Stauffenbergs Gefaehrten
moralische Kraft hatte, so etwas anzupacken. In meiner Generation war Axel von dem Bussche für uns prägend. Klausing war zu bescheiden, aber er war etwas Besonderes.
Sie haben einmal bei einem Treffen gesagt, Sie hätten das Wesen von Klausing ganz genau vor Augen.
Das stimmt auch.
Wie war Klausing?
Klausing war durch seine Zurückhaltung und seine wenigen, aber klugen Anmerkungen der Stillste, am wenigsten die Aufmerksamkeit auf sich Ziehende in unserem engeren Kreis, ein besonders gewinnender Charakter. Er war im höchsten MaÃe vertrauenswürdig, gar keine Frage. Nach einer Verwundung ist er verschwunden und nie wieder zu uns zurückgekommen. Dass er später bei Stauffenberg gelandet war, könnte auf Schulenburg zurückgehen. Ich nehme das an, genau wissen tue ich das nicht. Ich habe übrigens Schulenburg im Frühsommer 1944 bei einem Urlaub zufällig in Potsdam getroffen. Da hat er mir lediglich gesagt, es gehe jetzt mit »den Plänen« voran und es könne sein, dass dann Anforderungen an Truppenteile gestellt werden, die ihnen in Berlin helfen sollten, darunter auch das I.R. 9 in Potsdam. Damals wusste ich nicht, dass Klausing schon bei Stauffenberg war. Schulenburg war in solchen Fragen eher verschwiegen.
War Klausing beliebt, trotz seiner Zurückhaltung?
Ich kann nur sagen, Axel und ich waren von ihm beeindruckt. Er hat unseren Gesprächen meist schweigend zugehört. Das entsprach wohl seinem Wesen.
War er schwermütig?
Das nicht. Aber auf seine Weise war er verzweifelt â angesichts des letzten Endes doch unverständlichen Krieges und der unsinnigen Befehle. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Im Dezember 1941 standen wir kurz vor Moskau, und weil es tiefer Winter war, funktionierte das Ãl für die Maschinengewehre nicht mehr. Im Frühjahr 1942 hielt der Reichspressechef Hitlers, Otto Dietrich, eine Ansprache, in der der Halbsatz zu hören war, »als uns im Dezember 1941 kurz vor Moskau der Winter überraschte«. Der Winter überraschte!! Im Dezember!! Da hatten wir wirklich das Bedürfnis, diesen Dietrich umgehend nach Moskau zu schicken. Später war ich auch bei der Blockade von Leningrad eingesetzt. Dieser ständige Ablauf eines Krieges hat uns belastet, und jedes Mal, wenn von hinten ein neuer Befehl kam, wurde wieder die Frage aufgeworfen: Wieso soll man das überhaupt ausführen?
Klausing hat Stauffenberg zweimal, am 11. und 15. Juli 1944, zu Attentatsversuchen als Ordonnanzoffizier begleitet, Stauffenberg muss ihm also sehr vertraut und sich ganz auf ihn verlassen haben. Ãberrascht Sie das?
Nein. Das kann ich mir gut vorstellen. Dafür war Klausing wie geschaffen vom lieben Gott. Das kann man nicht anders sagen.
Wussten Sie, dass Klausing einen überzeugten Nazi-Vater hatte?
Nein, von seiner ganzen Herkunft hatte ich keinen Schimmer. Er machte es nicht zum Thema, so fragten wir auch nicht nach. Wir waren etwa gleich alt, lernten uns aber erst an der Front kennen. Ich stand persönlich natürlich Axel von dem Bussche besonders nahe, weil wir uns aus früheren Zeiten, schon vor dem Krieg, kannten. Axel war sehr forsch und mutig, ja tapfer.
Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit, als er das Attentat plante?
Die Anforderung per Fernsch reiben, Axel von dem Bussche abzukommandieren, ging an das Regiment und landete bei mir. Später, nach dem 20. Juli, war dieser Schein wieder ein brisantes Thema. Wir hatten einen NSFO [Nationalsozialistischer Führungsoffizier], der für die »politische Reinheit« in der Truppe sorgen sollte. Der kam nach dem 20. Juli zu mir und fragte: »Können Sie sich noch an ein Fernschreiben erinnern, das von einem Stauffenberg kam und in dem Axel von dem Bussche von ihm angefordert worden war?«
Er war vom Volksgerichtshof einbestellt, um darüber auszusagen. Ich hatte ja generell im Falle einer Abwesenheit von der Truppe die Papiere auszufertigen und hatte das auch für Axel getan. Gegenüber dem NSFO habe ich angegeben, ich könnte mich nicht so genau erinnern. Er ist dann auch vorgeladen worden, aber es kam nie eine Nachfrage mehr zu dieser Sache. Darüber habe ich mich sehr gewundert â und war vor allem sehr erleichtert.
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Diese zweite Anforderung Bussches durch Stauffenberg erfolgte Ende Januar 1944 telefonisch und fernschriftlich. Bussche bekam aber diesmal nicht frei von seinem Divisionskommandeur, der nicht einsah, einen seiner besten
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