Sten 8 Tod eines Unsterblichen
Soldaten gemacht; aber das entsprach längst nicht dem Potential, das Tompkins in ihm zu erkennen glaubte. Doch er weigerte sich, ihr mehr zu verraten.
Das Raumschiff war winzig klein, jedenfalls im Vergleich zu den Aufnahmen, die Kea schon von den Longlinern gesehen hatte, die draußen im All schwebten; aber auch im Vergleich zu den Raketen, die wie eine Kette von Orangen mit ihren Antriebsdüsen unterhalb des Wasserspiegels draußen hinter der Barriere hockten. Auf der Hülle war weder eine Bezeichnung noch eine besondere Markierung zu sehen. Doch Kea wußte, daß die Discovery ein Raumschiff war. Es war eins der fünf echten Raumschiffe, und das einzige, das sich noch auf der Erde befand. Zwei andere waren bereits verschrottet worden, und die restlichen beiden kreisten nutzlos wie Mottenkugeln um den Mars.
Der Stardrive des Schiffes war einfach.
Idiotensicher. Nur ein Zwinkern - Alpha Centauri.
Ein Wort - Luyten 726-B. Ein ganzer Satz - Epsilon Indi. Eine halbe Tasse Kaffee - Arcturus. Das einzige Problem war der Treibstoff für diesen Antrieb. Die Discovery hatte zwei Reisen absolviert und würde wahrscheinlich auf keine dritte mehr gehen. Es waren jeweils fünf Jahre, die Besessenheit eines Manhattan-Projekts und die kompletten Ressourcen einer Regierung nötig gewesen, um den Treibstoff, eine exotische synthetische Verbindung, für jede dieser Reisen herzustellen. Und auch dann war der Stoff nur dazu in der Lage, die Maschinen auf halbe Kraft hochzubringen. Das Schiff war eine Mißgeburt, wie Leonardos Panzer, Lilienthals Flugzeug, die Titanic oder die Savannah.
Kea starrte wie hypnotisiert auf die elegante Form und träumte von den Orten, an denen sie gewesen war, und von denen, zu denen sie eines Tages wieder fliegen könnte. Als es Abend wurde, verließ er den Raumhafen. Aber er kam wieder. Immer wieder.
Als Tompkins starb, war Kea sechzehn Jahre alt.
Nachdem die Leichenbestatter gegangen waren, sahen er und Leong Suk einander an. "Wir müssen herausfinden, ob er Verwandte hat, und uns mit ihnen in Verbindung setzen", sagte sie ernst. Sie durchsuchten die traurigen Überreste und die aufgestapelten Papiere eines gescheiterten Lebens.
Sie fanden keinen Hinweis darauf, daß Tompkins Freunde oder Bekannte auf der Erde oder anderen Planeten hatte. Aber sie fanden einen kleinen antiken Safe. Leong Suk seufzte schwer, teilte Kea dann aber doch mit, daß sie ihn öffnen mußten. Ob er jemanden mit dieser Fertigkeit kannte?
Kea kannte jemanden: sich selbst. Ein älterer Junge hatte ihm gezeigt, wie es ging. Kea drehte am Einstellrad, preßte das Ohr gegen die Tür und lauschte. Er hörte, wie die Zahnräder einrasteten, genau wie es ihm dieser Junge damals gesagt hatte.
Im Safe lagen zwei Umschläge. Einer von ihnen enthielt fast zweitausend Dollar in neuen Credits und ein Testament. Das Geld war für Kea bestimmt.
Der andere Umschlag enthielt Formulare und genaue Anweisungen, wie sie auszufüllen und an wen sie zu schicken waren. Die alte Frau und der Junge blickten einander in dem muffigen Laden an. Aber die Anweisungen waren eindeutig.
Kea füllte die Formulare aus und schickte sie an die genannte Person auf dem Festland. Nach einer Woche kam ein dicker Brief zurück. Er sollte eine bestimmte Person in Oahu aufsuchen. Diese Person würde ihn einigen Tests unterziehen. Kea befolgte auch diese Anweisungen. Sie warteten.
Sechs Wochen nachdem sie zu dem Schluß
gekommen waren, daß die ganze Geschichte entweder ein fauler Witz oder völliger Schwachsinn gewesen war, erreichte ihn ein weiterer Brief. Er stammte vom Direktor des Zulassungsbüros des California Institute of Technology in Pasadena City in der Provinz Kalifornien. Er wurde in die Anfängerklasse des Herbstes A.D. 2182 herzlich eingeladen. Kea Richards hatte gewonnen. Er würde in Kahanamoku City weder leben noch sterben müssen. Jetzt war er endlich frei.
Kapitel 22
Pasadena, A.D. 2183
Kea saß auf dem Rand von Millikans' Pot und wartete auf die Schlaumeier. Bis jetzt hatte er noch keinen einzigen getroffen. Cal Tech, die Technische Hochschule in Kalifornien, war eine ziemliche Enttäuschung, das wurde ihm jetzt, zu Beginn seines zweiten Studienjahres, klar. Sein erstes Jahr war ein einziges Durcheinander aus überfüllten Seminaren, teuren Fiches, Einsamkeit und Arbeit gewesen.
Dabei war ihm nicht viel Zeit geblieben, die Welt, in der er sich jetzt befand, genauer unter die Lupe zu nehmen. Der dumpfe Eindruck war womöglich durch Leong
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