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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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Gott, zu dem er gehört.«
    »Was sind Götter?«, kam die nächste und für Ysobel noch überraschendere Frage.
    Die Violette kicherte verdattert. »Ich glaube es nicht! So etwas kann es nicht geben.«
    »Es muss an dem Staub liegen, den ihr diese verfluchten Schwarzen zu schlucken gegeben haben. Der hat ihr das Gedächtnis gelähmt«, warf die Frau mit den blauen Haaren ein.
    Diese Worte ließen den großen Mann neben ihr wütend auffahren. »Ich will kein Wort gegen Giringar und seine Völker hören! Die Flussmäuler sind entartet und nicht wert, zu seinen Gläubigen gezählt zu werden.«
    »Streitet euch doch nicht schon wieder!«, wies Ysobel die beiden zurecht.
    »Einem Schwarzen ist niemals zu trauen«, erwiderte die Blaue spitz.
    »Kein ehrlicher Tawaler gibt sich mit einer verschlagenen Wardan ab!«, gab der Mann in verächtlichem Tonfall zurück.
    Laisa war verblüfft, dass die Gefangenen angesichts ihrer schier ausweglosen Situation irgendwelche Animositäten ausfochten. »Wenn wir einen Weg in die Freiheit finden wollen, müssen wir uns alle zusammentun. Mit solchen Zankereien machen sie es ihren Feinden viel zu leicht, uns wie Vieh mitzuschleppen.«
    »Damit hast du schon recht«, antwortete die Violette. »Aber die Blauen und Schwarzen hassen sich aus mir unverständlichen Gründen, obwohl sie in den Götterkriegen mit uns auf einer Seite gekämpft haben!«
    Zu ihrer Erleichterung bemerkte Laisa, dass Ysobel sich über die beiden Streithähne genauso ärgerte wie sie. Sogar in ihrem violetten Geruch schwang ihr Unmut mit, und das machte sie ihr sofort sympathisch. Daher hoffte sie, in dieser Frau eine Verbündete gefunden zu haben.
    Laisa begann nun, ihre Fesseln zu untersuchen. Aber den Gedanken, sich irgendwie aus ihnen befreien zu können, gab sie bald auf. Die Flussmäuler hatten ihr je zwei breite Eisenschellen um den Hals, die Hand- und die Fußgelenke gelegt, dazu einen weiteren Ring um die Taille. Von jedem liefen zwei Ketten zu eisernen Schlaufen, die jeweils am Boden und an der hölzernen Decke des Wagenkastens befestigt waren. Da das Metall ihren Kräften widerstand, konnte sie nur versuchen, das Holz um die Befestigung der Ketten mit den Krallen aufzubrechen. Aber selbst, wenn sie das schaffte, würden die Fesseln sie bei jeder Bewegung behindern.
    So schwer es ihr auch fiel – sie musste warten, bis sich eine bessere Möglichkeit bot, den Flussmäulern zu entkommen. Als Laisa aber an die Sorgfalt dachte, die die Sklavenhändler bei der Fütterung ihrer Gefangenen walten ließen, schwand ihre Zuversicht. Um nicht ganz in dem Elend zu ertrinken, das über sie hereinbrach, wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Katling zu.
    »Wie heißt du?«, maunzte sie auffordernd.
    »Rongi«, kam es dünn zurück.
    »Ich bin Laisa!«
    »Das habe ich gehört!« Der Junge war enttäuscht, weil es Laisa nicht gelungen war, ihn zu befreien, und sie jetzt selbst in der Patsche saß. Für einen Augenblick sah er so aus, als wolle er ihr Vorwürfe machen, doch er schluckte seine Tränen und schob sich, soweit seine Ketten es zuließen, auf Laisa zu, um sie zu berühren.
    »Ich habe Angst vor den bösen Männern da draußen!«
    Laisa lachte auf. »Angst? Die brauchst du nicht zu haben. Wären wir frei, würden wir beide schnell mit denen fertig. So aber müssen wir warten, bis wir eine Chance bekommen, sie unsere Krallen und Zähne spüren zu lassen. Ewig können sie uns ja nicht hier einsperren.«
    Ysobel begann zu kichern. »Deinen Optimismus möchte ich haben. Flussmäulern ist noch kein Gefangener entkommen.«
    »Dann wird es Zeit, dass jemand damit anfängt!«, fauchte Laisa und bleckte ihr Raubtiergebiss in die Richtung, in der sie den Anführer roch.
    Von ihren eigenen Worten beflügelt spürte sie, wie ihre Niedergeschlagenheit wich. Sie krümmte den Zeigefinger, so dass die Kralle darüber zum Vorschein kam, und fuhr spielerisch über Rongis Rücken. Der Katling beruhigte sich und begann sogar, ein wenig zu schnurren.
    ☀ ☀ ☀
    Die Hoffnungen, die Laisa auf die nächste Nacht gesetzt hatte, erfüllten sich nicht, denn man holte sie nicht aus dem Wagen heraus. Die Flussmäuler zogen ihre Ketten so fest, dass sie sich nicht mehr rühren konnte, träufelten ihr Wasser in den Mund und stopften ihr ein Stück staubtrockenes Brot hinein, das wie Asche schmeckte. Während sie ihr Gesicht verzog, amüsierten sich ihre Peiniger über sie.
    »Was hast du denn, Kätzchen? Das ist gutes Brot, sogar mit einem

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