Sten 8 Tod eines Unsterblichen
gegenüberliegenden Wand löste sich auf und wurde durch eine elektronische Version der Karte ersetzt, die ihm der Imperator gezeigt hatte: die strategische Lagekarte.
Krisenlichter blinkten.
Poyndex überflog die schlechten Nachrichten.
Lebensmittelaufstände. Wiederholte Stromausfälle.
Wilde Streiks. Sein Blick schweifte weiter.
Geldmärkte im Aufruhr, Rohstoffengpässe, besorgte Firmenberichte, Anfragen um Anfragen nach mehr AM2.
Die schlechten Nachrichten erstreckten sich nicht nur auf zivile Bereiche. Stens Attacken gegen das Imperium hinterließen überall auf dem Plan ihre Spuren. Ebenso wie die Kriegs-und
Unabhängigkeitserklärungen vieler ehemaliger Verbündeter des Imperators.
Tote Agenten, aufgeflogene Missionen und andere Geheimdienstpannen zu Lasten des Imperiums waren ebenfalls verbucht.
Jedes normale Wesen wäre angesichts dieser Daten wahrscheinlich verzweifelt. Poyndex war weit davon entfernt, normal zu sein. In jedem Versagen sah er eine neue Möglichkeit, in jeder Katastrophe einen neuen verborgenen Schatz.
Poyndex hatte in sehr kurzer Zeit sehr viel vom Ewigen Imperator gelernt. Erfolg verlangte nach einer Perspektive ... und viel Geduld.
In diesem Fall war es Poyndex, nicht der Imperator, der langfristig plante.
Während er seine schwarzuniformierten
Adjutanten in dem riesigen Raum hin und her gehen sah, überdachte Poyndex erneut die Sachlage.
Wieder kam er zu dem Schluß, daß sich der Imperator täuschte. Er nahm die Bedrohung durch Sten viel zu ernst.
Poyndex ging davon aus, daß Sten durch die Aufmerkamkeit, die ihm der Imperator zukommen ließ, sogar noch gestärkt wurde. Wenn man ihn offiziell ganz einfach ignorierte, würden sich seine Possen schon von selbst entlarven. Doch je mehr der Imperator herumtobte und Schiffe und Truppen durch die Gegend schob, desto attraktiver erschien Sten den Feinden des Imperators.
Alle Daten besagten, daß die Chancen schlecht für Sten standen. Im Vergleich zu dem Moloch, den das Imperium darstellte, verfügte er nur über eine lächerlich kleine Streitmacht und so gut wie keine Reserven.
Sten konnte sich keinen einzigen Fehler leisten.
Der Imperator hingegen viele.
Aus irgendeinem Grund wollte der Imperator das nicht einsehen. Er war von diesem Sten wie besessen. Nur wenige andere Dinge fesselten seine Aufmerksamkeit in diesem Maße.
Ein großer blinder Fleck.
Über Poyndex' Lippen spielte ein dünnes Lächeln. Er kam sich sehr gerissen vor, weil er die Obsession des Imperators noch angeheizt hatte. Und selbst um den blinden Fleck herumnavigiert war.
Er hatte den Imperator vor diesem und jenem gewarnt - aber nur, um sich selbst zu schützen, falls alles schiefging. In der Zwischenzeit hatte er den Imperator erfolgreich von der Außenwelt isoliert und seine eigenen Leute ins Spiel gebracht.
Die Gurkhas waren die letzten der alten Garde, die gingen.
Damit war der Imperator völlig von ihm
abhängig. Poyndex hatte Zorans Nachfolgerin ausgewählt; Poyndex kontrollierte sämtliche Leute in der näheren Umgebung des Imperators; und Poyndex bestärkte den Imperator in seinem Wahn, sooft er konnte.
Tatsächlich war er dem Imperator bereits so unverzichtbar geworden, daß er schon absichtlich einige Fehler begangen hatte; beispielsweise das Versäumnis bezüglich des Unsinns mit dem Ehrenbankett für die Medaillenempfänger.
Der Imperator mochte verrückt sein, aber er war gewiß kein Narr. Er wußte ebensogut wie Poyndex, daß es nichts Gefährlicheres gab als einen unverzichtbaren Mann.
Deshalb mußte Poyndex hin und wieder etwas versieben. Gerade so viel, daß der Imperator nicht anfing, ihn zu verabscheuen.
Er sah zum Lageplan auf. Sein Blick fiel nicht auf die schlechten Nachrichten, sondern auf die Ausdehnung des Imperiums.
Ein Imperium, das sich in gewisser Hinsicht seinem Willen beugte.
Nicht dem des Imperators.
Und mit jedem Tag, der verging, während der Imperator weiter abbaute, vergrößerte sich Poyndex'
Einfluß.
Er beging nicht den Fehler, sich selbst als Imperator zu sehen. Jedenfalls nicht oft.
Zu Zeiten des Privatkabinetts hatte Poyndex selbst miterleben können, was mit dem Imperium geschah, wenn ihm keine Galionsfigur mehr vorstand, die ihm eine Form gab.
Nein. Der Imperator war absolut wichtig.
Zumindest seine Gegenwart. Seine Legende.
Es gab nur ein einziges Manko bei dieser Sache.
Poyndex würde unweigerlich altern.
Schwach werden.
Und dann sterben.
Der Imperator hingegen war unsterblich.
Was,
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