Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
Vom Netzwerk:
Kerl. Ich kam einmal in ein kleines Zimmer rein. Da stand zum Fenster, an die Heizung gelehnt, dieser kleine Kerl. Er strahlte irgendwie in dieser Hektik Ruhe aus. Nachher, als alles drunter und drüber ging, wollte er mit der Pistole schießen, konnte die aber nicht entsichern.
    Hatten Sie denn eine Pistole?
    Ich hatte drei.
    Haben Sie geschossen?
    Nein.
    Hat Klausing geschossen?
    Das weiß ich nicht. Ich war nicht im Bendlerblock, als das Ende kam.
    Wo waren Sie?
    Ich sollte Truppen besorgen, nachdem das Wachregiment abgezogen worden war. Deshalb war ich auf der Stadt-Kommandantur. Dann bin ich durch den Tiergarten zurück und hörte es knallen wie von einer Schießerei. Da wurde ich vorsichtig. Dann erinnerte ich mich, dass ich selbst zuvor jemanden zurückgehalten hatte, der aus dem Bendlerblock verschwinden wollte. Da habe ich gedacht, wenn du andere zurückhältst, kannst du selber nicht verschwinden, bevor du nicht wirklich weißt, dass alles zu Ende ist. Also bin ich reingegangen, doch da standen Wachen, und ich wurde sofort verhaftet. Kommandeur war Otto Skorzeny.
    Wohin wären Sie denn geflohen?
    Ich hatte mir eine Blankofahrkarte besorgt, die zum Reisen für alle Züge berechtigte, und ich hatte mir eine deutsche Truppe ausgesucht, die an der norwegisch-schwedischen Grenze lag. Und dann wäre ich ins neutrale Schweden gegangen.
    Wohin sind Sie nach der Verhaftung gebracht worden?
    In die Prinz-Albrecht-Straße.
    Wie sind Sie behandelt worden?
    Schlecht. Ich wurde vernommen, wie man sich das vorstellt. Mit Scheinwerfer und Brüllerei. Man schwitzt ganz schön, kann das aber aushalten. In der Zelle musste ich dann die Stiefel ausziehen und ununterbrochen stehen.
    Haben Sie damit gerechnet, dass Sie lebend in der Prinz-Albrecht-Straße ankommen?
    Nein, und ich geniere mich heute sogar etwas, dass ich bei der Einfahrt ins Gefängnis an die Göttliche Komödie dachte. Da steht über dem Tor zur Hölle: »Lasst, die ihr hier eingeht, alle Hoffnung fahren.« Mir fiel das wirklich ein, und ich dachte, das ist ja ganz schön, dass ich, bevor ich sterbe, an so etwas denke. Ist das nicht etwas eitel?
    Nein, gar nicht. Warum soll das eitel sein? Sie waren mit 22 Jahren der jüngste der Beteiligten am Staatsstreich. Ältere Teilnehmer wie Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin haben sich Sorgen um Sie gemacht.
    Ja, das stimmt. Wir wurden ins KZ Ravensbrück gebracht. Mit einem Lkw, fünf Personen. Oberstleutnant Fritz von der Lancken. Dann waren da ein Rittmeister, den ich nicht kannte, dann Peter Yorck von Wartenburg, Schwerin und ich. Im KZ wurden wir wieder vernommen, am nächsten Tag kam ein Gestapo-Mann und fragte mich: »Sie sind doch sehr befreundet mit dem Schwerin?« Ich sagte: »Nein.« Er meinte: »Ich glaube doch, denn Schwerin hat sich nach Ihnen erkundigt, wie es Ihnen geht.« Er war hier viel anständiger als ich, das muss ich sagen. Wir hatten später auch eine Gegenüberstellung. Da hat er sich ähnlich anständig benommen.
    Wie sind Sie zum Widerstand gekommen? Gab es einen Anlass, eine Person?
    Bei mir waren es das Elternhaus, mein Vater, meine Großeltern, und natürlich mein Regiment und dort besonders Fritz von Schulenburg. Der war im Prinzip mein Mentor. Mein Vater war sehr emotional, wie viele in der Anti- NS -Bewegung. Das war eigentlich unvernünftig und wenig zielführend. Man beschimpfte offen die Generalität, aber entscheidend war nur die oberste Heeresführung. Man hat abschätzig über den »Gefreiten aus Braunau« gesprochen, den »Pinselquäler«. Das hatte so etwas Ungefährliches. Ich war da schon in jungem Alter sehr realistisch. Mir war klar, eine solche Diktatur kann man nicht mit solchen Sprüchen bekämpfen. Man muss überlegen, wie man das System abschaffen kann – im Zimmer zu sitzen und zu klagen, wie schrecklich Hitler ist, hilft da nicht weiter. Das muss man auch verstehen. Die Leute waren sehr verzweifelt und konnten im Prinzip mit ihren Mitteln auch nichts machen. Macht muss man haben, um so etwas stürzen zu können! In einer Diktatur zählt nur die Macht. Der Kern ist, so viel Macht in die Hand zu bekommen, um die Macht tatsächlich übernehmen zu können. Und diese Diktatur, das muss man zugeben, funktionierte lange fabelhaft, ein erstklassiges System! Und das zu beseitigen war wirklich unsagbar schwer.
    Das zeigten die Aktivitäten Ihres

Weitere Kostenlose Bücher