Stern der Göttin
jetzt will ich erst einmal eine Schale Milch haben. Ich habe nämlich Durst!«
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Einundzwanzigstes Kapitel
Betarran
E twa zu derselben Zeit, in der Laisa von Khaton eine Schale Milch forderte, drillte Major Burlikk in der Schwarzen Festung seine Gurrims. Dabei blickte er immer wieder zum Hauptgebäude hinüber. Es war ungewöhnlich ruhig dort, obwohl Wassarghan, der neue Kommandant der Festung, angeblich mit einem wichtigen Experiment beschäftigt war. Burlikk hielt sich nicht unbedingt für einen großen Magier, aber er hätte es bestimmt gespürt, wenn sich dort etwas tun würde.
»So in Gedanken?«, vernahm er auf einmal neben sich eine Stimme.
Burlikk fuhr herum und sah einen mittelgroßen, hageren Mann in schwarzen Hosen und einer gleichfarbigen Jacke ohne jedes Rangabzeichen vor sich. Das schmale Gesicht und die durchdringend blickenden Augen ließen es jedoch nicht geraten erscheinen, ihn zu unterschätzen.
Burlikk verbeugte sich und wagte es nicht, sein Gegenüber anzusehen.
»Wo ist Wassarghan?«, fragte der so überraschend Aufgetauchte, ohne auch nur einen der Titel zu verwenden, auf die der Erzmagier so viel Wert legte.
»Im Hauptturm der Festung, erlauchtigster Herr«, antwortete Burlikk und wies auf das Gebäude.
»Ach, wirklich?« Betarran, Zweiter der Gefährten Giringars und gefürchtetster Magier im Schwarzen Land, verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. »Nun, wenn du es sagst, wird es schon stimmen. Komm, wir wollen ihn aufsuchen.« Mit diesen Worten schritt er auf das Haupttor zu.
Burlikk folgte ihm mit unglücklicher Miene. »Verzeiht, aber ich habe nicht mehr das Recht, das Zentralgebäude zu betreten. Solange Herr Salavar Gouverneur der Festung war, war dies anders, aber Herr Wassarghan hat seine eigenen Ansichten.«
»Seit wann steht Wassarghan höher in der Rangfolge des Schwarzen Landes als ich? Wenn ich sage, du kommst mit, kommst du mit!« Betarrans Stimme ließ keinen Widerspruch zu, und Burlikk beeilte sich, ihm zu folgen.
Das Portal des Zentralgebäudes war magisch gesichert, doch ein einziger Befehl Betarrans brachte es dazu, sich zu öffnen. Innen war es eigenartigerweise sehr still. Eigentlich müssten um die sechzig Magier und Adepten mehr Geräusche machen, dachte Burlikk verwundert. Doch der Flur war leer, ebenso mehrere Räume, deren Türen sich wie von selbst öffneten, als Betarran daran vorbeischritt.
Der Hocherzmagier machte auch vor der Tür des zentralen Kommandoraums nicht halt. Diese wurde wie von einer Riesenfaust aufgestoßen, und Betarran trat ein.
»He, was soll das«, rief jemand empört, und dann spürte Burlikk, wie mehrere Artefakte betätigt wurden.
»Vorsicht, Herr«, rief er noch, doch da prallten die magischen Kräfte von Betarran wie von einem Spiegel zurück und schlugen bei ihren Verursachern ein.
Burlikk sah Gerull, den Vizekommandanten der Festung, unter einem Versteinerungszauber erstarren, und gleichzeitig sanken etliche Adepten gelähmt zu Boden. Von Wassarghan hingegen und den meisten anderen seines Gefolges war nichts zu sehen.
»Nun, wo ist der Herr Kommandant?«, fragte der Hocherzmagier mit kalter Stimme.
»Vielleicht in einem Laboratorium in den tieferen Geschossen«, antwortete Burlikk und merkte erst danach, dass die Frage nicht an ihn, sondern an den Adepten gerichtet war, der als Einziger kein Artefakt gegen Betarran eingesetzt hatte.
»Ich … ich weiß es nicht«, stotterte dieser.
Sogar Burlikk merkte, dass der Mann log.
»Das glaube ich dir sogar, denn dort, wo du ihn vermutest, ist er längst nicht mehr. Allerdings hat er sein Vorhaben, jenes Artefakt an sich zu bringen, nicht in die Tat umsetzen können. Tharon war doch zu stark für ihn. Es wird einige Zeit dauern, bis Wassarghan wieder zu Kräften kommt. Auf jeden Fall ist er als Gouverneur der Schwarzen Festung ungeeignet, ebenso wie dieser Wicht dort als sein Stellvertreter!« Auf ein Zeichen Betarrans verschwand die Plakette, die Gerull als Hochmagier auswies, und seine Magierplakette löste sich ebenfalls auf. Nur das Abzeichen eines Adepten blieb zurück, allerdings zeigte dieses als Rangstufe nur noch den neunten und damit den untersten Grad. Die übrigen Gefolgsleute Wassarghans in der Schwarzen Festung sahen sich urplötzlich auf den Stand von Hilfsadepten degradiert.
»Damit haben sie noch mehr Glück als jene, die mit Wassarghan gegangen sind, denn von denen sind die meisten umgekommen«, erklärte Betarran so beiläufig, als spreche
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