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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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Eröffnung des Hochverratsprozesses gegen seinen Sohn, hat mitten in der Nacht auch sein Vater einen letzten Brief geschrieben. Es ist ein Brief, der ohne Anrede beginnt. Den Sohn hat dieser Brief nicht mehr erreicht.
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    Das Schicksal hat es mir nicht vergönnt, mit der Waffe in der Hand in Ehren vor dem Feind zu fallen. So mag nun die Waffe, die mich aus dem ersten Weltkrieg heimbrachte und die mich auch in diesem Krieg begleitet hat, meinem Leben ein Ende bereiten.
    Vielleicht hilft mein Tod mit, daß unser Volk sich endlich auf seine tiefsten und edelsten Kräfte und Werte besinnt und danach handelt.
    Lieber Benno! Lebe wohl, wenn Du noch lebst. Solltest Du einmal in die Heimat zurückkehren, so bleibe Dir selbst treu und wage und kämpfe für Deine ewigen Ideale.
    Lieber Friedrich Karl – wenn Du doch eine Kugel gefunden hättest – stirb als Mann.
    Lieber Otto! Ich hoffe, daß Du als Soldat kämpfen und vielleicht für Dein Vaterland fallen darfst. Solltest Du den Krieg überstehen, so hege den deutschen Wald und schaffe für Deine Ideen.
    Liebe Mathilde – liebe Marie-Sibylle! Tragt als Frauen auch das Schwerste, lebt und dient deutschen Menschen und damit dem Ewigen.
    Bringt diese Zeilen zum Staatsminister K.H. Frank und erbittet sie für späterhin für Euch zurück.
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    Vater
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    Es lebe Deutschland – es lebe der deutsche Geist, es lebe der deutsche Soldat!
    Es lebe die SA . – Es lebe der Führer!
    Â 
    Friedrich Klausing
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    Es wird nicht viele Abschiedsbriefe von solcher Monstrosität geben, in denen ein Vater seinen gehorsamen Söhnen den Tod fürs Vaterland, seinem verlorenen Sohn aber die Selbstmord- oder Feindeskugel wünscht, während er seiner Frau und seiner Tochter den »Dienst an deutschen Menschen« anempfiehlt.
    Es liegt auf der Hand, dass der Sohn Friedrich Karl Klausing für einen solchen Wertekanon seines Elternhauses kaum einen anderen Abschiedsbrief schreiben konnte als den, den er geschrieben hat: »Vielleicht ist es eine Beruhigung zu sagen, daß ich ja längst schon irgendwo im Felde hätte bleiben können. Das war mir nicht vergönnt. So laßt es damit zu Ende sein.« Für sich selbst stand er bis zuletzt zu seiner Tat. Mit dem Einblick in seine eigenen Zweifel an der letzten Entschlossenheit einiger Beteiligter und dem Angebot seiner eigenen Auslöschung aus den Annalen der Familie wollte er seiner Mutter und vor allem seinem Vater die Chance eröffnen, ihn und seine Tat zu verleugnen. Er stellte es ihnen frei, ihn – nach archaischen Regeln – aus der Familie zu verstoßen, um selbst damit der Rache und der Sippenhaft zu entgehen.
    Doch auch hinter dem unfassbaren Brief des Vaters verbirgt sich eine Geschichte von großer Grausamkeit anderer Art. Als der Rektor Professor Klausing in Prag am 26. Juli bei einer Hausdurchsuchung die für ihn so erschütternde Nachricht erhält, dass sein Sohn zu den engsten Verschwörern des 20. Juli gehört, weiß er – schon aufgrund seiner Alltagserfahrungen mit dem Besatzungsregime in Prag –, was das nun für ihn selbst und seine Familie an Konsequenzen nach sich ziehen würde.
    Am selben Tag schreibt er einen Brief an Staatsminister Frank:
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    Wie ich heute höre, soll mein zweiter Sohn … wegen Beteiligung oder Verdacht einer Beteiligung an dem verbrecherischen Anschlag auf den Führer in Haft genommen worden sein. Worin die Beteiligung bestanden hat oder bestanden haben könnte, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber schon die bloße Tatsache eines Verdachts macht es mir als Vater unmöglich, das Amt eines Rektors der Deutschen Karls-Universität weiterzuführen und meine Tätigkeit als Hochschullehrer auszuüben, solange nicht die völlige Unschuld meines Sohnes erwiesen ist. 3
    Â 
    Klausings Demission wird von Frank am 2. August angenommen. Er empfiehlt, dem hochverdienten Rektor die Chance zu geben, »das zu sühnen, was sein zweiter Sohn verbrochen hat«. 4 Am 5. August erscheint in der tschechischen Tagespresse die Namensliste der bis dahin bekannten Verschwörer des 20. Juli, darunter der Name seines Sohnes Friedrich Karl. Die Demission des Rektors ist nun nicht mehr im Stillen zu vollziehen, sondern wird zum öffentlich diskutierten Fall. Im Kreis der NS -Gaudozenten und der SA in Prag beginnt eine hektische Tätigkeit. Klausing wird vollends zum Getriebenen,

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