Stern der Göttin
auf, als sie das so heißbegehrte Artefakt in ihren Händen wussten. Während eine von ihnen den Stern in einem goldenen Kästchen barg, wandte die andere sich an Meanil und umarmte sie.
»Irisea hat dir verziehen und nimmt dich wieder unter ihre Damen auf. Doch du wirst ihr Land auf viele Jahre nicht mehr verlassen und keinen mehr Freund nennen, der dich damals gezwungen hat, das Geschenk der Göttin zu missbrauchen.« Noch während sie sprach, erschien ein kleiner, sechszackiger Stern in Gold auf Meanils Stirn. Ihr weißes Gewand färbte sich ebenfalls golden, und als sie Laisa das Gesicht zuwandte, strahlten auch ihre Augen in dieser Farbe.
»Danke, Laisa!«, sagte sie noch. Dann verschwand sie so spurlos, als hätte es sie niemals gegeben.
»Auch für uns ist es Zeit zu gehen.« Die beiden goldenen Eirun erhoben sich, und eine von ihnen trat ein Stück auf Laisa zu. »Lebe wohl, Katzenfrau! Du hast die Hoffnungen, die wir in dich gesetzt haben, mehr als erfüllt. Wir würden uns freuen, wenn du Khaton auch weiterhin helfen könntest, den bedrohten Frieden dieser Welt zu bewahren.«
»Laisa ist mutig und geschickt, doch allein kann sie dieses Werk nicht vollbringen. Wir bräuchten noch jemanden wie sie, drüben, auf der anderen Seite«, wandte ihre Gefährtin traurig ein. Dann öffnete sie das Kästchen noch einmal und küsste den Stern. In dem Augenblick lösten beide Goldeirun sich auf, und es blieb nichts als die Erinnerung an sie zurück.
Als Erster schüttelte Khaton die Erstarrung ab, die alle ergriffen hatte, und drehte sich zu Laisa um. »Es war klug von den beiden, dich mir als Helferin zuzuweisen. Ich habe nämlich einen Auftrag für dich, der ungewöhnlich und auch diffizil ist, im Großen und Ganzen aber völlig ungefährlich. Dabei wirst du nichts mit Magiern und dergleichen zu tun bekommen. Während du diese Sache für mich erledigst, werde ich mich um die Versteinerten kümmern. Die meisten von ihnen kenne ich und weiß, dass sie dir für ihre Rettung großen Dank erweisen werden.«
Während Khaton redete, konnte Laisa nur daran denken, dass er sie arrogant als seine Helferin bezeichnet hatte, und sträubte verärgert ihr Fell. Sie war für ihn nach Osten gegangen, weil es der Wille der goldenen Göttin gewesen war. Doch sonst war sie diesem aufgeblasenen Magier nichts schuldig. Sie hatte für ihn nicht nur ihren Schwanz, sondern gleich ihr ganzes Fell riskiert, und er hatte es nicht für nötig gefunden, ihr ihren Lohn, geschweige denn eine Prämie auszuzahlen, wie es jeder Handelsherr und Karawanenbesitzer getan hätte. Außerdem hatte sie Naika versprochen, sie nach Hause zu bringen. Von den T’woolern und den anderen Völkern des Ostens hatte sie erst einmal die Nase voll, und sie wollte als Nächstes durch Borlons Wälder streifen.
Khaton bemerkte ihre störrische Miene und ballte die Fäuste unter dem Tisch. »Es ist ein wichtiger Auftrag, und du bist die einzige Person, der ich ihn anvertrauen kann. Sie wird dir zudem reichen Lohn und großen Ruhm bringen. Um die Nixe brauchst du dich nicht zu kümmern. Die fühlt sich in meinem Quell ganz wohl. Daher ist es völlig unwichtig, ob du sie noch heuer oder erst nächstes Jahr zum Drachensee bringst.«
Der Evari überlegte, ob er etwas Überredungsmagie anwenden sollte, scheute aber davor zurück. Laisa war nicht seine Zimmerwirtin, die er, wenn sie ihm zu lästig wurde, kurzerhand zur Nachbarin schicken konnte. Nun trat er auf sie zu und legte ihr den Arm um die Schulter. »Lockt es dich denn nicht, als geachtete Dame zu reisen und neue Länder und Leute kennenzulernen?«
»Doch!«, antwortete Laisa gedehnt. »Nur würde ich meinen Weg gern selbst bestimmen.«
Noch während sie es sagte, wusste sie, dass sie Khatons Angebot annehmen würde. Wenn sie zur roten Seite der Welt zurückkehrte, konnte sie vielleicht mehr über diesen Frong erfahren, dessen Umtriebe Ärger für beide Seiten des Stromes bedeuteten. Auch lockte sie die Möglichkeit, von dem weißen Evari alles über diese Welt zu hören, was sie wissen wollte.
Dann begriff sie, dass sie noch andere Beweggründe hatte. Khaton hatte deutlich erklärt, dass er mit ihr mehr als zufrieden war, und das war für eine Karawanenwächterin ein hohes Lob. Würde sie jetzt gehen, wäre sie nicht mehr als eine Streunerin ohne Heimat und Ziel, und das wollte sie wirklich nicht sein.
Schließlich sah sie den Evari grinsend an. »Wir müssen uns noch über meine Bezahlung unterhalten. Aber
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