Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
erinnere mich.« Sehr vage.
»Sten hat mich für heute abend zum Essen eingeladen. Mir kommt es vor, als würde es sich dabei... mindestens zur Hälfte um eine professionelle Angelegenheit handeln.«
»Das ist schon mal ein guter Ausgangspunkt, Mädel. Der arme Heimatlose tut nämlich nix, was überhaupt nix mit der Arbeit zu tun hat. Das bringt ihn noch mal in ein frühes Grab, fürchte ich.«
»Wohin geht die Reise?«
»Meinst du moralisch, gesellschaftlich oder historisch?«
»Ich meine, wohin führt mich Sten zum Abendessen aus?
Und was soll ich anziehen?«
»Ach so. Kleines Mißverständnis. Der Ort ist geheim, und du solltest dich lässig kleiden. Bequeme Kleidung. Waffen nach Belieben. Ich würde welche mitnehmen. Du bist dort aber sicher.«
»Mehr kriege ich wohl nicht zu hören.«
»Natürlich nicht, Cind. Es kommt mir ganz so vor - ich sage ehrlich die Wahrheit -, als hättest du heute abend noch so einiges vor, abgesehen davon, daß du gewachsen bist, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Glaubst du denn, ich würde dich nicht selbst mit nach Hause nehmen, um dich meiner Mama vorzustellen, wenn du nicht so jung wärst und du und Sten nicht so ineinander verliebt? Warum sollte ich dich anschwärzen und dir irgend etwas erzählen, wo du doch selber weißt, tief in deinem Innersten, was hier vor sich geht?«
Ohne eine Entgegnung abzuwarten, unterbrach Kilgour die Verbindung.
>Verdammte Männer<, dachte Cind.
>Verdammt ...<, doch dann dechiffrierte sie Kilgours schottischen Redefluß. Liebe? Sie und Sten, mit Betonung auf Sten? Selbstverständlich war sie wahrscheinlich in ihn verliebt, wenn man davon ausging, daß Liebe etwas war, das einen nachts nicht schlafen ließ, einen ganze Komplexe aus Luftschlössern bauen und sofort dort einziehen ließ und einen ganz allgemein zu einem Benehmen verleitete, als stünde man unter schweren Opiaten.
Aber...
Aber Sten? Liebe?
Dann beschloß sie, daß »Verdammte Männer« ein weitaus ungefährlicherer und produktiverer Gedankengang war.
Wenigstens wußte sie jetzt, was sie anziehen mußte.
Cinds Garderobe war ein Hauch von Sinnlichkeit, ein einfaches kragenloses Gewand mit einem tief ausgeschnittenen V im Nacken, das in der Taille eng anlag und kurz über dem Knie ein wenig aufgebauscht war. Es hatte weder Knöpfe noch Reißverschlüsse noch Klettverschlüsse, an denen man ablesen konnte, wie es zusammengehalten wurde. Um die Hüfte war ein einfaches Gürteltuch geschlungen. Natürlich hatte sie das Ding, wie jedes andere »einfache, schnörkellose und gutgeschnittene« Etwas ein Viertel ihres letzten Leistungsbonus gekostet.
Was es, abgesehen vom Schnitt, zu etwas Besonderem machte, war der Stoff selbst. Sektion Mantis - die operationale Abteilung der Superelite des Imperialen Geheimdienstes - war mit dem Nonplusultra von Tarnuniformen ausgestattet: Sie waren phototropisch, das hieß, sie wechselten die Farbe entsprechend dem Hintergrund, vor dem sich der Soldat bewegte.
Ein Zivilist hatte sich die Vermarktungsrechte an diesem Stoff gesichert und ihn dann etwas abgewandelt. Das Material blieb zwar phototropisch, doch jetzt reflektierte es den Hintergrund, vor dem man vor fünf Minuten gestanden hatte.
Farbdecoder und Zeitverzögerung gehörten zu dem Kleidungsstück dazu - beispielsweise der Gürtel an Cinds Kleid. Er enthielt außerdem einen Streifencompüter mit einem simplen Farbrad, mit dem man die phototropischen Vorgaben übergehen konnte, damit man nicht plötzlich in einem rosafarbenen Kleid vor einem orangefarbenen Hintergrund stand. Ebenfalls im Gürtel enthalten waren Sensoren, die die Farbintensität entsprechend der aktuellen Lichtintensität regulierten. Auf einer Zufallsbasis sandte der Computer stroboskopische Bilder an bestimmte Bereiche aus, und um sicherzugehen, daß das Publikum des Kleidungsstücks nicht das Interesse verlor, gelegentliche Echtzeit-Blitze dessen, was sich darunter befand. Diese Transparenzphasen dauerten jeweils nur einen Sekundenbruchteil, konnten aber auch ganz nach den Bedürfnissen des Trägers oder der Trägerin programmiert werden. Oder, wie in Cinds Fall, so, daß sie nie das Messer zeigten, das in einer Scheide an ihrem Rückgrat steckte, und auch nicht die über dem Gesäß verborgene Willygun.
Als Sten Cind abholte, war sie in mehrfacher Hinsicht mörderisch gut angezogen.
Und wenigstens diesmal versaute das Männchen den Auftritt nicht. Nicht nur, daß Sten das neue Kleid auffiel und er ihr
Weitere Kostenlose Bücher