StasiPolka (German Edition)
Restaurants und Hotels, so viel Sie wo llen. Gut für Gespräche aller Art.“ Vincent nickte. Nicht, dass es viel zu besprechen gäbe.
Er hatte dem Mann erzählt, er arbeite in der PR Branche; das reichte. Graham hat schon Recht, wenn er dies Büro nicht ernst nimmt, dachte Vincent. Es gab seinem Leben in Brüssel aber den nötigen legalen Anstrich. Diese Stadt war ein Ämterbabylon, in dem einige Länder bis zu drei Botschafter beschäftigten. Ein PR Berater fiel hier weniger auf, als ein Saaldiener während der UNO Vollversammlung.
Vor allem kümmerte es keinen Menschen, wenn eine PR Agentur weder Pers onal beschäftigte noch irgendetwas veröffentlichte. Vincents Büro bestand aus einem großen Raum, in dem er eine Sitzgruppe, einen Schreibtisch und wenige moderne Möbel verteilt hatte. Von der kleinen Diele führte eine Tür zum Waschraum, eine zweite in eine Abstellkammer, in der Fema, seine Zugehfrau aus Zaire ihr Putzzeug aufbewahrte. Unter dem Dach, vier Stockwerke höher, lag seine Wohnung.
In Vincents Mailbox gab es nichts Neues. Er loggte sich bei den Banken ein und überprüfte flüchtig die Konten. Seit einiger Zeit saß er auf einem Haufen Geld, ohne etwas Vernünftiges damit anzustellen. Anfang 1997 hatte ihm ein alter Kollege aus Ostberlin, der jetzt für einen Broker arbeitete, Papiere der New Economy empfohlen.
„Wenn du Geld übrig hast, geh in Kommunikationswerte. Sieh aber zu, dass du rechtzeitig wieder verkaufst. Werde nicht gierig.“
Der Mann stellte ihm beim Abendessen eine Liste mit Firmennamen zusammen, von denen Vincent noch nie gehört hatte, doch am nächsten Tag kaufte er an der Nasdaq ein. Als seine Einlage fast den zwanzigfachen Wert hatte, und die Börse verrückt zu spielen begann, war er ausgestiegen. Inzwischen besaß er genug, um sich eine eigene Insel zu kaufen. Nicht schlecht für dreizehn Jahre Arbeit, aber viel zu viel, wenn man so einsam lebte, wie er. Und was geschah mit dem ganzen Zeug, falls ihm etwas zustieß?
Merkwürdig, er hatte bisher nie daran gedacht, s ein Haus zu bestellen, obwohl es in den letzten zehn Jahren manchmal kritisch geworden war. Der Gedanke, es könne ihm an den Kragen gehen, war ihm nie gekommen. Jetzt kam mit Katja die alte Zeit zurück. Ihm war unwohl, obwohl alles, was sie von ihm wollte, nach Routine aussah.
Er beschloss ins L´Ecaller zu gehen, bevor er total trübsinnig wurde. Das R estaurant hatte zwar nur einen Stern aber die Küche wurde von den Einheimischen geschätzt, was in Brüssel mehr bedeutete, als in jeder anderen Stadt der Welt. Zudem traf man dort noch Privatleute, die nicht auf Spesen aßen.
Das Telefon klingelte, als er in der Tür stand. Cath erine.
„Ich habe alles überprüft. Das Haus ist sauber. Ich rufe vom Handy an.“ Ihre Stimme klang weicher, als am Nac hmittag.
„Schön. Dann bis morgen.“ Nicht noch einmal alles durc hkauen.
„Was machst du jetzt?“ Sie blieb dran.
„Ich gehe essen.“ Wer weiß, ob sein Telefon sauber war. Er musste sie stoppen. „Bring mir morgen den Scanner mit. Könnte sein, dass ich ihn brauche.“
Sie war noch nie begriffsstutzig gewesen. „Gut. Es war schön, Dich wieder zu sehen. Du siehst jünger aus, als ich es mir vorgestellt habe. Bis morgen.“ Sie legte auf.
Für heute reichte es ihm.
Am nächsten Morgen regnete es, und ein böiger Wind blies die Fußgänger von den Strassen. Vincent kaufte Zeitungen und ging ins Paperback , um beim Frühstück den Kopf klar zu bekommen. Gestern war es spät geworden.
Es hatte sich als Fehler erwiesen, nach dem Essen noch auf einen Absacker in seine Bar um die Ecke zu gehen. Vor dem ersten Drink erspähte ihn Ellen, eine Ze itungsfrau aus Hamburg, wie immer in ihrer Standarduniform – enges schwarzes Kostüm, die Haare weizenblond, kinnlang. Die geschwätzigste Frau, die er je kennen gelernt hatte. Vor Jahren schien sie vorübergehend an ihm interessiert zu sein, aber ihm stand nicht der Sinn danach, auch noch nebenberuflich Stress mit einer Frau zu haben.
Sie erzählte ihm den neuesten Klatsch, er bezahlte die Drinks.
„In Brüssel ist alles wie immer. Hinterbänkler, die zuhause abserviert wurden, füllen sich und ihren Vettern bei den europäischen Behörden die Taschen. Gearbeitet wird wenig und niemand zahlt Steuern. Es wimmelt von Nebenfrauen und Wochenendwitwen, aber das weißt du ja selbst am besten.“
Was sollte er dazu sagen? Die Frage war nur, wie oft sie selbst schon die Nebe nfrau gespielt hatte. Es
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