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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
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klar, wovon er spricht, weshalb ich einfach weitergehe, die Holzstufen der Villa hinunter und über einen rotbraunen Lehmpfad bis zu der Teestube des Forschungszentrums, die in einem fensterlosen, aber klimatisierten Ziegelhaus mit Wellblechdach untergebracht ist.
    »Wovon redet der Typ, Papa?«, fragt mich Anna an der Türschwelle. »Die Kugeln stecken bekanntermaßen in Rainers Körper und den haben sie doch abtransportiert!«
    »Bist du dir sicher, dass sie tatsächlich noch in dem Leichnam sind?«, erwidere ich unschlüssig und schiele hinüber zu ihrem Freund Tschaggat, der gerade mit ein paar der Maschinenpistolenjungs schimpft, die aus Versehen in irgendeinen auf dem Boden stehenden Käfig getreten sind.
    »Hast du ihn etwa dazu missbraucht, dass …?«, fährt Anna mich entrüstet an.
    »Nein, hab ich nicht«, unterbreche ich sie bestimmt.
    Sie schreitet entschlossen auf Tschaggat zu und zieht ihn von den Jungs weg hinter ein paar Bananenstauden, wo sie ihm irgendetwas ins Ohr tuschelt.
    Er gestikuliert wild vor ihr herum, verteidigt sich offenbar und macht schließlich eine vage Kopfbewegung in Richtung eines vor der Teestube im Gras stehenden Tisches.
    An diesem sitzt, gemütlich eine Tonschale Joghurt löffelnd, eine einzige Person. Sie verhält sich so unauffällig, dass man sie eigentlich gar nicht wahrnimmt: Chief Inspector Verasinghes steifbeiniger Kollege.
    So langsam dämmert mir, was vorgefallen ist, und ich blicke mich vorsichtig nach Verasinghe um, kann ihn aber nirgends entdecken.
    Anna und Tschaggat flüstern immer noch rum, weshalb ich mich dreist auf Hugentoblers Klappstuhl niederlasse – der Herr Professor hat sich mit Einwilligung eines Offiziers auf die Toilette verzogen.
    Die Ruhepause dauert allerdings nur kurz. Hugentobler kommt zurück und stellt sich, ein blödes Liedlein pfeifend, auffordernd neben mich und seinen lachhaften Stuhl. Da das Teil ohnehin in der prallen Sonne steht, erhebe ich mich ohne Widerspruch, woraufhin er sich sofort wohlig grunzend auf seinem Schatz niederlässt.
    »Vielleicht waren es ja wirklich die Rebellen«, sage ich.
    »Papperlapapp!«, widerspricht er bestimmt. »Ich verfolge die Geschichte dieses idiotischen, überflüssigen Bürgerkrieges seit den Achtzigerjahren. Die Tigers kümmert diese Gegend nicht im Geringsten, glauben Sie mir.«
    »Na schön«, gebe ich nach und frage bei einer der mittleren Chargen nach, ob wir endlich in unsere Zimmer zurückdürften.
    Der Offizier blickt unschlüssig in Richtung der Villa, traut sich aber wohl nicht, seinen Chef zu belästigen. Missmutig willigt er ein.
    Entnervt steige ich die knarrende Treppe hinauf, betrete mein Zimmer, höre den Militärchef im Salon amüsiert gackern, schließe leise die Tür hinter mir und verziehe mich unter das Moskitonetz in mein Bett. Man wird mich schon noch früh genug über den Verbleib dieser vermaledeiten Kugeln informieren. Momentan verspüre ich nur noch eine bleierne Müdigkeit. Mein Kopf fühlt sich heiß an, die Augen tränen leicht. Den an der Decke herumturnenden bräunlichen Gecko sehe ich jedenfalls nur noch wie durch eine Art Nebel.
    Ich nicke denn auch sofort ein.
    Irgendwann holen mich laute Stimmen wieder zurück ins Leben. Ein Blick auf meine Speedmaster sagt mir, dass ich eine gute Dreiviertelstunde geschlafen habe. Ich schäle mich aus dem Bett, öffne das Moskitonetz und schreite zum Fenster, das mit einem feinmaschigen Metallgitter gegen Ungeziefer gesichert ist.
    Soeben taumelt der Schachklugscheißer die Treppe hinunter, schwer geschlagen offenbar. Der Chefmilitär, der sich wenige Meter neben mir auf die Holzbrüstung der Veranda lehnt und seinem Gegenspieler grinsend nachblickt, sieht sogar von hinten stolz wie ein Pfau aus. Er zündet sich eine dicke Zigarre an und erteilt in seiner Euphorie den Befehl, das ganze Zentrum zu durchsuchen.
    Auf die wütenden Einwände von Tschaggat und dem immer noch in der brütenden Sonne auf seinem Stuhl hockenden Hugentobler, damit könne er sehr viel Schaden anrichten, reagiert der Militär mit der lakonischen Erklärung, wir wüssten ja, was er suche. Falls wir etwas dagegen hätten, dass er die Forschungseinrichtung auf den Kopf stellen ließe, nähme er die Kugeln gerne auch einfach so entgegen.
    »Wir haben nicht, was Sie suchen!«, höre ich die energische Stimme meiner Tochter. »Sie behindern hier nur Arbeiten, die zum Besten Ihres Volkes sind. Das ist doch irgendwie dumm.«
    Ich beeile mich, nach draußen zu

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