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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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Halbglatze und der Statur eines Magersüchtigen gegenüber.
    Hofer führte sie an einen runden Tisch, und sie setzten sich.
    »Nun, meine Herren, was führt Sie zu mir?«
    »Es geht um einen Ihrer Mitarbeiter, Erik Jensen«, erklärte Sven. »Wie aus seinen Unterlagen hervorgeht, arbeitet er für Sie.«
    »Nun, so würde ich es vielleicht nicht direkt bezeichnen«, meinte Hofer. »Er leistet hier seinen Zivildienst ab. Zu meinem Bedauern wird er wohl einer der Letzten sein, nachdem die Politik uns diese Unterstützung gestrichen hat.« Er bemerkte die ernsten Mienen der beiden Polizeibeamten. »Was ist denn mit Jensen?«, fragte er besorgt. »Ich hoffe, er hat nicht wieder irgendeine Dummheit angestellt.«
    Sven wechselte einen kurzen Blick mit Dennis, dann wandte er sich wieder dem Heimleiter zu. »Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Erik Jensen tot ist. Er wurde gestern Abend vor seiner Wohnung von einem Auto erfasst.«
    Hofers glatte Gesichtszüge wirkten plötzlich wie versteinert. Entsetzt huschte sein Blick zwischen Sven und Dennis hin und her. »O mein Gott, das … das ist ja … das ist ja furchtbar«, brachte er nur stotternd heraus. »Bitte entschuldigen Sie mich, ich …«
    Er stand auf und eilte in die Toilette neben dem Büro.
    Sven und Dennis sahen ihm verwundert nach. Kurz darauf war das Geräusch eines laufenden Wasserhahns durch die halboffene Tür zu vernehmen. Wenig später betrat Hofer wieder den Raum. In den Händen hielt er ein weißes Frotteehandtuch, mit dem er sich das Gesicht abtrocknete. Er entschuldigte sich abermals.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Sven.
    »Ja, es geht schon wieder, danke.« Hofers Gesicht war kreidebleich.
    »Ihrer Reaktion nach zu urteilen, haben Sie und Jensen sich näher gekannt«, mutmaßte Dennis.
    Hofer legte das Handtuch über eine Stuhllehne und ging zu seinem Schreibtisch. Er öffnete eine Schublade und kramte nervös darin herum. »Wissen Sie, es … es ist nur der Schock. Nach all diesen Problemen in seiner Vergangenheit schien er endlich auf dem richtigen Weg zu sein, und nun das.«
    »Nun, ehrlich gesagt wundern wir uns ein bisschen, was einer wie er hier verloren hatte.«
    »Einer wie er? Sie meinen, ein vorbestrafter Halbstarker?« Hofer kam an den Tisch zurück. In seiner Hand hielt er ein silbernes Etui. Er klappte es auf und hielt es den beiden hin.
    »Nein, danke«, sagte Sven. »Ich rauche nicht.«
    Gierig starrte Dennis die Zigaretten an. »Und ich versuche gerade, es mir abzugewöhnen.«
    »Dann stört es Sie doch hoffentlich nicht? Normalerweise rauche ich im Büro nicht, aber jetzt kann ich wirklich eine Zigarette vertragen.«
    Sven bemerkte, dass Hofers Hand leicht zitterte, als sie das Feuerzeug betätigte.
    »Also«, sagte Hofer, während er Rauchschwaden in die klimatisierte Luft blies, »um auf Ihre Frage zurückzukommen: Jensen war sicher kein Unschuldslamm, aber er konnte arbeiten. Und er hat sich hier den alten Leuten gegenüber immer korrekt verhalten, darauf habe ich persönlich geachtet.«
    »Das entspricht nicht gerade dem Bild, das wir von Erik Jensen haben«, entgegnete Dennis. »Seine Nachbarn haben ihn als egoistisch und unfreundlich beschrieben. Sogar seine ehemaligen Lehrer sagten, er wäre oft zu spät gekommen und hätte regelmäßig den Unterricht gestört.«
    »Weil er dort nicht ausreichend gefordert wurde, wenn Sie mich fragen.« Hofer machte eine Pause und zog ausgiebig an seiner Zigarette, als suche er nach den passenden Worten, um seine These zu untermauern. »Sehen Sie, im Gegensatz zu dem, was die meisten Leute von ihm dachten, war Erik Jensen ein sehr intelligenter junger Mann. Sein Problem lag eher darin, dass die Leute ihm nichts zugetraut und ihn für einfältig gehalten haben. Deshalb war er vielleicht etwas … nun ja, unbeherrscht. Vermutlich brauchte er einfach eine anspruchsvollere Beschäftigung. Wissen Sie«, fuhr er fort, »ich bin sozial ein sehr engagierter Mensch, wie Sie an meiner Arbeit erkennen können, und ich versuche immer, das Gute in einem Menschen zu sehen. Und was das anging, schien mir Erik Jensen eine Menge Potenzial zu haben; er war im Grunde kein schlechter Mensch.«
    »Dagegen spricht die Anzeige wegen schwerer Körperverletzung in seiner Akte«, konterte Dennis.
    »Davon ist mir nichts bekannt.«
    »Tja, anscheinend war er wohl doch nicht so ausgefüllt , wie Sie dachten. Einen Mann derart zu verprügeln, dass er anschließend mit der Schnabeltasse ernährt werden muss, spricht

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