StasiPolka (German Edition)
fester.
Der Mann keuchte erschrocken, gab aber dem Jungen einen Wink. Der blieb zögernd stehen. „Bleibt beim Auto, bis ich euch rufe.“ Keine Reaktion. „ Slivo! “ Jetzt klang es wütend. Lederjacke begriff endlich und ging zum Auto zurück.
Vincent zog das Messer zurück, ging zwei Schritte zur Seite und hob den R evolver auf. Eine 38er Smith & Wesson. Das kurze Polizeimodell, früher beliebt als Mannstopper. Wer benutzte so was heute noch, abgesehen von den harten Jungs in alten Polizeifilmen? Er schaute dem Mann in die Augen. Der starrte zurück, aus dem Ärmel seines Jacketts lief Blut. „Setzen Sie sich auf die Bank da“, sagte Vincent.
Der Mann presste die Lippen zusammen und gehorchte. Vincent hockte sich ihm gegenüber auf die Kante d es Sandkastens. Die Lederjacke lehnte an der Haube des Volvo und äugte misstrauisch. Noch immer lief der Diesel.
„Nun mal los“, sagte Vincent.
„Ich rede nicht mit Killern.“ Der Mann schaute auf den Revolver in Vincents Hand. „Wollen Sie mich auch noch abknallen? Irgendwer wird Sie schnappen. Am Ende werden Sie bezahlen.“ Er spuckte aus. Der Stich in den Unterarm musste schmerzen. Aber seine Wut überdeckte alles.
„Wer schreibt Ihre Texte“, fragte Vincent, „das Burgtheater? Binden Sie sich was um den Arm, Sie sehen dermaßen übel aus, dass sich die Kinder hier erschr ecken.“
Der Mann blickte auf seinen Arm hinab; etw as Blut lief inzwischen am Hosenbein entlang. Vincent warf ihm ein Taschentuch zu, das der Verletzte zusammen geknüllt in den Jackenärmel stopfte. Kein Profi.
Vincent war weder klar, wie sie ihn gefunden hatten, noch was diese halbe Po rtion von ihm wollte. Er musste ihn loswerden. „Soll ich raten? Sie sind Karol, dieser Pfadfinderhäuptling aus Prag. Wie geht es Danko?“ Vincent entlud den Revolver und schob ihn dem Mann vor die Füße.
Karol setzte einen Fuß auf die Waffe und holte Luft. „Sie hätten ihn nicht gleich hi nrichten müssen.“ Das klang nach Neuigkeiten.
„Als ich ihn verließ, lag er friedlich im Treppenhaus.“
„Als die Polizei ihn fand, hatte er eine Kugel im Kopf, ebenso der kleine Arno.“ Karol fummelte an seinem verletzten Arm herum.
„Und die Frau?“
Er zuckte die Achseln. „Lag im Bett und schlief. Trotz des Lärms ist sie nicht aufgewacht. Sie trinkt.“
„Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, dass ich in dem Haus war?“
„Sie haben von dort angerufen.“ Er blickte Vincent an. „Warum eigentlich?“
Vincent antwortete nicht. Offensichtlich hatte ein Mitglied des Klans enge Pol izeikontakte, was ihn nicht sonderlich überraschte. Aber wer hatte die beiden Jungen erschossen? Es musste noch jemand da gewesen sein, als er sich Danko vorknöpfte.
Karols Augen wurden groß, als Vincent die Glock hervor holte. Vincent entsicherte und schoss in den Wall einer kleinen Sandburg, die den gestrigen Spielnachmittag überdauert hatte.
„Bringen Sie das Projektil Ihrem Freund bei der Polizei.“ Vincent zeigte ihm seine Wa ffe. „Danko ist über das Geländer gestürzt, dem anderen habe ich mit der Galil ins Bein geschossen. Ich wollte Danko der Polizei übergeben, weil er Katja erschossen hat. Dieser Arno tauchte plötzlich mit einer Waffe auf. Mehr war nicht. Finden Sie heraus, wer so scharf darauf war, dass die Jungen nicht mit der Polizei reden. Knöpfen Sie sich Anna Schiller vor. Nach unserem Sandkastenspiel hier sollten Sie zur Jagd auf den richtigen Mörder blasen.“ Vincent stand auf.
„Warten Sie.“ Vincent hatte ihn halbwegs überzeugt. „Die Polizei ist hinter I hnen her.“ Karol zog den Revolver unter seinem Fuß hervor und steckte ihn ein. Er reichte Vincent ein Kärtchen. „Rufen Sie an, wenn Sie aus Wien heraus wollen.“
„Danke.“ Was für ein Wichtigtuer.
18
Der junge Taxifahrer brachte die Reisetasche zum Wagen und verstaute sie auf dem Rücksitz. „Auf geht´s“
Er stieg ein, blickte auf Vincents linken Arm und ihm dann in die Augen. „Wie viel Zeit haben wir?“
Vincent schaute in das Menschengewimmel auf dem Bahnhofsvorplatz und lehnte sich zurück. „Sie brauchen nicht zu hetzen.“
Nach der Spielplatzepisode hatte er sich rasch in die Büsche geschlagen und das Weite gesucht. Es mochte sein, dass Karol übertrieb, was die Fahndung der Polizei anging, aber es war allemal besser, nicht zu lange an einem Ort zu bleiben. In einer Apotheke kaufte er eine Armschlinge, wie man sie bei Knochenbrüchen benutzt. Er ließ den linken Arm leicht
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