Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
geschoben, und die meisten Offiziere begaben sich auf die Straße, wenn sie nicht schon längst gegangen waren, bis schließlich nur noch eine kleine Gruppe unentschlossener Jungoffiziere blieb. Die Bediensteten der Schänke hatten sich längst hinter den Ausschank zurückgezogen.
Dann wurde die Stille jäh durchbrochen, als der scharfe Klang von Metall auf Metall ertönte, da Jennings’ Klinge die von Steel kreuzte.
Steel befreite seine Klinge, stieß Jennings’ Degen mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk zur Seite und führte einen Vorstoß in die Mitte aus, um seinen Gegner zu verunsichern. Doch Jennings hatte die Bewegung vorausgeahnt, machte einen Ausfallschritt, kehrte dann zurück in die en garde -Position und richtete die Spitze der Klinge direkt auf Steels Flanke. Er hätte in diesem Augenblick zustoßen können. Dass er es nicht tat, zeigte Steel, dass Jennings nur mit ihm spielte.
»Ach, kommt, Steel«, rief der Major, »das war zur Schau. Einen solchen Stoß hätte ich nur bei einem Schurken angewendet. Habt Ihr mir nichts Besseres zu bieten?«
Steel hob den Arm in die tierce -Position, sodass seine Klinge direkt auf Jennings wies, wodurch er den eigenen Körper ungeschützt ließ. Jennings parierte, machte einen Vorstoß und verfehlte Steels Bauch nur um wenige Zentimeter. Beiden Männern lief der Schweiß von der Stirn. Nun wichen sie jeweils einen halben Schritt zurück und suchten ihr Gleichgewicht. Lauernd umkreisten sie sich und kreuzten die Klingen erneut, ohne den anderen zu treffen. Steels Degen unterschied sich auffallend von dem leichteren, herkömmlichen Infanteriedegen, den Jennings führte. Mochte dessen Waffe auch leichter sein, Jennings machte diesen Mangel mit Schnelligkeit wett. Unterdessen hatte Steel aus der sicheren en garde -Position einen Vorstoß unternommen, doch sein Gegner wich mit einem eleganten Schritt aus und ritzte den Lieutenant mit der Klingenspitze am Ärmel, dass der Stoff zerriss. Binnen Sekunden bildete sich ein rotes Rinnsal und besudelte den weißen Stoff.
»Ein Treffer für Major Jennings. Erste Wunde. Nur weiter, Gentlemen.«
Steel, der nicht auf die Wunde an seinem Arm achtete, aber den Schmerz spürte, hielt die Klinge vom Körper entfernt – die Spitze zur Decke gerichtet. Wenn Jennings doch nur einen Fehler machte, ging es ihm durch den Kopf. Dann habe ich ihn. Steel wusste, wie schnell und mit welcher Wucht seine schwere Klinge niedersausen konnte. Wäre Jennings nur einen kurzen Augenblick unaufmerksam, würde Steel ihm den Unterarm abtrennen und die ganze Sache hinter sich bringen. Aber er kam nicht durch die Deckung. Der Mann war einfach zu gut. Mochte Jennings ein eitler Prahlhans sein und obendrein ein Feigling, aber mit der Klinge konnte er umgehen … in diesem Punkt hatte er nicht gelogen.
Steel wich ein wenig nach rechts aus und forderte damit seinen Gegner auf, es ihm gleichzutun, bis die beiden sich wieder langsam umkreisten.
Jetzt, dachte Steel. Ich muss den noch so kleinsten Vorteil ausnutzen …
Ein Ausfallschritt nach links, und alles wäre vorüber. Er bereitete sich geistig auf seinen Vorstoß vor. Verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere. Jetzt, verdammt. Der Moment ist da. In der Luft schien ein Knistern zu liegen. Er durfte nicht mehr warten. Doch ehe Steel zustechen konnte, riss jemand von außen die Tavernentür auf, die mit einem lauten Knall gegen die Wand flog.
Dieser unerwartete Lärm brach den Bann. Steel und Jennings hielten abrupt in ihrem Todestanz inne, standen wie angewurzelt da und drehten die Köpfe zur Tür. Ihnen blieb keine Möglichkeit, das Duell fortzusetzen, da in diesem Moment ein Dutzend Rotröcke, bewaffnet mit Musketen, in die Schänke strömte. Während zwei der Soldaten ihre Bajonette auf die Duellanten richteten, stellten die übrigen Männer sich in zwei Reihen gegenüber auf und bildeten dadurch eine Art Gasse, die eine weitere Gestalt entlangschritt. Ein Colonel, ein Mann Ende vierzig, in einem maßgeschneiderten dunkelblauen Uniformrock mit Besatz aus roter und goldener Seide, trat in die Mitte des Schankraums. Ein Colonel des Britischen Generalstabs, wie Steel sofort erkannte.
Demonstrativ stellte der Mann sich vor Steel und Jennings und setzte eine sehr ernste Miene auf.
Hansam schob sich geschickt zwischen den Colonel und die beiden Kontrahenten, um zumindest Steel vor den Blicken des Offiziers zu schützen.
»Einen guten Tag, Sir. Darf ich mich vorstellen: Lieutenant
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