Sten 8 Tod eines Unsterblichen
komplexen Krieges vollgestopft, den er gegen den Imperator führte, daß er schon bald um die eigene Achse rotierte.
Er brauchte Rat. Und zwar dringend.
"Sr. Ecu behauptet also, diese Leute habe hauptsächlich ihr pures Glück zu uns geführt?"
fragte Rykor.
"Unterm Strich sieht es ganz so aus", antwortete Sten.
"An Glück glaub ich nicht", warf Alex ein.
"Außer mein armer eigener Pelz bettelt darum."
"Natürlich gibt es so etwas wie Glück", widersprach ihm Otho. "Die Bhor wissen das. Glück gibt es in drei Varianten: blind, dumm und hinterhältig."
"Wir haben schon in Küchen gearbeitet, in denen uns alle drei Varianten auf einmal begegnet sind", sagte Marr.
"Und ebenso in einem Schnellrestaurant", ergänzte Senn.
"Ich muß Sr. Ecus Worten glauben", sagte Sten.
"Und ich bin davon überzeugt, daß die Zaginows ein großes Risiko auf sich genommen haben. Was, wenn sie sich geirrt hätten? Sie hätten sich ebensogut dem Imperator in die Arme werfen und rufen können:
>Hier, nimm mich, ich bin ein Verräter!<"
"Sehr putzig", sagte Marr. "Gefällt mir."
"Sei still", zischte Senn ihn an. "Das hier ist ernst."
"Ich habe es ernst gemeint, mein Lieber." Er tätschelte Senns Knie. "Das werde ich dir eines schönen Abends genauer erklären."
"Wenn man intensiv darüber nachdenkt", sagte Rykor und verlagerte ihre gewaltige Masse im Wasserbecken, "ergeben ihre Handlungen durchaus einen gewissen Sinn."
"Gut", meinte Sten. "Der ist mir nämlich in letzter Zeit etwas abhanden gekommen. Erkläre mir die Sache. Und benutze bitte keine komplizierten Wörter, so wie >der< oder >und<."
"Ich glaube, es hängt mit der Natur der Zaginows zusammen, Sten", sagte Rykor. "Sie sind Wirtschaftsflüchtlinge. Flüchtlinge waren schon immer bereit, große Risiken auf sich zu nehmen.
Wenn man nur sehr wenig besitzt, gibt einem das Glücksspiel das Gefühl größerer Macht. Als hätte man doch noch die Kontrolle über das eigene Schicksal in die Hand genommen."
Sten nickte. Das ergab allerdings einen Sinn. Er hatte schon eimal mit der Zaginow-Region zu tun gehabt. Fast die gesamte, viele Milliarden zählende Bevölkerung dieser Region, sowohl was die Menschen als auch die Nonhumanoiden anging, setzte sich aus den Nachfahren armer Arbeiter zusammen, die auf der Suche nach
Arbeitsmöglichkeiten quer durch das gesamte Universum getingelt waren. Schon die geringste Verschlechterung der Wirtschaftslage ließ diese Leute verarmen.
Wie Stens eigene Familie besaßen sie kaum mehr als ihre Träume und ihre Kraft und Ausdauer. Einige endeten in Sklavenfabriken wie Vulcan. Diejenigen, die etwas mehr Glück hatten -schon wieder dieses Wort! -, landeten irgendwann in einer Region aus unzähligen Sternenclustern, die unter dem Namen Zaginows bekannt war. Dort endete ihr
Wanderleben. Die Flüchtlinge schlugen Wurzeln.
Dort in den Zaginows herrschte ein eigenartiger Sinn für Zusammenhalt und eine gemeinsame Weltanschauung. Obwohl es keine dominante Spezies oder Rasse gab, sah man die Leute als Leute an, egal ob schwarz, weiß oder grün, ob Festkörper oder geleeförmig, ob mit Haut oder Schuppen.
Sten erinnerte sich an den großen Gewinn, den sein Vater einmal bei den Xypaca-Wettkämpfen hatte einstreichen wollen. Die Tatsache, daß er am Ende draufzahlte - was ihm zusätzliche Jahre auf seinen Arbeitsvertrag einbrachte -, hatte ihn nicht davon abgehalten, weiterhin dieses Risiko einzugehen. Es hatte ihn nur noch mehr dazu verleitet, auf alles mögliche zu setzen, um der Knochenmühle von Vulcan zu entkommen.
O ja. Er verstand die Zaginows nur zu gut.
"Vielleicht ist es für sie nur ein Spiel, mein guter Sten", meinte Alex, "aber, wie du weißt, haben sie nicht viel zu verlieren."
Auch das war richtig. Kurz vor dem Debakel im Altai-Cluster hatte der Imperator Sten zu den Zaginows geschickt, um ihnen ein paar
grundsätzliche diplomatische Streicheleinheiten zu verpassen. Er ging davon aus, daß die Mission ein Erfolg gewesen war. Zumindest war es ihm gelungen, ohne allzuviel zu lügen, so etwas wie eine Übereinkunft zusammenzuschustern.
"Beim letzten Mal, als ich mit ihnen zu tun hatte, ging es dort drunter und drüber", sagte Sten. "Vor dem Tahn-Krieg waren die Zaginows ziemlich autark und einigermaßen wohlhabend. Die Wirtschaft stand auf einer soliden
landwirtschaftlichen Basis, dazu etwas
Schwerindustrie und Bergbau. Und sie verfügten über ein riesiges Reservoir von Arbeitskräften.
Dabei waren die meisten von ihnen gut
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