Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
viele. Was für tapfere Jungs. Ja, alles sehr tragisch …«
Jennings’ Blick fiel auf den Tisch, an dem Steel saß. Als er den Ausdruck von Abscheu in der Miene des Lieutenants sah und erkannte, dass sich hier eine Gelegenheit ergeben könnte, rief er durch die halbe Schankstube: »Ah, Mr. Steel. Euch hatte ich ganz vergessen. Ich bin gerade dabei, diese jungen Herren über den Fortgang unseres letzten Gefechts aufzuklären. Gentlemen, Mr. Steel war ebenfalls auf der Anhöhe des Schellenberges … Obwohl ich nicht genau zu sagen vermag, wo er sich an dem Kampf beteiligt hat. Vielleicht könntet Ihr uns da ein wenig aufklären, Mr. Steel. Wart Ihr bei den Pionieren oder eher beim Tross?«
Steel schwieg.
Jennings grinste und nahm einen Schluck von dem Moselwein. »Ein guter Wein, was denkt Ihr, Steel? Aber vielleicht interessiert Euch das nicht. Ihr bevorzugt wahrscheinlich etwas Kräftigeres. Eine Flasche des rheinischen Rachenputzers womöglich? Oder ein Schluck dickflüssiges Bier? Ich selbst habe diesen Wein aus dem Keller des französischen Kommandanten befreit. Ihr seid auf ein Glas willkommen, Steel. Aber nicht dass Ihr Euch verpflichtet fühlt. Denn ich denke, dass Ihr nicht in der Lage seid, Euch für meine Gastfreundschaft zu revanchieren.«
Das war zu viel.
»Ich weiß nicht, ob ich Euch richtig verstanden habe, Sir.«
»Gewiss habt Ihr mich verstanden, Sir. Habt Ihr vergessen, dass ich Generaladjutant des Regiments bin? In dieser Funktion habe ich Einblick in alle Rechnungsbücher der Kompanien, und solange Ihr die Angelegenheit nicht bereinigt, Mr. Steel, bleibt die Messerechnung für den letzten Monat offen. Und wenn ich mich recht erinnere, habt Ihr die Rechnung für den Monat davor auch nicht beglichen. Habe ich recht?«
Zwei der jungen Offiziere lachten kurz auf, hielten plötzlich inne und merkten, dass sie vielleicht zu weit gegangen waren und dass dies keine lustige Angelegenheit mehr war. Stille breitete sich aus.
Jennings hüstelte und fuhr fort: »Solltet Ihr in … äh, Schwierigkeiten sein, wäre ich gern bereit, Euch mit einer kleinen Summe auszuhelfen. Bei entsprechender Gegenleistung, versteht sich.« Die Augen zu Schlitzen verengt, setzte er ein schiefes Lächeln auf und blickte Steel herausfordernd an. Genüsslich nippte er an dem Weinglas.
Steel versteifte sich vor Zorn. Hansam, der den Wortwechsel verfolgt hatte, schloss die Augen und war schließlich überrascht, wie ruhig sein Freund antwortete.
»Ich bin auf Eure Hilfe nicht angewiesen, Major Jennings. Denn wie ich hörte, werde ich meinen Anteil an der Prämie erhalten, da ich bei dem Sturmangriff dabei war. Und gewiss werdet auch Ihr von diesem Einsatz profitieren. Oder gehe ich womöglich recht in der Annahme, dass Ihr Euch gar nicht an dem Kampfgeschehen beteiligt habt?«
Die jungen Offiziere gaben Laute des Erstaunens von sich. Jennings lief im Gesicht rot an, wobei nicht klar war, ob er nun aus Verlegenheit oder eher aus Zorn errötete.
»Wie könnt Ihr es wagen, Sir. Ihr unterstellt mir, dass ich ein Lügner bin. Und nicht nur das, denn Ihr stellt mich als heuchlerischen Feigling dar. Gebt Acht, Mann, Ihr zieht den Ruf eines Gentleman in den Dreck. Aber da ich ein vernünftiger Kerl bin, erlaube ich Euch, Eure Anschuldigung zurückzunehmen. Denn sonst habt Ihr die Folgen zu tragen.«
Steel war aufgesprungen und hatte den Tisch umgestoßen. Eine Weinflasche und zwei Krüge fielen zu Boden und zersprangen. Das Schankmädchen flüchtete sich in die Küche, während die jungen Offiziere sich nach und nach vom Zentrum des Streits zurückzogen.
»Ihr werdet diese Bemerkung zurücknehmen, Sir«, sagte Steel mit Nachdruck.
»Das werde ich nicht tun, Mr. Steel.«
»Ihr werdet diese Bemerkung zurücknehmen, Major Jennings, und Euch für die Verunglimpfung meiner Person entschuldigen, oder Ihr bezahlt diese Unverschämtheit mit Eurem Leben. Obwohl es kein fairer Kampf wäre, aber Ihr würdet mir immerhin zu ein wenig körperlicher Ertüchtigung verhelfen. Vorausgesetzt Ihr habt den Mut, Euch einem Kampf zu stellen. Denn das bezweifle ich.«
Hansam trat an seinen Freund heran und sagte leise: »Jack, denk dran, das Duellieren verstößt gegen das Gesetz. Du kommst vors Kriegsgericht.«
In der vom Tabaksqualm verräucherten Schankstube waren inzwischen auch die Gespräche der übrigen Offiziere verstummt. Doch wer die beiden Männer kannte, war nicht überrascht, dass es zum Streit gekommen war. Viele wussten, dass
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