Steirerblut
sich wieder beruhigt hatten und Bergmann sich räusperte. »Sonst noch etwas? Irgendwelche tatrelevanten Spuren?«, kehrte er schließlich zu dem Gutachten zurück, während er sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischte.
»Das reinste Spurenchaos. Vor allem, was die Fingerabdrücke anbelangt. Zu viele an den üblichen Stellen. Türklinken, Klospülung et cetera waren förmlich übersät – die meisten total verschmiert und daher nicht zuordenbar. Nur auf der Kaffeetasse und am Weinglas befanden sich brauchbare Fingerabdrücke von der Kovacs. Und ihre Lippenstiftspuren: Chanel, Rouge allure, Passion. In den USA gekauft. Außerdem waren Fingerabdrücke von Maria Oberhauser und Franziska Edlinger auf der Tasse beziehungsweise Untertasse. Und am Weinglas waren welche von Michael Oberhauser. Genauso wie am Lampenschirm und auf der Glühbirne. Da und dort noch ein Fingerabdruck von Branka sowie einige nicht identifizierbare. Ach ja: Am Handtuch und am Badetuch hat sich Hautabrieb des Opfers befunden. Aber das war’s dann. Sonst gibt es keine neuen Erkenntnisse über tatrelevante DNA-Spuren an der Leiche und im Gästezimmer.«
»Und außerhalb? Lass mich raten: Dank der putzwütigen Wirtin gibt es auch im Erdgeschoss keine brauchbaren Spuren«, gab sich Bergmann selbst die Antwort.
Sandra blätterte weiter. »Du sagst es. Erst wieder hinter dem Haus, im Garten, auf dem Weg zum Tatort und am Tatort selbst: Fußabdrücke, Blut, Sperma – jedoch nichts, was uns neue Erkenntnisse liefert.«
»Damit ist anzunehmen, dass der Geschlechtsakt beziehungsweise deren mehrere im Freien stattgefunden haben. Nicht gerade gemütlich …«
»Oder auch ganz wo anders. Vielleicht sollten wir mein Elternhaus von der Spurensicherung überprüfen lassen«, schlug Sandra vor.
»Mmh. Ja, vielleicht. Aber lass uns doch erst mal das für morgen versprochene Ergebnis des DNA-Abgleichs abwarten, bevor wir eure Bude auseinandernehmen.«
»Du rechnest mit keinem positiven Ergebnis?«, fragte Sandra. Bergmanns Kopfschütteln verriet ihr, dass er noch immer nicht glaubte, dass Mike der Täter war. »Wie war denn dein gestriger Termin beim Haftrichter?«, wollte sie wissen.
»Mike war ziemlich kleinlaut.«
»Mike und kleinlaut? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
»Er hat wohl fest damit gerechnet, dass er auf Kaution freikommt.«
»Dreimal darfst du raten, wer die wieder bezahlt hätte.«
»Wie geht es deiner Mutter eigentlich?«, erkundigte sich Bergmann.
»Ich weiß es nicht. Und es ist mir auch egal.«
»Ihr habt keinen Kontakt mehr?«
Sandra schüttelte den Kopf.
»Und? Kein schlechtes Gewissen?«
»Nein.«
»Ehrlich nicht?«
»Nein.«
»Du scheinst endlich erwachsen geworden zu sein«, lobte Bergmann sie.
»Das hat Andrea gestern auch gemeint.«
»Ich kenne Andrea zwar nicht, aber sie muss eine kluge Frau sein. Wann kann ich sie kennenlernen?«
»Niemals. Nur über meine Leiche«, sagte Sandra. »Oder besser über deine.«
Ein Klopfen unterbrach ihre Unterhaltung, bevor ein weiterer Kriminaltechniker den Kopf zur Tür hereinsteckte. »Ich hab hier die Datenauswertung von der sichergestellten Festplatte des Michael Feichtinger«, verkündete der IT-Forensiker und trat ein.
Sandras Herz schlug augenblicklich schneller.
»Da sind wir aber mal gespannt«, sagte Bergmann. »Setz dich und leg los!«, forderte er den Kollegen auf, gegenüber seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.
»Und?« Sandra konnte es kaum erwarten, zu erfahren, ob Mike mit Eva Kovacs Kontakt gehabt hatte.
»Fehlanzeige. Feichtinger war nicht ein einziges Mal auf der fraglichen Webseite. In seinen E-Mails konnten wir auch nichts finden, was auf einen Datenverkehr mit dem Mordopfer hinweist.«
»Du hattest also recht«, sagte Sandra zu Bergmann. Wenn das morgige DNA-Gutachten nicht das Gegenteil behauptete, war Mike tatsächlich unschuldig. Sandra wusste nicht, ob sie sich darüber freuen sollte oder nicht. Ihr Pulsschlag normalisierte sich allmählich.
»Wie lange braucht ihr noch, um die Identität hinter dem User-Profil herauszufinden?«, wollte Bergmann wissen.
»Das kann ich dir so leider nicht beantworten. Der User hat es ziemlich gut verstanden, sich zu tarnen. Wir sind jedenfalls dran«, versicherte der Experte.
»Dann beeilt euch mal ein bisschen«, drängte Bergmann.
»Das tun wir doch immer. ›Evitas‹ letzte Kontakte, die über die Plattform liefen, kann ich euch bis spätestens Ende der Woche liefern. Was die Backup-Daten
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