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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
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meint Verasinghe verbittert. »Heute sterben sie, bevor sie begriffen haben, was das Leben ist.«
    Weitere Moskitos surren mir um meinen Kopf. Ich wedle nun doch heftig mit den Armen um mich.
    »Gehen Sie zu Ihrer Familie«, empfiehlt mir Verasinghe. »Informieren Sie mich, wenn Sie eine Idee haben, wie wir die Kugeln in Ihr Land schaffen könnten.«
    »Okay«, nicke ich und gebe ihm zum Abschied die Hand.
    Noch bevor ich die Treppe erreiche, die zu der Villa hinaufführt, höre ich den Motor von Verasinghes Jeep wütend aufheulen.
    Vielleicht hätte ich ihn fragen sollen, ob er mit uns zu Abend isst.

Gret verbreitet Schrecken
    Gret kurvte mit Mario in die Seerose hinaus, ein schickes, teures Lokal direkt am See in Wollishofen nahe der Stadtgrenze. Sie fuhren an der Sukkulenten-Sammlung vorbei, am Strandbad Mythenquai , an der Roten Fabrik. Mario starrte missmutig aus dem Fenster.
    Gret machte sich in letzter Zeit zunehmend Sorgen um ihren Bürokollegen. Nicht dass von ihm je brillante Ideen zu erwarten gewesen wären. Ihrer Meinung nach war der Mann ganz offensichtlich im falschen Beruf. Aber in jüngster Zeit hatte auch sein früher sprichwörtlicher Eifer enorm nachgelassen. Mario stand der Widerwille gegen die laufende Ermittlung förmlich ins Gesicht geschrieben.
    »Die Visitenkarte von der Seerose ist nun mal das einzig Ungewöhnliche, das wir im Hotelzimmer des Ermordeten entdeckt haben«, meinte sie aufmunternd zu ihm.
    Mario nickte abwesend.
    In dem Tresor des Hotels Leoneck hatten sie Rexons Pass sowie ein auf ihn ausgestelltes, undatiertes Rückflugticket gefunden. In seinem Zimmer einen Stapel gut gepflegter, aber einfacher Kleider, einen Stadtführer, ein englischsprachiges Taschenbuch eines indischen Autors sowie die Quittung für ein kurz nach seiner Ankunft in Zürich gekauftes Natel, von dem die Kollegen derzeit abklärten, ob, wie und wann es benutzt worden war. Dazu das besagte Visitenkärtchen der Seerose, auf dem unter dem blauen Emblem Seerose – Restaurant die Adresse samt der Telefonnummer des Lokals standen. Da keine anderen Fingerabdrücke als jene des toten Rexon Nadesapilay auf der Karte zu finden waren, vermutete Gret, dass er sie vor Ort von einem Stapel genommen und eingesteckt hatte.
    Sie betraten das Restaurant um kurz vor drei und Gret staunte, wie viel Betrieb dort herrschte. Schließlich war es nur ein stinknormaler Samstagnachmittag.
    »Trinken wir etwas?«, fragte sie Mario.
    Er murmelte zustimmend.
    Sie schritten an in bequemen Polstern herumlümmelnden, lärmenden Kindern reicher Eltern und an einem schwarzen Flügel vorbei in Richtung der Tische. Prompt wurden sie von einem kurz geschorenen Kellner in weißem Hemd und beigefarbener Schürze abgefangen und gefragt, was sie wünschten.
    »Nur etwas gegen den Durst«, meinte Gret.
    Der Kellner platzierte sie mit professionellem Lächeln an einen Holztisch am Rand des Raumes und nahm die Bestellung auf. Mario orderte ein Rivella blau, Gret einen Latte macchiato.
    »Da vorn liegen die Kärtchen«, zeigte sie auf einen Tisch, auf dem sich zwischen zwei Vasen mit frischen Schnittblumen auch ein kleiner Glasbehälter voller Visitenkarten befand.
    »Wie kommt Rexon Nadesapilay bloß hierher?«, wunderte sie sich.
    Die Seerose galt als exklusiv und teuer. Die Après-Midi-Karte führte unter anderem einen Assiette de saumon fumé für 18.50 Franken und ein Mignon de filet de bœuf ›Seerose‹ für 53 Franken auf. Jedermann hier trug teure Markenkleider und protzige Uhren. Zwei Latinas mit streng zusammengebundenen Haaren und zu dünnen Strichen gezupften Augenbrauen am Tisch hinter ihnen führten an jedem zweiten Finger einen Riesenklunker spazieren und lauschten gebannt dem selbstgefälligen Geschwafel eines älteren, solariumgebräunten Herrn in einem blau-weiß karierten Hemd von Armani. Einen Lacoste-Pullover hatte er sich noch zusätzlich lässig um die Schultern gebunden. Vor dem Mann lagen drei Handys sowie der Schlüssel für einen Ferrari. We take care of nice people stand in blauer Schrift zuunterst auf der Speisekarte.
    »Vielleicht war er Geschäftsmann«, äußerte sich Mario.
    Gret freute sich, dass er wenigstens wieder einmal etwas sagte. Und gleichzeitig ärgerte sie sich darüber, dass sie immer noch so wenig über den Toten wussten. Gegen die Vermutung, dass er Geschäftsmann war, sprachen die in seinem Hotelzimmer aufgefundenen Kleider und das Fehlen jeglicher auf Geschäfte deutenden Unterlagen.
    »Das glaube ich

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