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Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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früheren Leben.
    Als Dell die Hauptstraße erreichte, raste ein Polizeifahrzeug mit gellender Sirene an ihm vorbei und verschwand dann in dem Gewirr von Gebäuden aus Porenbeton. Er fuhr zu dem Bestattungsinstitut und parkte neben dem Hintereingang. Er wollte zu Zondi.
    Der Mann in Overall und Gummistiefeln schrubbte auf allen Vieren mit einer Grasbürste Blut vom Boden. Dell fragte, wo Zondi war. Der Mann gab mit Gesten zu verstehen, dass die Trauergesellschaft gegangen war. Gestikulierte zu den Bergen hin.
    Dell sah ein kleines graues Stück Sunlight-Seife auf dem Boden neben dem Eimer. Er zeigte auf die Seife, dann auf sich. Der Mann nickte. Dell nahm die Seife und verschwand wieder nach draußen.
    Er drehte den Wasserhahn auf und zog den zischenden und sprotzenden Schlauch zu einem Dornbaum hinüber. Er warf den Schlauch über einen Ast, gerade hoch genug, dass Wasser auf ihn niedertröpfeln konnte. Zog sich das Lacoste-Hemd über den Kopf und hängte es an den Ast. Stellte sich unter den Schlauch und wusch sich. Er schrubbte seine Haut ab, aber die schwarze Schuhwichse blieb in den Furchen seiner Arme und Hände kleben, er würde noch tagelang das Gesicht eines Bergarbeiters haben. Er streifte das Hemd über seinen nassen Oberkörper und stellte das Wasser ab.
    Dell ließ den Ford an, und als er losfuhr, sah er kurz sein Spiegelbild in der Windschutzscheibe. Die Haartönung war verblasst, sein graues Haar war wieder durchgekommen. Graue Bartstoppeln. Fast ganz der Alte.
    Auf der Hauptstraße musste Dell anhalten und warten, bis ein Militärkonvoi vorbeigerumpelt war. Eine Kuh stand in einem Abfallhaufen am Straßenrand und wühlte nach Futter. Der Hirte, dürr und gebeugt, schlug auf die Kuh ein. Das Tier ächzte und schlurfte weiter. Sein Euter schwang träge hin und her. Die Hufe der Kuh scharrten durch den Dreck, und Dell sah den Minister von einem alten Plakat grinsen.
    Ein Fahrzeug kam neben Dell zum Stehen. Ein silbernes SUV . Der Fahrer starrte auf Dell herab. Ein weißer Typ, etwa in seinem Alter. Der Chefreporter von Durbans größter Tageszeitung. Er und Dell hatten oft über Politik gestritten, während der endlosen gemeinsamen Pressereisen. Sie hatten sich nie gemocht. Dell sah den Schreck des Wiedererkennens in den Augen des anderen.
    Dell blickte ofrt. Die Fahrzeugkolonne war vorbei, und er fuhr los. Vergewisserte sich mit einem Blick über die Schulter, ob ihm jemand folgte. Der SUV saß ihm im Nacken. Dell bog auf eine Piste ab, die einem Weg zum Friedhof folgte. Er sah durch den Staub zurück. Kein SUV .

Kapitel 82
    Der Prediger nuschelte auf Zulu vor sich hin, wobei die meisten seiner Worte von seinem Bart verschluckt wurden, der wie Stahlwolle in seinem Gesicht wucherte. Zondi hörte sowieso nicht zu, wusste, dass es eine bastardisierte Mischung aus Christentum und traditionellen Glaubensvorstellungen war. Giraffe hatte den Busch-Christen aus irgendeinem Loch geholt, mit seinem abgewetzten Umhang und den schmutzigen Zehen, die aus den Löchern seiner Schuhe ragten.
    Selbst wenn Zondi hätte zuhören wollen, die Predigt wäre doch von der Frau mit dem verkrüppelten Bein übertönt worden, die wie eine gehäutete Katze wehklagte. Sie zog ihre Show ab, seit das Taxi sie am Fuß des Berges abgesetzt hatte.
    Zondi hatte am Grab stehend beobachtet, wie sie sich den Abhang herauf abmühte, dabei ein Bein hinter sich herzog. Schließlich erreichte sie den Kamm mit den zahllosen ungleichen weißen Kreuzen.
    Die Frau sah Zondi an, sah Giraffe an, hörte zu, wie der Prediger zu seinem improvisierten Gott nuschelte, und dann wurden ihre Augen von dem Sarg angezogen, der glänzend wie ein Cadillac am Rande des Grabes stand. Sie stieß ein Heulen aus, das Fledermäuse aus einer Höhle vertrieben hätte, und warf sich auf den Sarg. Schluchzend hämmerte sie mit den Fäusten auf das Holz ein. »Macht diese Kiste auf! Lasst sie mich sehen! Lasst mich das Kind meiner Schwester sehen!«
    Der Prediger verstummte. Giraffe trat einen Schritt vor und packte die Frau unter den Achseln und stellte sie auf die Füße, als wäre sie eine Handpuppe.
    Â»Bitte, Ma. Das ist nicht der richtige Augenblick.«
    Â»Warum durfte ich bei der Totenwache nicht dabei sein? Mein eigenes Fleisch! Mein eigenes Blut!«
    Â»Ma. Bitte.«
    Â»Nach allem, was ich geopfert habe?«
    Das war ihr Eröffnungszug.

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