Stauffenbergs Gefaehrten
Vaters, der Jurist war, aber auch preuÃischer Monarchist und ein stark christlich geprägter Konservativer. Er ist 1938 im Auftrag der Verschwörergruppe um den damaligen Generalstabschef des Heeres Ludwig Beck nach England gefahren, um Unterstützung für die Anti-Hitler-Bewegung zu bekommen?
Wir haben darüber gesprochen. Aber was sollte England denn machen, wenn da ein Privatmann hinkommt? Es war klar, dass London deswegen nicht seine auÃenpolitische Haltung ändern wird. Aber es war immerhin ein Versuch, das muss man anerkennen.
Bei der Beurteilung des Widerstands vom 20. Juli fällt auf, dass er bei aller Kenntnis der Hintergründe und Personen auch heute noch nicht eindeutig positiv gesehen wird.
Das Problem bei der historischen Betrachtung der damaligen Zeit ist ein gewisses Schwarz-WeiÃ-Denken. Alle Menschen jener Zeit gelten entweder als kleine Lichter oder als groÃe Verbrecher. Natürlich waren viele Menschen auch fröhlich unter Hitler, zumindest bis zum Beginn des Krieges 1939. Und sie waren von Hitler angetan. Das machte es dem Widerstand ja so schwer. Andererseits gab es selbst im NS -Apparat bis zum Schluss anständige Menschen. Ein Kriminalrat, der bei meinen Verhören anwesend war, hat mir sogar geholfen. Wenn ich nach Personen und Orten gefragt wurde und manchmal mit der Antwort zögerte, hat er unmerklich mit dem Kopf genickt oder ein winziges Zeichen der Ablehnung gemacht. Er hat mir damit indirekt Signale für die Antwort gegeben, so sind mir unangenehme Nachfragen erspart geblieben.
Auch der Widerstand hatte einen MaÃstab, nach dem er die Menschen klar einteilte, wenn er mit ihnen verkehrte. Da gab es die Nazis und die Anti-Nazis. Und Anti-Nazis gab es sehr wenige. Wir hatten und suchten keinen Zugang zu den Nazis und schon gar nicht zum Kreis um Hitler. Weil man mit denen nichts zu tun haben wollte. Deshalb waren wir auch gar nicht immer auf dem richtigen Dampfer. Uns fehlte der Zugang zu wichtigen Informationen. Unsere Kenntnisse und Vorstellungen, was da wirklich los war, waren sehr begrenzt. Was die Nazis machten, wer von denen was dachte, wussten wir im Widerstand eigentlich nicht.
Wer hat Sie von den Mitstreitern am meisten beeindruckt?
Da gibt es einige. Den Tegeler Gefängnispfarrer Harald Poelchau. Das war ein groÃartiger Mann. Ich kannte ihn aus dem Gefängnis. Da kam er eines Abends in meine Zelle und fragte mich, ob ich evangelisch oder katholisch sei. Wir haben uns unterhalten. Ich habe läppisch so getan, als ob alles in Ordnung sei mit mir, weil ich ihn nicht einschätzen konnte. Dann sagte er plötzlich ganz offen: »Nein, nein! So geht das nicht. Alle, die hier sind, müssen sich darauf einstellen, dass sie über die Klinge springen müssen.« Ich dachte: Na das ist ja ein netter Vertreter des lieben Gottes. Der hat ja gleich die richtige Tröstung parat. Am nächsten Tag habe ich das anderen erzählt, da sagte man mir: »Der Poelchau ist in Ordnung, der gehört zu uns.«
Schulenburg war einer der wichtigsten Mitstreiter. Neben Stauffenberg und Tresckow. Es gibt kaum einen, der so entschlossen, klar und klug war wie Tresckow. Schulenburg gehört dazu, war aber ganz anders.
Die Leute um Goerdeler, Moltke oder die Leute vom Auswärtigen Amt waren sicherlich wichtig für den Widerstand â aber sie bewegten sich doch auf sehr theoretischem Gebiet, und einige wollten nicht die Tat, das Attentat.
Warum war Schulenburg so wichtig?
Es gibt Menschen, die sind ausgesprochen edel. Und haben wunderbare Ideen und sind groÃe Idealisten, sind aber auch auf eine Art sehr unrealistisch. Dann gibt es die kalten Macher, die wenig ethische Motivationen, sondern nur das Ergebnis im Sinn haben und kühl oder nüchtern sind. Und dann gibt es ganz selten eine Mischung von beidem, Menschen, die ausgewogen sind. So war Fritz, er war ein Mensch, der sich in Machtfragen auskannte, der die Macht beherrschen konnte, der in Machtkategorien dachte, mit den Beinen auf dem Boden. Aber wiederum war er auch ein glühender Idealist, der mehrfach angeboten hatte, Hitler selbst umzubringen. Aber er kam einfach nicht in dessen Nähe.
Sie beide haben im Mai 1944 einen Prozess am Volksgerichtshof besucht. Was hat Sie dazu bewogen?
Es diente der Vorbereitung. Wir haben das getan, um zu sehen, was uns blühen könnte. Ich wohnte mit Schulenburg zusammen, und er sagte eines Tages zu mir: »Lass uns doch mal
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