Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
Säbel die Schusswaffe aus der Hand schlug und den Mann am Unterarm verletzte.
Lärm von weiter rechts und von hinten lenkte ihn ab. Einen Moment lang befürchtete er, dort rückten noch mehr Franzosen an, aber der französische Offizier – Claude Malbec – hatte den Lärm ebenfalls gehört. Während Steel den Hals reckte, um besser sehen zu können, fiel Malbecs Blick auf die Scharen rot uniformierter Infanteristen, die auf den Dorfplatz strömten.
Der französische Offizier erkannte sofort, dass es Zeit war, sich zurückzuziehen, auch wenn er das Duell mit dem hochgewachsenen britischen Offizier genossen hätte. Als Steel sich wieder dem Gegner zuwandte, war dieser verschwunden. Doch der große Grenadier stach erneut mit dem Bajonett nach Steel. Diesmal jedoch wurde ihm seine Körpergröße zum Verhängnis. Denn er beugte sich zu weit vor und vernachlässigte seine Defensive. Steel stieß schnell und hart zu, traf den Gegner unterhalb des Kinns und trieb ihm die Klinge durch den Hals. Der Franzose sackte zu Boden. Das Blut quoll ihm aus dem Mund. Steel zog die klebrige Klinge zurück.
Inzwischen wimmelte es nur so von rot uniformierten Soldaten. Niederländer allesamt, die über andere Straßen zum Dorfplatz gelangt waren, um den Angriff zu verstärken. Steel sah, dass es keine Leute von Cutts waren, sondern Truppen aus dem mittleren Frontabschnitt. Und das konnte nur eins bedeuten: Marlborough hatte den Sieg davongetragen. Steel wusste, dass das Dorf ihnen bald größtenteils gehörte, wenn sie nur entschlossen genug vorwärtsdrängten. Vielleicht könnten sie eine Kapitulation erzwingen. Mochte der französische Offizier ihm auch entwischt sein, im Augenblick hatte Steel ein weitaus wichtigeres Anliegen.
Außer Atem wandte er sich an Williams und deutete nach links. »Tom, nehmt den Zug und durchsucht alle Häuser entlang dieser Straße. Ich möchte, dass Ihr möglichst viele Offiziere lebend fangt, wer immer dort steckt. Aber seid wachsam. Wenn sie sich verdächtig aufführen, dann tötet Ihr sie. Lasst sie nicht frei herumlaufen.«
Er war sicher, dass er irgendwo hier auf Jennings stoßen würde, und hatte nicht die Absicht, ihn erneut entwischen zu lassen.
***
In einer Straße ganz am westlichen Rand des Dorfes stand ein Haus, in dem es sich Aubrey Jennings in einer kleinen Stube im oberen Stockwerk bequem gemacht hatte. Er schenkte sich Cognac nach, den ihm sein neuer Sergeant namens Saunders besorgt hatte. Der Major hatte den Mann an der Treppe positioniert und wartete auf das Ende der Kämpfe. Der Sergeant schien ein vernünftiger Bursche zu sein. Vielleicht, so dachte Jennings, nehme ich diesen jämmerlichen Abtrünnigen in mein Regiment auf. Er sah sich schon in London und malte sich aus, wie eine dankbare Nation ihn mit all den militärischen Ehren empfing, die ihm für seine Leistung zustanden. Ja, sie würden ihn in den Rang eines Colonels erheben. Dieser Saunders könnte dann einen passablen Sergeant-Major abgeben.
Der Angriff der Alliierten hatte ihn letzten Endes überrascht. Aber noch kein Grund für Jennings, beunruhigt zu sein. Denn was wollten Cutts’ zwölftausend Mann – falls überhaupt noch so viele übrig waren – schon ausrichten gegen doppelt so viele Franzosen in diesen gut befestigten Stellungen? In den anderen Abschnitten der Front würde Tallard die Oberhand behalten.
Jennings hatte sich gerade selber zugeprostet, als die Tür aufging und Sergeant Saunders hereinkam.
»Major. Ihr solltet besser mitkommen und Euch das anschauen. Es sieht gar nicht gut dort drüben aus. Schätze, die Franzosen müssen weichen.«
»Warum so unruhig, Sergeant? Ihr irrt Euch sicher.«
»Nein, da gibt’s kein Vertun, Sir. Die rennen wie die Hasen über die Felder davon. Und wie’s aussieht, sind wir umzingelt. Überall verdammte Rotröcke. Was sollen wir tun, Sir?«
Jennings dachte einen Moment nach. Dann stand er auf, richtete seinen Uniformrock und den Degen und griff nach den zwei wunderschön mit Silbereinlagen verzierten Pistolen, die er früher am Tag einem toten französischen Dragoner abgenommen hatte. Eine Pistole steckte er in seinen Gürtel, die andere Waffe behielt er in der Hand und spannte den Hahn. »Sergeant, Ihr wisst, dass es Augenblicke gibt, in denen allein ein Offizier den Überblick behält. Die Lösung ist sehr einfach.«
Der Sergeant lächelte und glaubte wieder daran, dass es stets richtig gewesen war, den höheren Offizieren zu vertrauen. Dann aber wich das
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