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Sterben für Anfänger: Wie wir den Umgang mit dem Tod neu lernen können (German Edition)

Sterben für Anfänger: Wie wir den Umgang mit dem Tod neu lernen können (German Edition)

Titel: Sterben für Anfänger: Wie wir den Umgang mit dem Tod neu lernen können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Conrad
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namens Herostrat in Ephesus eines der Sieben Weltwunder, den legendären Tempel der Artemis. Er setzte die größte Tempelanlage der Antike in Brand, um Ruhm und damit Unvergänglichkeit zu erlangen. Und obwohl die Epheser damals per Gerichtsdekret entschieden, dass der Brandstifter auf ewig durch Anonymität gestraft werden sollte, ist der Herostraten-Ruhm bis heute sprichwörtlich. Er steht für die Berühmtheit, die durch ein Verbrechen erlangt wird, und hat Herostrat tatsächlich unsterblich gemacht.
    Um in der Erinnerung weiterzuleben, wurden im Mittelalter die Namen der Verstorbenen in Büchern festgehalten und während der Messfeier beim »Memento« vorgelesen. Manche ließen ihre Namen in Altarplatten oder die Laibungen von Kreuzbögen ritzen 41 , in der Hoffnung, dass auch nach ihrem Tod der ein oder andere stehen bleiben, den Namen lesen, vielleicht sogar mit der Hand über die Einkerbung streichen und erkennen würde: Diesen Menschen hat es einmal gegeben.
    Die Pyramiden von Gizeh, Mausoleen wie das Taj Mahal oder das Vietnam Veterans Memorial in Washington, in das mehr als 58   000 Namen gefallener und vermisster Soldaten eingraviert sind – sie alle stehen für den verzweifelten Kampf gegen das Vergessen.
    Und tatsächlich stellen wir alle uns doch die Frage, welchen Sinn hätten all unsere Bemühungen gehabt, wenn irgendwann doch keiner mehr wüsste, dass es uns gegeben hat?
    *
    Meine Freundin Ursula hat mir von einem Bilderbuch erzählt, in dem sie mit ihren kleinen Söhnen früher häufig geblättert hat. Sie wusste da bereits, dass sie Julian bald verlieren und Abschied und Trauer in ihrer Familie ein zentrales Thema werden würden. Leb wohl, lieber Dachs erzählt vom alten, verlässlichen, immer hilfsbereiten Dachs, der eines Tages stirbt. Seine Freunde, die anderen Tiere, sind traurig über den Verlust, sie vermissen den Dachs, bis sie irgendwann feststellen, dass er auf besondere Weise nach wie vor bei ihnen ist. »Jedes Tier bewahrte eine besondere Erinnerung an den Dachs – irgendetwas, was er sie gelehrt hatte und was sie jetzt ausnehmend gut konnten. Dachs hatte jedem von ihnen ein Abschiedsgeschenk hinterlassen, das sie wie einen Schatz hüteten.« 42
    So einfach die Geschichte, so klar ist auch die Botschaft – nicht nur für Kinder. Wir hinterlassen auf ganz vielfältige Art und Weise Spuren im Leben anderer. Gemeinsam Erlebtes, Gespräche, alles, was wir tun oder versäumen, hinterlässt einen Abdruck. Das ist es, was von uns bleibt im Gedächtnis der anderen. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten: Eine typische Geste, ein bestimmter Gesichtsausdruck, Augenblicke der Zuwendung, des Vertrautseins, die plötzlich in uns aufsteigen. Aber auch das kleinste Fetzchen Erinnerung kann manchmal wie beim Domino andere Gedächtnis-Steine anstoßen, eine ganze Kettenreaktion auslösen, und plötzlich steht ein Mensch wieder vor uns mit all seinen Eigenheiten. Und dann wissen wir wieder, was er uns bedeutet hat.
    Wenn ich an meine Eltern denke, dann sind da unendlich viele Erinnerungen, aus denen ich ständig schöpfe, die mir mal Wegweiser sind, dann wieder Trost, die mich rückschauend zum Lachen bringen oder traurig machen. Sie sind immer da und vor allem nach ihrem Tod wichtige Wegbegleiter für mich geworden. Wie oft fällt mir in irgendeiner Situation plötzlich ein Satz meiner Mutter ein. Mancher ihrer Sprüche ist längst zum geflügelten Wort in der Familie geworden, wie zum Beispiel ihr entnervter Ausruf: »Meine Enkel werden mich rächen!«, oder die Bemerkung, wenn jemand weit ausholte und von einem Thema ins nächste verfiel, dann sagte sie immer: »Der ist mal wieder vom Papst auf den Eierkuchen gekommen.« Solche Sätze sind wie »Erbstücke«, die ich mittlerweile an meine Kinder weitergegeben habe.
    Aber auch anderes ist mir im Gedächtnis geblieben: wie sie die Augenbraue hochzog oder sich räusperte, wenn sie nervös war, oder die Nachmittage, an denen sie mit mir aus leeren Streichholzschachteln einen Kaufmannsladen baute oder mir aus ihrer Kindheit erzählte. Für mich sind solche Erinnerungen Teile eines Puzzles, die sich Stück für Stück zu einem Ganzen zusammensetzen und meine Mutter für mich wieder lebendig werden lassen. Dann fühle ich wieder diese Momente der Nähe, dann erkenne ich ihre Haltung in vielen schwierigen Lebenslagen, auch die Sanftmut und Würde, mit der sie zuletzt sogar ihre eigene Demenz ertragen hat. Das alles hat mich geprägt, das sind die Spuren, die

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