor Tagen geplündert und in Brand gesteckt worden. Oben im Haus war es still. Die se rbischen Milizen hatten die alte Frau vermutlich bei einem Streifengang aufgestöbert und schafften sie jetzt in ein Haus zu anderen Frauen und Mädchen.
    Er schraubte den Schalldämpfer auf die Glock, schob sich durch das Kelle rfenster ins Freie und blickte sich um. Alles ruhig. Er gab der Frau ein Zeichen, die ihm die Reisetaschen heraus reichte. Dann hob sie das erste Kind hoch, das vorsichtig nach draußen kroch. Das zweite folgte ebenso lautlos. Die Frau

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