Stern der Göttin
gewesen sei.
Laisa lauschte dem Gespräch mit gespitzten Ohren. Die Goisen schienen mehr über die Leute jenseits des Stromes zu wissen als die übrigen Bewohner dieser Seite. Am liebsten hätte sie sich zu ihnen gesetzt, ihnen ein paar Becher Wein spendiert und mit ihnen geredet. Aber der elende gelbe Strich hinderte sie daran.
Erneut wurde die Tür geöffnet, und eine weitere Gruppe grau gewandeter Leute kam herein. Im Gegensatz zu den Urdilern aber wurden sie freundlich empfangen. Die Wirtin umarmte sogar ihren Anführer, einen baumlangen Goisen mit weißer Grundfarbe, und bot ihm unaufgefordert einen großen Becher Wein an.
»Es ist schön, dich wiederzusehen,Yondal. Ich hatte schon Angst, sie hätten dir drüben den Bauch aufgeschlitzt.«
»In der Fährstation sind wir sicher. Da traut sich keiner ran. Selbst der neue Stadtherr von Maraandlion respektiert die alten Verträge.«
»Da bin ich aber erleichtert, denn ich hatte mir schon Sorgen um euch gemacht. Ihr seid doch ziemlich lange ausgeblieben.«
»Es gab halt keine Passagiere, die herüberwollten, und von hier wurde auch kein Botenvogel geschickt, um uns zu holen«, antwortete Yondal mit einem Achselzucken. »Für die Kerle, deretwegen wir die Fahrt unternommen haben, hat T’wool die Fahrt bezahlt. Es gibt da irgendeinen Vertrag, den König Arendhar mit dem König von Urdil abgeschlossen hat. Ich weiß nicht, worum es darin geht, aber unsere Passagiere waren außer sich vor Wut und Scham.«
»Die werden schon wissen warum!« Mehr war der Wirtin dieses Thema nicht wert. Sie legte dem Schiffer die Hand auf die Schulter und deutete auf Laisa.
»Du hast auf der Rückfahrt ebenfalls Passagiere.«
Yondal warf einen kurzen Blick auf Laisa und grinste. »Das kann ich mir vorstellen. Ihr seid wohl als Boten auf dieser Seite gewesen, und das ist in dieser Zeit nicht ungefährlich, muss ich sagen. Aber jetzt geht es ja heim.«
Der Mann wirkte direkt freundlich. Laisa wunderte sich darüber und hatte dann noch mehr Grund dazu, als die Tür auf ihrer Seite aufsprang und mehrere Männer in den gleichen grauen Kitteln hereinkamen, wie sie auch Yondal und seine Leute trugen. Ihre magische Farbe war jedoch ein mattes Blau.
»He, Rekk , du kannst dich gleich um unsere Passagiere auf dem Rückweg kümmern. Schließlich gehören sie zu deiner Seite«, rief Yondal ihm zu.
Der Rekk genannte Schiffer blieb vor Laisa stehen und deutete eine Verbeugung an. »Ilynas Segen sei mit dir!«
»Mit dir ebenfalls.« Laisa fragte sich, in welchem Verhältnis der Mann zu Yondal stehen mochte.
Da stellte Rekk sich als einer der beiden Kapitäne der Maraand-Fähre vor. »Hier auf dieser Seite hat natürlich Yondal das Sagen, doch sobald wir die Hälfte des Stromes überwunden haben, übernehme ich das Kommando«, setzte er lächelnd hinzu.
Laisa musterte ihn nachdenklich. »Und das geht ohne Streit ab? Immerhin ist er weiß und du blau.«
Rekk und Yondal begannen, wie aus einem Mund zu lachen. »Wir sind Fährleute. Zwischen uns gibt es keinen Zwist«, sagte der Blaue, als er sich wieder beruhigt hatte.
»Schon unsere Väter und Vorväter waren Fährleute. So will es das Gesetz, das wir seit dem großen Friedensschluss der Götter befolgen.« Yondal kam so weit an die gelbe Linie, wie er es zu vertreten können glaubte, und deutete nun ebenfalls eine Verbeugung an.
»Wir beide haben ein wenig Lotsenblut in den Adern, das dämpft so manchen Wutausbruch.«
»Lotsenblut?« Laisa fand diese Welt immer verwirrender.
»Die Lotsen sind die Fährleute der Heiligen Stadt und die Einzigen, die den See dort befahren dürfen. Es sind schon eigenartige Leute. Leider habe ich nur einmal einen von ihnen gesehen. Aber vielleicht gibt Meandir es, dass ich Edessin Dareh besuchen darf, wenn ich das Steuer an meinen Sohn übergeben habe.« Yondal seufzte und bat die Wirtin um einen weiteren Becher Wein.
Laisa wollte mit Rekk ein Gespräch beginnen und fragte den Kapitän, was er trinken würde.
»Wenn es recht ist, goisischen Tee und Genvar – das Erste für den Durst und das Zweite für den Gaumen«, antwortete Rekk, während er sich an ihrer Seite niederließ.
☀ ☀ ☀
Der Abschied von der Wirtin war freundlicher als die Begrüßung vor ein paar Tagen. Die Frau gab nicht nur Yondal und den anderen Weißen aus seiner Besatzung eine Menge Lebensmittel und Getränke mit, für die sie nur wenig Geld verlangte, sondern packte auch für Laisa und deren Begleiter einen großen Korb voller
Weitere Kostenlose Bücher