Stefan Zweig - Gesammelte Werke
wunderbaren
Bekränzten Frauen, die an süßen Brüsten
Die letzte Sehnsucht sie vergessen lehrten.
Und als das linde Band der Rosenmauer
Sehnsucht und Seligkeit in sich vermählte,
Der Wollust Fackel purpurn aufgeglutet
Und wilde Wellen fremder Jubelschauer
Wie höhnend in die Einsamkeit geblutet,
Die sacht sein Herz zu neuer Inbrunst stählte,
Da schritt er abseits in verhüllter Trauer,
Und ruhte, wo mit wehmutsdunklen Zweigen
Zypressen träumten und die Sykomoren
Sich finster ballten, wie verstrickte Hände.
Tieftraurig sang der Wind auf fernen Geigen,
Und traurig sprach er sich sein Lied zu Ende:
»Was er besaß, das war ihm schon verloren,
Und nur, was er ersehnte, noch sein eigen.«
Sanft blühte aus der Nacht das Unbegrenzte,
Die letzte Lust, die noch sein Sinn begehrte.
Die Ferne funkelte mit zitternden Rubinen…
Und als der Himmel sich mit Sternen kränzte,
Die ihm wie Kronen kühner Taten schienen,
Da schritt er einsam mit dem blanken Schwerte
Zum Strande, wo ein Tempel silbern glänzte,
Und ließ auf den verlassenen Altären
Die goldnen Spangen, die ihm nutzlos deuchten.
Noch einmal fing sein Blick die dunkle Runde:
Dann stieß sein Ruder trotzig von den Schären
Das Boot ins Meer. – Auf seinem blassen Munde
Stand Schweigen. Doch die Stirne trug das Leuchten
Der Gottversucher, die nicht wiederkehren…
Landschaft
Nacht. – Die schlummernden Saaten hauchen
Heißen sinnbetäubenden Duft,
Dünste steigen in silbernen Rauchen
Aus der schwülen stockenden Luft.
Fernher droht ein Gewitterleuchten
Über dem dunkelnden Horizont.
Wolken umkreisen gleich aufgescheuchten
Vögeln den gelblich glimmenden Mond.
Und die Donner grollen mit schweren
Rufen in das harrende Land.
Über die reifen rauschenden Ähren
Streift es wie eine schweigende Hand…
Winter
Zu Gott, hoch über dem wandernden Wind
Flehen die Äste mit frierenden Armen:
Erbarmen! Erbarmen!
O sieh, wir waren schon frühlingsbereit,
Nun sind
Wir wieder in weißer Wehmut verschneit,
Und ist doch schon Blühen in unserm Blut.
O schenk uns den warmen
Lenzatem deiner urewigen Glut
Und scheuche den scharfen schneidenden Schnee
Von unseren Blüten. Er tut
Ihnen weh…
Biblische Ballade
»Und ein Feuer fuhr nieder vom Herrn und
verzehrte die zweihundertfünfzig Mann.«
Der Abend kam durchs Sternentor der Welten
Und stillte der Empörer lauten Groll.
Wie Todesschatten lag auf ihren Zelten
Das Schweigen bange und erwartungsvoll.
Jäh unter sie war eine Angst getreten,
Und auf die Lippen, noch von Flüchen schwer,
Klomm blaß ein erstes Lallen von Gebeten –
Da zog schon fern ein dumpfes Rauschen her.
Ein Blitz fuhr auf… Die Nacht ward steil zerbrochen,
Ein Feuerstrom sank aus der starren Wand
Und mitleidslos, wie es sein Wort versprochen,
Schlug alle Frevler Gottes starke Hand.
Mit Dunkel füllte sich die Himmelsschale,
In Wolkenflut ertrank des Mondes Horn,
Jehovas Sturm posaunte durch die Tale,
Und von den Höhen wetterte sein Zorn.
Der Verführer
Ich weiß nicht mehr, wie mein Leben war,
Bevor ich die Frauen kannte.
Ich weiß nur, ein dunkles Beben war
In meinem Blute, wenn ich zur Nacht,
Aus einem lockenden Traum erwacht,
Die Dinge mit fremden Namen nannte.
Da warf ich mein Fieber in Bücher und Bild,
Bis sie mir ganz gehörten,
Durch die Gassen stürmte ich wild
Und durch die dunkelnden Gärten.
Alle Dinge, die ich berührte,
Schienen mir Rätsel und raunende Worte.
Ich fühlte vor mir die offene Pforte
Und war doch zu zag,
Die andern zu fragen, wohin sie mich führte.
Und wußte es endlich an einem Tag.
Kaum sinn ich noch, wer die erste war,
Von der mir die wilde Erkenntnis kam.
Mir ist nur, als ob ihr gelöstes Haar
Mich manchmal wie flüsternder Duft umwehte
Und ihre sterbende Mädchenscham
Noch einmal in meine Augen flehte.
Doch ich nahm
Sie hart, wie Tiere ihre Opfer packen,
Nahm sie in trotziger Knabenart.
Da, – durch den Schleier der Wollust sah
Ich glühend nah
Ihr Auge in eigenem Lichte flacken.
Dieser seltsame Blick!
Von Haß und Qual ein brennender Stoß
Und doch namenlos
Glänzend von einem quellenden Glück,
Tiefster Traum dem Trotze gepaart,
Als zitterten diese gierigen Augen,
Mit ihrem Hasse mich in sich zu saugen,
Als ob das Feuer, das rot sie durchrollte,
Mich ganz in den Flammen vernichten wollte.
Und ein tolles Verlangen hat mich gedrängt,
In allen Frauen
Ewig nur mehr diesen Blick zu schauen,
Tiefste Sehnsucht, begehrendes Grauen,
Weigern und Wille und Widerstand
Funkelnd in einem einzigen Brand. –
Und die
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