StatusAngst
dem Lob der anderen aufleben und wie sehr wir unter ihrer Missachtung leiden. Ein unachtsamer Gruß, ein unerwiderter Anruf, und schon ist es vorbei mit der guten Laune. Doch wenn sich jemand an unseren Namen erinnert und uns einen Obstkorb kredenzt, finden wir das Leben gleich wieder lebenswert.
3
Es kann daher nicht überraschen, wie sehr uns an einem guten Platz in der Gesellschaft gelegen ist, ganz gleich, ob wir diese Frage aus emotionaler oder sachlicher Perspektive betrachten. Von diesem Platz hängt es ab, wie viel Liebe wir empfangen und ob wir ein hohes oder geringes Selbstvertrauen besitzen. Hier liegt auch der Schlüssel zum höchsten aller Güter: zu einer Liebe, ohne die wir unfähig wären, uns selbst zu achten.
Folgen der Missachtung
URTEIL DER ANDEREN
SELBSTBILD
Du bist ein Versager
Ich bin nichtswürdig
Du bist unbedeutend
Ich bin ein Niemand
Du bist beschränkt
Ich bin dumm
Ich bin schlau
Ich bin anerkannt
Ich habe Verdienste
Folgen der Beliebtheit
URTEIL DER ANDEREN
SELBSTBILD
Du bist intelligent
Ich bin schlau
Du bist wichtig
Ich bin anerkannt
Du bist erfolgreich
Ich habe Verdienste
Ich bin nichtswürdig
Ich bin ein Niemand
Ich bin dumm
II Snobismus
1
Wenn wir konstatieren, dass unser Selbstwertgefühl von der Achtung anderer abhängt, können wir uns trotzdem fragen, warum diese Achtung gewöhnlich Personen von hohem Status vorbehalten ist. Warum meiden so viele von uns Menschen, von denen sich das Glück abgewandt zu haben scheint, reißen sich hingegen geradezu um Zeitgenossen, die bekannt oder vielversprechend sind, mächtig oder einflussreich? Woher der Drang, die Kleinen zu übersehen und den Großen zu Füßen zu liegen?
Die Antwort liegt in einem Phänomen, dessen Auswirkungen als die zweitgrößte Ursache der Statusangst betrachtet werden können. Ohne dieses Phänomen gäbe es zwar auch Arm und Reich, Macht und Ohnmacht, nicht aber den Kotau vor den einen und die Verachtung und Kaltschnäuzigkeit gegenüber den anderen.
2
Das englische Wort »Snob« kam in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Gebrauch. Manche führen es auf die damalige Gepflogenheit vieler Colleges in Oxford und Cambridge zurück, die Namen nicht-adliger Studenten mit dem Vermerk snob zu versehen {sine nobilitate) und so von ihren adligen Kommilitonen zu unterscheiden.
Anfänglich bezeichnete das Wort eine Person von niederem Stande, aber bald nahm es seine heutige und fast entgegengesetzte Bedeutung an: Ein Snob ist einer, der andere wegen ihres niederen Ranges mit Verachtung behandelt. Das Wort war eindeutig abwertend gemeint und bezeichnete ein Fehlverhalten, das Spott provozierte. In seinem Buch Die Snobs von England (1848) stellte William Thackeray die Beobachtung an, dass sich die Snobs in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren über England verbreitet hatten »wie die Eisenbahnen. Sie sind jetzt in einem Empire bekannt und erkennbar, in dem die Sonne nicht untergeht.« Doch in Wahrheit war nicht der Snobismus neu, sondern der Geist der Gleichheit, der den überkommenen Standesdünkel zunehmend fragwürdig erscheinen ließ — zumindest für Menschen wie Thackeray.
3
Seither ist es üblich geworden, fast jeden als Snob zu bezeichnen, der sich in diskriminierender Weise wählerisch verhält, der etwa bestimmte Menschen, Musikstile, Weinsorten für besser erklärt als andere. Zu den Snobs zählen nach diesem Verständnis alle, die auf grundlegenden Wertunterschieden bestehen.
Womöglich sollte man jedoch die Bedeutung des Begriffs Snobismus auf die Haltung in der Frage beschränken, wer und was wertzuschätzen sei. Das untrügliche Kennzeichen des Snobs ist nicht das Unterscheiden, es ist das starrsinnige Beharren auf der Identität von Status und Wert. Das Gegenteil eines Snobs ist daher nicht ein Mensch, der alle gleichermaßen schätzt, sondern einer, der bei der Wähl seiner Freunde neben deren Status und Einfluss auch andere Kriterien gelten lässt.
Obwohl man den Begriff des Snobismus traditionell mit einer Neigung zum Aristokratischen verbindet (denn der Begriff entstand zu einer Zeit, als der Adel den höchsten sozialen Rang innehatte), bezeichnet er weit mehr als nur eine Vorliebe für Landhäuser und Herrenclubs. Im Lauf der Geschichte haben sich Snobs bei vielen privilegierten Gruppen lieb Kind gemacht - beim Militär (Sparta, 400 v.Chr.), bei den Kirchenfürsten (Rom, 1500), bei den
Weitere Kostenlose Bücher