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Steinbrück - Die Biografie

Steinbrück - Die Biografie

Titel: Steinbrück - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Goffart
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Europäischen Zentralbank. Die Runde komplettierte Jens Weidmann, der frühere Leiter der Wirtschaftsabteilung im Kanzleramt und heutige Präsident der Bundesbank.
    »In diesem Kreis bestand Einigkeit, dass wir uns künftig in Deutschland nicht mehr von Krisenfall zu Krisenfall aufreiben könnten«, schreibt Steinbrück in seinem Buch. »Vielmehr müsste eine systematische, bankenübergreifende Lösung zur Stabilisierung des Finanzsystems gefunden werden.« Was Steinbrück in seiner Erinnerung ausblendet, ist der enorme Druck aus den USA und letztlich auch aus Paris auf die Deutschen, sich nicht länger einer konzertierten Rettungsaktion zu verweigern. Ganz so aus ureigener Erkenntnis, wie Steinbrück es in der Rückschau darstellt, ist diese Kurskorrektur in der deutschen Politik nicht zustande gekommen. Allerdings bewiesen Steinbrück und die exquisite Herrenrunde insofern Weitsicht, als sie die Rettung der nationalen Banken zuvorderst in die Hände der jeweiligen Staaten legten und nicht einem supranational gespeisten Fonds anvertrauten. Ein Prinzip, das sich später bei den Rettungsmaßnahmen für den Euro nicht mehr so klar durchhalten ließ, wie die diversen europäischen Rettungsschirme bezeugen.
    Beim Auflegen der Konjunkturprogramme als Antwort auf die Krise zeigten Merkel und Steinbrück ein ähnliches Verhaltensmuster. Zunächst wurden alle Vorschläge abgelehnt, die zu einer Belastung der Bundeskasse hätten führen können. Dann wurde laviert, relativiert und am Ende unter wachsendem Anpassungsdruck nachgegeben. Nicht immer wirkten die Hauptakteure der Großen Koalition deshalb so souverän, wie es in der Rückschau gelegentlich anmutet. Vor allem am Anfang der Entwicklung ähnelten Merkel und Steinbrück eher Getriebenen, die von den Märkten erpresst wurden und als demokratisch gewählte Politiker nicht in der Lage waren, dem Finanzsektor Grenzen zu setzen. Es mag diese damalige Erfahrung der Ohnmacht sein, die Steinbrück heute dazu führt, die entschlossene Regulierung der Finanzmärkte und die Wiederherstellung des Primats der Politik über die Macht der Banken als eine der zentralen Herausforderungen zu beschreiben, denen sich die nächste Bundesregierung stellen müsse.
    Die Finanzkrise wächst sich ab 2008 binnen weniger Wochen zu einer veritablen Vertrauenskrise aus, die den Austausch von Geld und die Ausgabe von Darlehen vollständig zu lähmen droht – mit gefährlichen Folgen für die sogenannte »Realwirtschaft«. Neben dem Mittelstand ist vor allem die deutsche Industrie auf einen steten Zustrom von Kapital angewiesen. Ohne Finanzierung können schon mittlere Projekte nicht mehr gestemmt werden. Eine Katastrophe für die deutsche Exportwirtschaft, die von der Finanzierung bis zur schlüsselfertigen Übergabe alles aus einer Hand anbietet.
    Deshalb wird recht schnell die Forderung laut, man möge doch Konjunkturprogramme auflegen, um die sich eintrübende Wirtschaftsstimmung wieder etwas aufzuhellen. Merkel wie Steinbrück weigern sich anfangs, auch nur darüber nachzudenken. Im Bundestag sagt Steinbrück am 16. September 2008, »es ist nicht möglich, eine konjunkturelle Eintrübung, deren Ursachen eindeutig in globalen Preisschüben und Finanzmarktkrisen liegen, mit einem nationalen Konjunkturprogramm zu bekämpfen. Wer das tut, verbrennt lediglich Steuergeld.« Ebenso gibt er sich felsenfest davon überzeugt, dass »jede Abkehr vom notwendigen Konsolidierungskurs, die mit einem Konjunkturprogramm verbunden wäre, zwangsläufig zu gegenläufigen Entwicklungen führen würde«.
    Doch auch hier belehrt die Entwicklung Steinbrück und seine Kanzlerin eines Besseren. Das Muster »Erst negieren, dann zaudern, dann schönreden und schließlich klotzen« ist bei der monatelangen Debatte über den Sinn und Unsinn von Konjunkturprogrammen gut zu beobachten. Als die Wachstumszahlen immer steiler nach unten weisen und Industrievertreter wie Wirtschaftswissenschaftler zunehmend besorgter auf einen ökonomischen Stimulus drängen, geben Merkel und Steinbrück nicht nur nach, sondern langen sogar richtig hin: Zunächst legen sie im November 2008 ein erstes Konjunkturprogramm auf mit einem Umfang von rund 13 Milliarden Euro und einer prognostizierten Hebelwirkung von 50 Milliarden Euro. Steinbrück begründet seinen Meinungswechsel mit dem Argument, dass man so die »Widerstandskraft der Realwirtschaft stärken« könne. Allerdings wird dieses Paket mit dem Hinweis versehen, dass dieser einmalige

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