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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
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dann mit einer schneidenden Stimme, die keinen Widerspruch duldet: »Jawohl! Es waren tamilische Terroristen!«
    »Ja dann …«
    »Tamilische Terroristen!«, betont er nochmals nachdrücklich. »Etwas anderes zu sagen, ja, nur zu vermuten, wäre … nun, sagen wir, äußerst unratsam. Verstehen Sie, was ich sage?«
    »Ich glaube schon«, tu ich ihm den Gefallen und auch meine Mitstreiter nicken eifrig.
    »Ein bedauernswertes Opfer dieser Verblendeten, die unser schönes Sri Lanka kaputtmachen wollen«, führt der Militär aus. »Hoffentlich realisiert man bei Ihnen in der Schweiz jetzt endlich, dass dem Treiben der LTTE energisch Einhalt geboten werden muss!«
    Politik. Ich habe es geahnt.
    »Sind Sie nicht Polizist?«, fragt der Mann weiter und ich kann nicht umhin, dieser Tatsache zuzustimmen.
    »Wissen Sie eigentlich, dass in Ihrer Heimat ungefähr vierzigtausend Tamilen leben?«
    »Es leben welche bei uns, tatsächlich. Flüchtlinge, wenn ich mich nicht täusche«, wage ich zu bemerken und ernte einen weiteren sehr strengen Blick.
    »Flüchtlinge? Nonsens!«, faucht mich der Mann an. »Wenn, dann fliehen sie höchstens vor ihren eigenen Leuten, die sie für Selbstmordattentate rekrutieren wollen.«
    »Von Politik habe ich keine Ahnung, ich bin nur ein einfacher Polizist«, entschuldige ich mich.
    »Sie leiten in Zürich eine Spezialabteilung, mein Lieber«, korrigiert er mich. »Was denkt man bei Ihnen eigentlich, woher all das Geld für diesen verfluchten Krieg kommt?«
    »Von mir jedenfalls nicht!«, hätte ich fast gesagt.
    Doch ich ziehe es vor zu schweigen. Wer weiß, wohin dieses Gespräch sonst führt. Dass das Militär so gut über mich informiert ist, schockiert mich. Ich selbst weiß nicht einmal, wie der Mann vor dem Schachbrett heißt, geschweige denn was für eine Funktion er bekleidet.
    Immerhin, dass ich bald Kommandant der Zürcher Kantonspolizei sein werde, scheint noch nicht zu ihm durchgedrungen zu sein.
    »Springer B7«, quasselt Hugentobler in die entstandene Stille hinein. Und als er darauf keine Reaktion bekommt, fügt er sonnig lächelnd hinzu: »Tut mir sehr leid, die Sache mit eurem Flughafen.«
    Der Militär fegt wütend einen Bauern vom Brett und es wird totenstill im Raum. Keiner von uns macht auch nur die kleinste Bewegung. Ich glaube, die meisten halten sogar den Atem an.
    »Sie armer Irrer«, knurrt der Militär schließlich in Hugentoblers Richtung. »Damit verlieren Sie doch Ihre Dame in drei Zügen! Ich hätte Sie für klüger gehalten.«
    Hugentobler schweigt beleidigt. Aber auch sonst steht keinem von uns mehr der Sinn nach weiteren Beleidigungen.
    Der Militär bückt sich und hebt den Bauern auf. Er betrachtet die Holzfigur kritisch von allen Seiten und stellt sie sorgsam zurück auf das Schachbrett.
    »Wer Beweismaterial für dieses feige Attentat zurückhält, wird dafür büßen«, sagt er dann und funkelt dabei aus mir unverständlichen Gründen Anna und mich an.
    »Welches Beweismaterial?«, frage ich irritiert.
    »Sie haben mich gehört, Miss und Mister Staub!«
    Da ich nicht weiß, wovon er spricht, erspare ich mir eine Antwort.
    Anna beschränkt sich darauf, hochnäsig an ihm vorbeizuschauen.
    Der Militär verfällt daraufhin in ein schwer zu deutendes Grübeln. Plötzlich hellt sich seine Miene auf und er richtet seinen Blick auf Hugentobler.
    »Und?«, feixt er. »Haben Sie endlich die Lösung?«
    Hugentobler muss leider passen, was unseren Freund enorm zu belustigen scheint. Er blüht förmlich auf vor Begeisterung über unsere Unwissenheit.
    »Läufer E4?«, verdirbt ihm unverhofft eine Stimme mit Bündner Dialekt aus den hinteren Reihen den Spaß.
    Der Militär winkt den Mann ungeduldig zu sich nach vorn an das Spielbrett und bedeutet ihm, er möge Platz nehmen und seinen Zug ausführen. Dabei schüttelt er wohlgefällig seinen Kopf.
    »Schön, dass wenigstens einer von Ihnen versteht, worum es geht«, meint er aufmunternd zu dem jungen Mann.
    Dem Rest von uns gibt er mit einer verächtlichen Handbewegung zu verstehen, dass wir entlassen seien.
    Der Oberschläuling mit seinem E4-Läufer wirkt etwas verdattert, als er uns von dannen ziehen sieht. Aber die Sache hat er sich nun wirklich selbst eingebrockt.
    Ich bin schon fast wieder draußen an der frischen Luft, als mich die scharfe Stimme des Militärmanns doch noch einmal stoppt.
    »Falls Sie die Kugeln finden, Mister Staub, will ich sie haben! Sofort! Vorher ziehen wir hier nicht ab.«
    Mir ist nicht ganz

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