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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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Entlassung kurz bevor.
    „Nicht besonders.“ Vincent fand wenig Sinn darin, ihn bereits am Telefon in die Katastrophe einzuweihen. Sie würden sich ohnehin in wenigen Stunden s ehen.
    „Kommt sie durch?“ Nigel blieb hartnäckig.
    „Hast du eine Ahnung, wo Rea steckt“, wechselte Vincent das Thema.
    „Irgendwo zwischen Stratford und Coventry. Juliane versucht, sie mit Kultur und Landleben abzulenken. Außerdem hat ihre Familie dort im Grünen ein kleines A nwesen. Du weißt, dicke Waden unter Tweedröcken, viel Gin mit wenig Tonic nach siebzehn Uhr.“ Er artikulierte perfekt den wohlwollenden Schauder, für den nur das Englisch der Upperclass genügend Nuancen hat.
    „Ich komme heute Nachmittag.“
    „Wohin?“
    „Was hältst du von Norwich? Ich kann dich im Krankenhaus besuchen und mit dir Händchen halten. Später kümmere ich mich um Rea. Sag deiner Freundin, dass die beiden sich auf uns zu bewegen sollen.“
    „Juliane ist sowieso in Bewegung. In drei, vier Stunden spätestens, kann sie in unserer Nähe sein.“
    „Sie sollen nicht aus der Deckung kommen; und sorge dafür, dass wir heute Nachmittag ungestört sind.“
    „Wann wirst du da sein?“
    „Zwischen fünf und sechs. Take care. “ Unwahrscheinlich, dass er es so früh schaffte, aber besser, Nigel hatte alles rechtzeitig arrangiert. Vincent legte auf.
    Am Rand der Terrasse stand ein schwatzendes Grüppchen Männer, Zigaretten und Kaffeebecher in den Händen. Offenbar Seminarpause. Linz steckt voll betriebsamer Tagungshotels, die damals in seiner aktiven Zeit gute Deckung boten, wenn ein Treffen mit den Leitwölfen aus Berlin angesagt war.
    Es war erst halb eins. Er hatte keinen Hunger, bestellte aber einen grünen Salat mit gebratenem Geflügel. Die Kellnerin kassierte sein Trinkgeld ohne Begeist erung und verschwand. Er brachte den Teller in Unordnung, wartete noch etwas und nahm dann ein Taxi zum Flughafen. 
     
    „Grüß Gott, ihre Maschine steht schon bereit.“
    Frau Berger, die Allgegenwärtige, wies auf eine Tür zur Linken. „Ich bringe Sie hin.“ Sie drehte sich um und schritt zügig vor ihm durch das Flughafengebäude. Die smal trug sie ein dunkelblaues Kostüm, schwarze Schuhe mit halb hohen Absätzen, kein Seidenschal. Ihre braunen Waden wirkten durchtrainiert; jede Wette, dass sie joggte.
    Draußen wartete Hansson neben einem kleinen Fahrzeug. Er schüttelte Vi ncents Hand. „Bleibt es bei England?“
    Vincent nickte. „Grobe Richtung Birmingham, kann aber sein, dass ich woa nders abgeholt werde. Vielleicht ändert sich das Ziel noch.“
    „Kein Problem. Frau Berger bringt Sie zum Flugzeug, ich erledige schnell den Bürokram.“ Er verschwand im Gebäude.
    Sie fuhren die paar Meter bis zur Maschine, diesmal eine Stationair mit dunklen Ledersitzen. Vincent kletterte hinein und machte es sich in der hinteren Reihe bequem. „Möchten Sie etwas trinken?“ Frau Berger schob seine Reisetasche auf die Sitze vor ihm.
    „Danke.“ Er schüttelte den Kopf.
    Sie zögerte, dann beugte sie sich vor und gab ihm die Hand. „Gute Reise.“
    Er schaute in ihren Ausschnitt; dunkelbraun gebrannte Haut, schuppig, wie bei einer Zahnbrasse. Was trödelte sie hier herum? „Kommen Sie gut zurück nach Wien.“
    Sie schaute unschlüssig auf das Flugfeld. „Kann ich Sie hier allein lassen?“
    „Ich fliege schon nicht weg.“
    Endlich drehte sie ab, stieg in das Auto und fuhr davon. Beinahe schlagartig k amen Trauer und Niedergeschlagenheit zurück.
    Vincent warf einen Blick nach draußen. Wenn er je irgendwo völlig ungeschützt und frei zum Abschuss gesessen hatte, dann in dieser einsamen Maschine auf diesem gottverlass enen österreichischem Acker. Hatte ein Scharfschütze seinen Kopf schon im Fadenkreuz, oder rollten die Bullen gleich im Mannschaftsbus auf die Wiese?
    Er rief sich zur Ordnung. Kein Grund, wegen etwas Schlafmangel gleich Hir ngespinsten zu erliegen. Vielleicht lag es an Rea. Junge Väter neigen bekanntlich zu Panikanfällen. Realistisch betrachtet hechelten seine Jäger und die Polizei wohl noch den längst erkalteten Spuren in Baden und Wien hinterher. Wenn überhaupt.
    Lars Hansson erschien. Er überquerte die Grünfläche und ging rasch auf die M aschine zu. Blond, mit kurzärmligen Hemd und einem Klemmbrett in der linken Hand verkörperte er perfekt das Pilotenklischee aus der Werbung. Eigentlich fehlte nur Frau Berger im Gleichschritt schräg hinter ihm. Vincent nestelte sein Handy aus der Jackentasche und zählte

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