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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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geben, oder wie?“, spottete Tilse.
    Der Pater glaubte zu schweben. Alles um ihn versank im Nebel und wie aus weiter Ferne drang die helle Stimme in seine Ohren: „Chochmah.“
    Wärme strömte in Preschkes Körper. Die Wunde begann zu brennen, immer intensiver, als drücke glühendes Eisen dagegen. Er schrie, doch kein Ton entwich seinen Lippen. Dunkelheit verschlang ihn.
    „Binah.“
    Das Feuer zerfraß seine Muskeln und loderte an den Knochen. Sein Blut kochte auf und verdampfte im roten Dunst. Tausende von knochigen Fingern rissen an seinem Gewebe und zogen ihn tiefer in eine zähe Schwärze. Kreischen und Jaulen betäubten ihn von allen Seiten. Wo war Jonathans Stimme? Er hatte sie in diesem Chaos verloren!
    Bis ein Lichtstrahl die Dunkelheit zerschoss.
    „Tifereth.“
    Die Stimme donnerte wie ein mächtiger Wasserfall. Über sich sah er Jonathans fahles Gesicht schimmern. Sein Haar war weiß, fast silbern, in den Augen loderten Flammen. In der rechten Hand hielt er sieben leuchtende Sterne, bis er die Finger spreizte. Wie Glühwürmchen wirbelten die Lichter herunter, formten sich zu hebräischen Buchstaben und erloschen. Zwei schwarze Flügel schlugen und zer-flossen in rauchigen Schwaden. Die Finsternis wich zurück, die Hölle gab seine Seele preis.
    „Chesed.“
    Preschkes Blick erfasste das vertraute Kirchengewölbe. Mit der Gier eines Neugeborenen sog er Luft in seine Lunge. Ein Glücksgefühl betörte ihn. Noch nie hatte er etwas Ähnliches gespürt. Er fühlte sich so unbefleckt.
    „Netzach“, fiel das letzte Wort.
    Jonathan keuchte und brach zusammen. Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerzen. Den gesunden Arm um den Bauch geschlungen, rang er in kurzen Atemzügen nach Luft. Sein Körper bebte, immer stärker, bis er in Krämpfe überging. Preschke fuhr mit den Fingern über das Gesicht des Jungen. Seine Stirn glühte.
    „Stirbt er?“, fragte Köhler, und erst jetzt fiel Preschke wieder ein, nicht allein zu sein.
    „Zucker“, flüsterte er. „Gebt ihm Zucker.“
    Friedmann atmete tief durch. „
Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen
. Matthäus 8,17. Hat noch jemand Zweifel? Nein? Dann fangen wir an.“
    Er machte einen Schritt über Jonathan und ging zum Kreuz am Boden. Köhler griff nach dem Jungen und versuchte, ihn auf die Beine zu stellen. Doch sie knickten immer wieder ein, so schleifte er ihn mit sich.
    Preschke lehnte sich gegen die Kirchenbank. Er fand das blutnasse Loch in seiner Soutane und tastete über die Narbe, die seine Wunde geschlossen hatte. Er drehte den Kopf und sah, wie Köhler die Arme des Jungen am Querbalken aus-richtete. Aus der Sporttasche, die Tilse daneben abstellte, holte er eine Hand voll fingerdicker Nägel und einen Hammer.
    Preschke wimmerte leise.
Aufhören! Um Himmels Willen, aufhören!
    Köhler setzte die Spitze des Nagels an der Handfläche des Jungen an und holte aus. Jonathan lag zitternd auf dem Kreuz. Sein benommener Blick schweifte zu Preschke und brannte ihm die Sünde in die zuvor reingewaschene Seele.
    Aufhören! Bitte!
Der Pater umklammerte das Kreuz auf seiner Brust.
    Köhler hielt inne. Von seiner Nase fiel ein Schweißtropfen herunter. Der Mann wandte sein Gesicht zum Altar und atmete schwer ein und aus. „Ich kann es nicht.“ Seine Schultern sackten nach vorn. „Tut mir Leid, ich kann es nicht.“
    Tilse entriss ihm den Hammer und kniete nieder. „Dann halten Sie ihn fest. Kriegen Sie wenigstens das hin?“
    Erneut schwang der Hammer in die Höhe.
Lass das nicht zu
, flehte Preschke gen Himmel,
lass das nicht zu, lass das nicht zu

    „Halt!“, rief Friedmann. „In die Gelenke.“
    Eine Sekunde später fiel der erste Schlag.

Kapitel 1
    Mit einem Bündel Bettwäsche ging Mirjam den Korridor des Pflegeheimes entlang. Aus einer halb geöffneten Tür schwangen die leisen Töne einer Geige, während die Laken Harngeruch verströmten. Sie atmete flach, drehte und reckte ihren Hals, um den Ausdünstungen zu entkommen, als ein Laken ihren Arm herunterrutschte. Sie beeilte sich, das Tuch zurückzuschaufeln, doch es glitt unter ihre Füße und sie stolperte. Die Bettwäsche federte den Aufprall ab. Mirjams Gesicht drückte sich in das Riesenknäuel und ein stechender Schmerz durchfuhr ihr Handgelenk.
    „Ist alles in Ordnung?“, erklang neben ihr eine Stimme.
    Jemand umfasste ihre Oberarme und half ihr auf die Beine. Mirjam sog die frische Luft ein und sah in das blasse Gesicht eines Mannes Ende

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