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Steinfest, Heinrich

Steinfest, Heinrich

Titel: Steinfest, Heinrich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo die Löwen weinen
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"Gewissermaßen ohne Blaulicht, ohne Hundestaffel. Dafür mit
Diskretion. Das ist doch Ihr Ding, oder? Sie sind ja mehr der Detektivtyp, wenn
ich das sagen darf, und ich meine es als Kompliment."
    Rosenblüt stöhnte. "Und das alles nur, weil ich aus
Stuttgart stamme?"
    "Sollte ein Stuttgarter Bezug in dieser Geschichte
stecken, und ich fürchte das ein wenig, dann ist es kein Nachteil, daß Sie sich
mit den Schwaben auskennen."
    "Haben Sie vergessen, daß man mich dort quasi
hinausgeworfen hat?" rief Rosenblüt seiner Vorgesetzten in Erinnerung.
    "Das war eine rein politische Entscheidung",
entgegnete Procher, "die nicht von allen begrüßt wurde."
    "Aber von allen getragen wurde."
    "So ist die Politik. Sie ist mitunter eine Krankheit,
mit der wir uns alle anstecken. Andererseits gibt es nichts, wovor Sie sich
fürchten müssen. Sie sind jetzt Münchner."
    "Meinen Sie im Ernst, das würde mich vor dem
Krankwerden verschonen?"
    "Nicht in bezug auf München selbst, natürlich nicht,
aber in bezug auf Stuttgart. München ist der Impfstoff gegen den Stuttgarter
Virus."
    "Also, liebe Frau Doktor, das ist mir zu kompliziert."
    "Ich will damit sagen, daß eine spezifische Immunität
vorliegt, die Sie schützt, falls Sie gezwungen wären, wegen dieser Sache in
Ihre Heimatstadt zu reisen."
    "Gott behüte mich davor, dorthin zu müssen!"
    "So groß der Groll?"
    "So groß der Groll", bestätigte Rosenblüt.
    "Nun, der Groll gehört dazu", dozierte die Frau
Doktor. "Er schafft in der Regel ein höheres Bewußtsein als die Zuneigung."
    Rosenblüt dachte: "Meine Güte, die Procher wird
langsam ein bißchen schräg." Um aber seine Stimme nicht erneut
ungebührlich zu erheben, unterließ er einen Kommentar.
    Procher stand auf, zupfte ihr Kleid an den Hüften zurecht,
überprüfte ungeniert in einem Handspiegel ihr Make-up und wies Rosenblüt an,
sich in den nächsten Tagen der Uhl-Geschichte anzunehmen. Herauszubekommen, wie
akut der Fall wirklich sei und inwieweit man weitere Behörden involvieren müsse
oder nicht.
    "Soll ich das alleine machen?"
    "Ja, ich würde Sie in dieser Sache gerne solo sehen."
    "Damit, wenn etwas schiefgeht, der Dreck an mir hängenbleibt",
weissagte Rosenblüt.
    "Da ist sicher etwas dran", meinte Procher mit
entwaffnender Ehrlichkeit und betonte, wie sehr sie Rosenblüt schätze.
    Legg mi doch am Arsch, dachte Rosenblüt und hielt seiner
Chefin beim Verlassen des Raums die Türe auf.
    Unten am Parkplatz verabschiedeten sie sich. Procher stieg
in ihren Wagen und fuhr los. Rosenblüt startete ebenfalls, dann aber fiel ihm
ein, daß er ja einen Hund hatte. Er ging noch mal nach oben ins Büro. Seine
Sekretärin, Frau Hamburger, saß am Schreibtisch und las in einem Buch, Kepler
gegen ihre Beine gelehnt.
    "Warum haben Sie mich nicht angerufen?" fragte
Rosenblüt, der ein Handy mittlerweile nicht nur besaß, sondern es nach mehreren
Klagen auch ständig eingeschaltet ließ.
    "Wozu Sie anrufen?" gab sich Hamburger ungnädig.
"Damit Sie mir sagen, wo Sie gerade sind und wieso Sie keine Zeit haben,
Ihren Hund zu holen? In zehn Minuten wäre ich gegangen und hätte ihn mit mir
genommen. Er ist ein süßer kleiner Kerl."
    "Finden Sie wirklich, süß sei das
richtige Wort? Eher ist er ungewöhnlich. Ausgesprochen unproportioniert."
    "Stimmt schon, doch bei Hunden ist das nicht so
schlimm wie bei Männern."
    Da hatte Frau Hamburger ganz sicher recht. Rosenblüt
dankte ihr, auch dafür, Kepler mit einem Halsband aus grünem Samt, einer Hundemarke
sowie einer Leine ausgestattet zu haben, obgleich er ganz sicher kein
Leinenhund war. Gebürstet war er zudem. Perfekt. Hamburger haßte Excel, aber
sie liebte Tierpflege. Sie sagte: "Wenn Sie ihn nicht mögen, den Hund,
kann er bei mir bleiben."
    "So einer paßt nicht zu Ihnen", stellte
Rosenblüt fest. Nicht, daß er vorhatte, der blutjungen Frau Hamburger ein
Kompliment zu machen. So hübsch sie war, war das kein Grund, nett zu sein, wenn
auch höflich reichte. Aber in der Tat paßte ihr langbeiniges Auftreten nicht
mit einem kurzbeinigen Wesen zusammen. Dennoch bekräftigte sie: "Ich nehme
ihn jederzeit."
    "Danke", sagte Rosenblüt. Und an Kepler
gerichtet: "Komm!"
    Nicht, daß Kepler sich gerne von den zart bestrumpften
Damenbeinen löste, aber ebenso wie sein Herrchen akzeptierte er die schicksalhafte
Notwendigkeit ihrer beider Verbindung. Auch Kepler ahnte, daß er kein
Botschafter war, sondern qua seiner Erscheinung die Botschaft selbst. Und daß,
wenn darin

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