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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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Edessin Dareh war, vielleicht auch noch deren Stellvertreter. Inzwischen hatten die Tempelspitzen jedoch einen nachrangigen Priester mit der Aufgabe betraut, sich um Khatons Verbindungsmann zu kümmern. Das sah der Evari als bewusste Brüskierung an, und er spürte, wie der Zorn erneut in ihm wuchs.
    Endlich kam er zu den Stellen des Berichts, die ihn interessierten. Khaton beugte sich vor und kniff die Lippen zusammen, als er las, dass Salavar, der Kommandant der Schwarzen Festung, von seinem Posten enthoben und durch einen Mann tief aus dem Osten ersetzt worden war. Da er Salavar kannte, gab diese Nachricht Anlass zur Sorge. Der Hochmagier war kein Mann, der sich so einfach ablösen und gedemütigt ins Schwarze Land zurückschicken ließ. Eher war zu erwarten, dass er nun irgendeine Teufelei ausheckte, um seinen angeschlagenen Ruf zu retten. Für Khaton hieß dies, von nun an doppelt wachsam zu sein.
    Auch die nächste Information gefiel ihm nicht. Sie bestand nur aus drei Worten, doch die hatten es in sich. » T’wool rüstet weiter!«, stand da zu lesen.
    T’wool war das mächtigste Reich auf der roten Seite, und wenn es Krieger unter Waffen rief, konnte dies nur eines bedeuten: König Arendhar IV . plante, eine gewaltige Streitmacht über den Strom zu führen, um Rache für die verlorenen Schlachten der letzten Jahre zu nehmen, in denen Heere der grünen Reiche Thilion und Aralian den Unterlauf des Großen Stromes überwunden und einen bedeutenden Brückenkopf auf der östlichen Seite errichtet hatten. Auch das war etwas, das Khaton spürbar im Magen lag. Der Angriff der grünen Herrscher hatte nur die eigene Seite geschwächt und drüben den Ruf nach Vergeltung laut werden lassen.
    Auch der nächste Punkt, den sein Informant angesprochen hatte, verriet die Wut und die Angst der Menschen auf der Ostseite des Toisserech. Die blauen Länder, die die Schwächsten unter allen Farbreichen waren, hatten beschlossen, Rogar, den kriegserprobten König des kleinen Bergreiches Andhir, zu ihrem obersten Feldherrn zu ernennen. Dabei entstammte der Mann keinem der sonst auf ihren Stammbaum so stolzen Königsgeschlechter der Blauen, sondern hatte als Söldnerführer dieses Reich erobert und sich selbst zum König gemacht.
    »Im Süden T’wool, im Norden Andhir! Bei Meandir, ich bräuchte tausend Augen und Ohren, und die wären noch zu wenig!« Khaton feuerte den Bericht in die Ecke, in der sein Dienergeschöpf gerade mit dem Korrigieren der Aufgaben fertig geworden war. Ohne darauf zu achten, um was es sich handelte, nahm die Kristallspinne das Schreiben aus Edessin Dareh an sich und begann, auch dieses nach Grammatik und Sinngehalt zu korrigieren.
    Khaton sah ihm einen Augenblick zu und musste schmunzeln. Wenigstens war es ihm im Kleinen noch möglich, sich zu amüsieren. Er überlegte, ob er dem Dienergeschöpf den Bericht wieder abnehmen sollte, ließ es dann aber und wandte sich dem Eintopf zu, der mittlerweile kalt geworden war. Ein kleiner Zauber wärmte das Essen so auf, wie Khaton es mochte, und er begann nachdenklich und mit wenig Appetit zu löffeln.
    ☀ ☀ ☀
    Der Teller war noch nicht halb geleert, da spürte Khaton eine unbekannte Präsenz. Verärgert legte er den Löffel weg und ließ seine magischen Sinne schweifen. Etwas musste den Schutzschirm gestreift haben, den er um sein Domizil gelegt hatte. Es konnten Wirbel alter Kriegsmagie sein, die noch immer über die Welt zogen, aber auch ein fremder Magier, der durch Zufall auf ihn aufmerksam geworden war. Doch niemand konnte seinen Schirm durchdringen, davon war Khaton überzeugt. Da ihn seine eigenen Schutzmaßnahmen hier unten behinderten, kletterte er nach oben, um zu schauen, ob vielleicht ein magisch Begabter vor der Tür stand und ihn sprechen wollte.
    Doch als er vom Wohnraum aus seine tastenden Sinne ausstreckte, fand er niemanden. Nur die Witwe hörte er in ihrer Küche herumwerkeln. Sie schien ein Festmahl zuzubereiten, bei dem er am Abend kräftig zulangen musste. Halbwegs beruhigt stieg er wieder nach unten in sein geheimes Gelass. Als er sich jedoch dem Sessel zuwandte, auf dem er eben noch gesessen hatte, wich er entgeistert zurück.
    Eine schmale, hochgewachsene Gestalt saß nun auf seinem Platz. Sie war in einen grauen Umhang gehüllt, dessen Kapuze ihr Gesicht fast zur Gänze verbarg. Das Einzige, was Khaton erkennen konnte, war ein weiß strahlendes Amulett von ungewöhnlicher Stärke auf ihrer Brust und ein glühendes Augenpaar, dessen

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