Sterblich
echter Nachrichtenhai, der eine ganze Reihe von Neuigkeiten ans Licht gebracht hatte, die teilweise zu Ermittlungen, wenn nicht sogar zum Abschluss von Fällen geführt hatten. Er hatte Resultate vorzuweisen. 6tiermes7 war bereit, ihm zu helfen – unter der Bedingung, dass Henning seine Quelle nicht verriet.
Über ein E-Mail-Konto, das keine Rückschlüsse auf 6tiermes7 richtigen Namen ermöglichte, bekam er ein Zip-File zugesandt, das er entpacken musste, um ein Programm mit Namen FireCracker 2.0 zu installieren. Henning googelte das Programm im Internet, fand aber keinen Hinweis darauf, ob das Programm irgendwo erworben werden konnte. Er ging davon aus, dass 6tiermes7 es selbst programmiert hatte, fragte aber nie nach. Es war ein Programm, das eine Verbindung zu einem Server herstellte, über den sie sicher miteinander chatten konnten. Jedenfalls ansatzweise sicher.
Sie nutzten einen Verschlüsselungsalgorithmus, durch die alle Anschläge, die sie auf der Tastatur machten, und alle Informationen, die sie einander schickten, für andere unlesbar waren, außer sie hatten den Schlüssel. Natürlich setzte das voraus, dass der Text von niemandem aufgeschnappt würde, bevor er verschlüsselt wurde. Natürlich ist es ein Leichtes, eine Tastatur zu überwachen. Für 6tiermes7 war das folglich nicht ganz ungefährlich. Henning hatte aber nicht vor, nach dem ethischen oder moralischen Dilemma zu fragen, in dem 6tiermes7 eventuell steckte.
6tiermes7 erwies sich schnell als die beste Quelle, die er jemals gehabt hatte. Man braucht Quellen, die einem regelmäßig Nachrichten liefern und einen mit Informationen füttern, die man für das nächste Interview benötigt. Spezialwissen, das man vielleicht nicht konkret nutzen kann, das aber trotzdem Gold wert ist. Nicht zuletzt als Druckmittel. Außerdem muss man jederzeit den Status quo kennen und Bescheid darüber wissen, was die Polizei herausgefunden hat, welche Spuren sie verfolgt, wer verhört worden ist und so weiter.
6tiermes7 gab ihm all das. Ein echter Deep Throat, wie Mark Felt in der Watergate-Affäre. Über eine Zeit von drei Jahren, vor dem, Woran Er Nicht Denken Will, hatte Henning eine Reihe von Titelstorys, die ein direktes Resultat der Zusammenarbeit mit 6tiermes7 waren. 6tiermes7 half ihm, und er half der Polizei, indem er Sachen öffentlich machte, die ein neues Licht auf die Fälle warfen, an denen die Polizei arbeitete, alte wie neue. Gemeinsam waren sie ein starkes Team. Hannibal Lecter hätte vermutlich gesagt: Quid pro quo .
6tiermes7 sagte ihm nie, warum er Kontakt zu ihm gesucht oder wie er ihn gefunden hatte. Und Henning hat nie herauszufinden versucht, wer 6tiermes7 ist, und hat dies auch nicht vor. Manche Sachen lässt man besser, wie sie sind.
Vor seiner Rückkehr in die Redaktion hat er nicht mehr an ihn gedacht, zwei volle Jahre nicht. Darum hat er keine Ahnung, ob 6tiermes7 noch bereit ist, als Quelle für ihn zu arbeiten, geschweige denn, ob er ihn erreichen kann. Vielleicht arbeitet er jetzt mit jemand anderem zusammen, wenn er sich nicht ganz aus dem Cyberspace zurückgezogen hat.
Henning muss das herausfinden.
18
Der Dampf steigt zur Decke auf, während der Hochdruckreiniger systematisch über den dunkelroten Audi A8 mit den silberglänzenden 19-Zoll-Felgen spült. Angetrocknete Vogelscheiße, Salz, Split und Steinchen lösen sich mit der Seifenlauge vom Lack.
Yasser Shah legt den Hochdruckreiniger zur Seite und signalisiert den beiden anderen, dass sie anfangen können. Ein dritter Mann öffnet die Türen und beginnt, das Innere des Wagens zu saugen. Mit Schwämmen und Seife gehen sie auf den Wagen los. Das Quartett arbeitet schnell und effektiv. Die Matten werden aus dem Wagen genommen und abgespült. Auch der Kofferraum ist bald von alter Rinde, Grasresten und Müll befreit. Die Leisten werden abgetrocknet, und die Armaturen im Inneren glänzen ebenso wie das Lenkrad, der Schaltknüppel, die Stereoanlage und die Fenster. Das Ganze dauert nicht einmal zehn Minuten und kostet lächerliche hundertfünfzig Kronen.
Der Besitzer des Wagens, ein Mann im grauen Anzug mit passendem Schlips, wartet draußen und begutachtet die Arbeit. Zaheerullah Hassan Mintroza beobachtet ihn aus seinem gläsernen Büro in der Waschhalle und erkennt die Skepsis des Mannes. Bestimmt weil wir Pakistani sind, denkt Hassan. Vermutlich geht dieses geizige Arschloch das Wagnis nur ein, weil wir billig sind. Wenn du wüsstest, bei wem du dein Auto waschen lässt,
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