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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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„Du sollst dich nicht über ihn lustig machen!“
    „Ach iwo!“ Kristin zwinkerte dem alten Mann zu. „Wir verstehen uns, oder?“
    Preschke sank zurück auf das Kissen. Seine fast wimpernlosen Lider flackerten, die Augen schimmerten feucht. Mirjam beugte sich über ihn, um ihm etwas Aufmunterndes zu sagen. Seine Hand ergriff ihren Nacken.
    „Vier Jahreszeiten“, flüsterte er erstickt. Sein säuerlicher Mundgeruch stieg ihr in die Nase, beschlug ihre Wange. „Vier Jahreszeiten, hörst du?“
    Sein Griff löste sich. Mirjam taumelte und stieß gegen den Rollwagen. Das Wasser aus der Schüssel, die auf der Metalloberfläche stand, platschte über den Rand.
    Verblüfft starrte sie Preschke an. Noch nie hatte er sie direkt angesprochen.
    „Bist du okay?“ Kristin stützte sie. „Nachdem dieser Priester bei ihm war, gibt er keine Ruhe. Da dreht man selbst durch.“
    „Ein Priester war bei ihm?“ Mirjam wich zurück, damit Kristin sie nicht länger anfasste, und befingerte ihre Uniform.
    „Jep. Der suchte jemanden. Einen Jonas? Jonathan? Puh, ich habe das auch nicht so verstanden.“
    Preschke kicherte wie über einen gelungenen Streich. „Und sie gingen hinein, doch den Leib fanden sie nicht. Aber was suchen sie den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier …“
    „Ja, ja! Er ist auferstanden.“ Kristin warf die Decke an das Bettende und rollte Preschke auf die Seite. Von einer Ablage des Rollwagens holte sie eine Gummi-matte und breitete sie über das Bettlaken. „Ihr Juden glaubt nicht an Jesus, was?“, fragte sie beiläufig und legte den Alten wieder auf den Rücken.
    „Was?“, entfuhr es Mirjam bei der, wie es ihr vorkam, abwertenden ‚ihr Juden’ - Ansprache.
    „Oh. Sorry. Ich hab es nicht so mit Juden…tum. Wollte nur wissen, wie es bei euch so ist.“
    Mirjam schob Preschkes Nachthemd hoch. Seine Hand zuckte zum Bauch und verdeckte die Narbe, die sich rechts vom Bauchnabel erstreckte, kaum zwei Finger breit. Wie gern hätte sie erfahren, warum er niemanden die Naht berühren ließ, als wäre sie ein Heiligtum.
    „Wir glauben nicht, dass Jesus der Maschiach war“, gab sie trocken zurück und zog Preschke die Windel aus.
    „Ein wer?“ Kristin tauchte einen Waschlappen in die Schüssel mit Wasser und wusch dem Mann den Schritt.
    „Der Messias.“
    „Und warum nicht?“
    Mirjam zögerte. Sollte sie sich wirklich auf diese ewige und nutzlose Diskussion einlassen? Aber Kristins Interesse schien echt zu sein. „Es gibt einige Voraussetz-ungen, die der Maschiach erfüllen muss. Unter anderem: Das jüdische Volk aus dem Exil nach Israel führen, den dritten Tempel in Jerusalem aufbauen, Frieden und Harmonie in die Welt bringen und die ganze Menschheit dazu bewegen, den Einen anzuerkennen und ihm zu dienen. Was davon hat euer Jesus getan?“
    „Er ist nicht mein Jesus.“ Kristin winkte zu Preschke. „Er ist sein Jesus. Aber ihr habt auch Ansprüche! Okay, die ersten zwei sind vielleicht noch machbar, aber was den Weltfrieden angeht - na Halleluja!“ Sie lachte und schüttelte den Kopf. „Ich halte das alles eh für Mumpitz.“
    „Wieso fragst du dann?“
    Preschke seufzte, schaute zu dem Kruzifix und streichelte seine Narbe. „Er ist gekommen in Gottes Namen. Und ihr nehmt ihn nicht an.“
    „Jaja.“ Kristin drehte ihn wieder auf die Seite, drückte seine Pobacken auseinander und säuberte mit dem Waschlappen die Haut von angetrockneten Exkrementen. „Ob der kommt, geht, oder im Wald die Linde rauscht.“
    Über das Gesicht des Alten huschte ein Lächeln und ein gelber Strahl ergoss sich aus seinem verschrumpelten Glied.
    „Das glaube ich einfach nicht!“ Kristin warf den Waschlappen in die Schüssel.
    Mirjam grinste und wollte etwas sagen, als das Heulen des Feueralarms sie bis ins Mark erschütterte. Türen schlugen auf und zu, aufgeregte Stimmen kämpften gegen den Lärm.
    Kristin stürmte aus dem Zimmer. „Keine Panik!“, brüllte sie im Flur, um das Dröhnen der Sirene zu übertönen. „Gehen Sie zum Ausgang! Keine Panik!“
    Mirjam löste sich aus der Erstarrung. Im Eiltempo zog sie Preschke an. Aus dem Schrank holte sie einen Rollstuhl, setzte den alten Man hinein und schob ihn aus dem Zimmer. Im Flur herrschte Chaos. Die Heimbewohner liefen durcheinander wie eine hirtenlose Schafsherde. Eine alte Frau hielt sich die Ohren zu, kreischte mit der Sirene um die Wette und tapste im Kreis. Eine andere drückte sich mit dem Rücken an die Wand und schüttelte den Kopf wie

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