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Stefan Zweig - Gesammelte Werke

Stefan Zweig - Gesammelte Werke

Titel: Stefan Zweig - Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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Wahnsinn ihrer Seelen.
    Hart bis an uns her wellte warm der nackte
Strom ihrer Glieder, und an unsern fühlten
Wir ihrer Herzen zügellose Takte,
    Fühlten die scharfen Düfte des verschwülten
Geflechtes ihrer Haare, leise Schlingen,
Die uns verwühlten und gefangen hielten.
    Die Arme, rund gebeugt zu weißen Ringen,
Begannen uns betörend zu umschließen;
Mein Blut, aufhämmernd von so süßen Dingen,
    Die ganz des Meisters Wort vergessen ließen,
Begehrte nur mehr, in die linden, lauen
Geströme sanft ersterbend hinzufließen.
    Da schnitt wie Messer in das süße Grauen
Des Meisters Stimme ein: »Was flüchtet
Ihr nun zur Liebe, Ihr verruchten Frauen?
    Ihr habt sie nie erkannt! Und nun beschwichtet
Kein Mitleid mehr den Aufruhr Eurer Lüste.
Ihr seid von Gott erkannt und seid gerichtet.
    Und wenn auch dieser Eure Lippen küßte,
Und wenn ich selbst, vergessend meine Würde,
Hintaumelte ans Bette Eurer Brüste,
    So wißt, daß auch die Lust zur Qual Euch würde.
Drum geht und trinkt die Tränen der Betrübten,
Denn kein Verzeihen lindert Eure Bürde!« –
    Der herbe Ruf erschreckte die Verliebten,
Denn wie aus hohen Himmeln stürzend scholl er
Zu ihnen hin, daß sie in Angst zerstiebten.
    Die einen tanzten nur noch taumeltoller,
Verzweiflung war ihr lüstern Händespreiten,
Die andern aber faßten wehmutsvoller
    Den Krug der wundersamen Traurigkeiten.
Und wieder schleierhaft zur Ferne schwebend,
Verflossen ihre Formen in die Weiten.
    Nur eine blieb und sagte zornerbebend:
»Bist du nicht jener Florentiner Dante,
In Trotz und Trauer nur den Fernen lebend,
    Seit dich die Stadt aus ihrem Schoß verbannte?
Und war ein Mädchen nicht dereinst dir teuer,
Die Beatrice hieß und die ich kannte
    In jener Welt der süßen Abenteuer?
Ich weiß: in reinern Höhen ist nun diese,
Die früh verstarb, und mattes Sternenfeuer
    Wiegt silbern sich auf ihrer Haare Vliese.
Zu Gottes Antlitz ist sie hingewendet,
Den Engeln schwisterlich im Paradiese.
    Doch ob du dich auch ganz an sie verschwendet,
Was schmähst du uns? Kannst du das Schicksal wissen,
Ein Leben richten, eh es sich vollendet?
    Das Leben ist ein Weg im Ungewissen,
Und Gott allein das All der Möglichkeiten.
Sie starb. Allein sie hat nicht sterben müssen.
    Sie konnte blühn zu linden Lieblichkeiten,
Und bald genaht wär ihren Kindergliedern
Die süße Not der ersten Werdezeiten.
    Nichts wußte sie auf Liebe zu erwidern,
Als sie dich sah. Doch wer kann dir es sagen,
Ob sie, die noch mit halbverschloßnen Lidern
    Vom Leben ging, in fraulich reifen Tagen
Nicht dich und deine Glut mißachtet hätte?
Ob sie dich je geliebt, wer kann sie fragen,
    Die nun schon wandelt an der Gnaden Stätte?
Vielleicht um ihrer Weigrung willen wäre
Sie hier mit uns geschweißt an eine Kette,
    Den Brand im Blute, taumelnd durch die Leere
Verschneiter Nacht, geschreckt vom Feuerscheine
Der gleichen Glut, in der ich mich verzehre.
    Und ihr Begehren, wär es nicht das deine,
Dein Schmerz nicht ihre Buße? Vielleicht stände
Sie lüstern vor dir, sie, die Unschuldreine,
    Und fiebernd krampften die geliebten Hände
Den bittern Krug, gefüllt mit deinen Tränen?« –
So höhnte jene. Und in jäher Wende
    Warf sie sich hoch. Die roten Strähnen
Peitschten die beiden nackten Frauenbrüste,
Ein Lachen quoll ihr höhnisch aus den Zähnen.
    Hinwinkend, als ob jener folgen müßte,
Hob sie den Blick. Und wie im Sturme raste
Sie in den Qualm der anderen Gelüste. –
    Ich sah auf Dante, wie er erst erblaßte
Und, hart getroffen von dem Speer der Lüge,
Aufstöhnend nach dem lauten Herzen faßte.
    Dann aber hellte Lächeln seine Züge,
Und aufwärtsschwebend, als ob durch die Räume
Dies Lächeln ihn zu Beatricen trüge,
    Ließ er mich einsam in dem Tal der Träume.

Sinnende Stunde

Sinnende Stunde
    In dem dunklen Spiel der Bilder
Spiegelst du dein Leben jung,
Und es scheint dir sanft und milder,
Schattend als Erinnerung.
    All die Stunden, die ins Ferne
Einst vergingen, werden wach.
Nie begehrte nahe Sterne
Funkeln jäh in dein Gemach.
    Taten träumst du an der Schwelle,
Frauen, die du nie ersiegt,
Bis der Wehmut weiche Welle
Dich in ihren Armen wiegt.

Verträumte Tage
    Tage, die ich voll verträumte –
Oh, du von Erinnerung
Zart beschwingte, sanft umsäumte
Schar der frühen Dämmerung! –
    Warum schwebt ihr wieder gleitend
Nahe an mein Leben hin,
Meine Stunden neu verleitend
Wolkig mit euch hinzuziehn?
    Ist denn wirklich Traum das Leben,
Sinnen süßer als das Schaun?
Soll ich wieder mich dem

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