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Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hast hier auf dem Marmorboden gestanden und dir meine Wanne angeschaut. Vielleicht ist dir so eine Wanne noch nie untergekommen. Kann sein, dass du dir vorgestellt hast, eine nackte Frau liege darin und nähme nichts um sich herum wahr, bevor du sie ermordest. Wenn das deine Phantasie ist, sagt sie in Gedanken zu dem Eindringling, bist du nicht besonders originell. Sie verlässt das Badezimmer und geht die Treppe hinunter in den ersten Stock, wo sie schläft und ihr Büro hat.
    Neben dem gemütlichen Heimkino liegt ein großes Gästezimmer, das sie, mit eingebauten Bücherregalen und Verdunkelungsvorhängen an den Fenstern, zur Bibliothek umgestaltet hat. Selbst an sonnigen Tagen ist es hier dunkel genug, um Filme zu entwickeln. Als sie Licht macht, sind Hunderte von Nachschlagewerken, Loseblattsammlungen und ein langer Tisch mit Laborgeräten zu sehen. An einer Wand steht ein Schreibtisch, auf dem sich ein Krimesite-Imager, ein Gerät, das mithilfe ultravioletter Belichtungstechnologie latente Fingerabdrücke lokalisiert, befindet. Es sieht aus wie ein verkürztes Teleskop auf einem Dreifuß.
    Daneben liegt ein versiegelter Asservatenbeutel aus Plastik, der die Zeichnung von dem Auge enthält.
    Lucy zieht Untersuchungshandschuhe aus einem Karton auf dem Tisch. Wenn sie Fingerabdrücke finden wird, dann auf dem Klebestreifen, doch das wird sie später testen, weil man dazu Chemikalien anwenden muss, die die Beschaffenheit des Materials verändern. Obwohl sie ihre gesamte Hintertür und das Fenster daneben mit Magnadust eingepinselt hat, hat sie keinen einzigen Fingerabdruck mit klaren Rillen entdeckt, nur Schmierer. Und wenn doch ein brauchbarer Abdruck dabei gewesen wäre, hätte er gewiss vom Gärtner, von Rudy, von ihr selbst oder von dem Menschen gestammt, der zuletzt die Fenster geputzt hat. Davon darf sie sich jedoch nicht entmutigen lassen. Abdrücke an der Außenseite eines Hauses haben ohnehin nicht viel zu bedeuten. Wesentlich interessanter ist, was sich auf der Zeichnung finden lässt. Nachdem Lucy die Handschuhe übergestreift hat, öffnet sie die Verschlüsse eines schwarzen Aktenkoffers, der mit Schaumgummi ausgepolstert ist, und nimmt vorsichtig eine SKSUV30-Ultraviolett-Lampe heraus. Sie trägt sie zum Schreibtisch und steckt sie in eine Stromleiste mit Überspannungsschutz ein. Dann schaltet sie das hochintensive, kurzwellige ultraviolette Licht ein. Anschließend aktiviert sie den Krimesite-Imager.
    Sie macht den Plastikbeutel auf und zieht das weiße Papier an einer Ecke heraus. Als sie es umdreht, starrt sie das mit Bleistift gezeichnete Auge an. Sie hält den Zettel ins Licht. Das weiße Papier leuchtet auf. Es ist kein Wasserzeichen zu erkennen, nur Millionen billiger Holzfasern. Das Auge wird dunkler, als Lucy die Zeichnung sinken lässt und das Blatt auf den Tisch legt. Beim Aufhängen des Bildes hat die Bestie den Klebestreifen auf der Rückseite des Blattes befestigt, damit das Auge durch die Glasscheibe in ihr Haus starrt. Lucy setzt eine orangefarben getönte Schutzbrille auf und legt die Zeichnung unter die Linse des Krimesite-Imagers, die auch militärischen Zwecken genügen würde. Dann späht sie durch das Okular und öffnet den Schacht für die UV-Strahlung, so weit es geht, während sie langsam Vergrößerungsfaktor und Schärfe einstellt, bis ein wabenförmiges Raster zu sehen ist. Anschließend bewegt sie das Papier langsam hin und her und sucht nach Fingerabdrücken. Sie hofft, dass das Gerät sie sichtbar machen wird, damit sie nicht zu zerstörerischen Chemikalien wie Ninhydrin und Zyanoacrylat greifen muss. Im ultravioletten Licht bekommt das Papier unter der Linse eine gespenstische grünlich gelbe Färbung.
    Sie schiebt das Papier mit der Fingerspitze weiter, bis der Klebestreifen zu sehen ist. Nichts, nicht einmal ein Schmierer, denkt sie. Sie könnte es mit Rosanilinchlorid oder Kristallviolett versuchen, aber dazu fehlt ihr jetzt die Zeit. Vielleicht später. Sie setzt sich an den Schreibtisch und betrachtet die Zeichnung von dem Auge. Mehr ist nicht zu erkennen. Nur ein Auge. Die mit Bleistift gezeichneten Umrisse eines Auges mit Iris und Pupille, umrahmt von langen Wimpern. Das Auge einer Frau, denkt sie, offenbar mit einem Bleistift Stärke 2 gezeichnet. Mit einem Kameraadapter schließt sie eine Digitalkamera an und fotografiert vergrößerte Ausschnitte der Zeichnung. Anschließend druckt sie diese aus.
    Als sie hört, wie das Garagentor aufgeht, schaltet sie UV-Lampe

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