Sternenfall: Roman (German Edition)
sah das goldene Kometensymbol um die Sonne herumschwingen und sich auf die Erde zubewegen. Während der Annäherung strich der ausgedehnte Schweif über die dem Untergang geweihte Erde. Das Bild begann zu verschwimmen. Nach sechzehn Stunden fühlten sich Thorpes Augen wie gekochte Zwiebeln an. Er rieb sie.
Als er wieder auf den Monitor schaute, hatte die Erde den Kollisionspunkt überquert und setzte ihre Reise um die Sonne unbehelligt fort. Thorpe blinzelte und blickte erneut hin. Er starrte weiter auf den Schirm, darüber nachgrübelnd, was er soeben entdeckt hatte. Dann speicherte er den File unter seinem persönlichen Sicherheitscode, anschließend schaltete er den Bildschirm aus. Durch seine Adern pulste Adrenalin, als er seine Beine unter dem Tisch hervorzog und sich abstieß. Ein paar Minuten später befand er sich in der Kommunikationszentrale des Schiffs. Er formulierte noch an der vertraulichen Mitteilung an seinen Boss herum, als er den verlassenen Raum betrat.
Wieder einmal, so schien es, war Halver Smith Hüter eines schrecklichen Geheimnisses.
Wenn Den Haag im Winter wunderschön war, so galt das für den Spätsommer erst recht. Smith schlenderte aus seinem Hotel und machte sich auf den Weg zum New Ridderzaal Tower, der rund zwei Kilometer entfernt lag. Während er unter den ausladenden Ästen von Linden und Ulmen einherschritt, sog er den Duft von Blumen ein. Selbst zu dieser späten Jahreszeit waren die Parks und Nebenstraßen der Stadt ein einziges Blütenmeer.
Er überquerte einen der zahlreichen Kanäle und betrat einen großen Park. Sobald er aus dem Schatten der Bäume herausgetreten war, konnte er den Hauptsitz des Systemrats in der Ferne aufragen sehen. Als er im Januar hier gewesen war, war das schwarze Gebäude nichts weiter gewesen als der Hauptsitz einer von mehreren supranationalen Organisationen. Seitdem war es faktisch zur Hauptstadt der Menschheit geworden. Wenn der Komet die Menschen an das Kooperieren gewöhnen konnte, könnte er sich letztlich als ein verkappter Segen erweisen, fand Smith.
Er gelangte zum neuen Sicherheitszaun, der das Gebäude umgab, und zeigte der Wache seinen Ausweis vor. Sogleich wurde er zu der weitläufigen Eingangshalle geleitet. Wie im Januar erwartete ihn auch diesmal eine Führerin. Er folgte ihr zu einem Lift und erreichte bald darauf das Büro der Chefkoordinatorin.
»Und wieder einmal ersucht der Mann aus Kalifornien um ein dringendes vertrauliches Gespräch über ein Thema, das er sich weigert zu nennen«, sagte Constance Forbin zur Begrüßung.
»Tut mir leid, dass ich so melodramatisch bin. Ich habe meine Gründe.«
Sie lachte humorlos. »Glauben Sie mir, nach dem letzten Mal sind Sie der Einzige, der eine Privataudienz bei mir bekommen kann, wann immer er sie wünscht. Ich nehme an, es dreht sich wieder einmal um den Kometen.«
»In der Tat.«
»Was gibt’s diesmal?«
»Ich bin hergekommen, um Ihnen eine Lösung für unser Problem vorzuschlagen, jedoch eine, die weitere Probleme mit sich bringt.«
»Fahren Sie fort!«
»Vor drei Tagen erhielt ich eine vertrauliche Nachricht von Tom Thorpe. Er präsentiert ein Szenario, wie der Komet unschädlich gemacht werden kann.«
»Interessant, denn das hat noch keiner getan.«
»Wenn Sie es gehört haben, werden Sie wissen, warum«, versicherte ihr Smith. Er erläuterte Thorpes Idee, Avalon in Donnerschlags Flugbahn abzulenken und den Kometen so zu verlangsamen. Dann teilte er ihr mit, warum dies eine Möglichkeit zur Rettung der Erde war.
Als er geendet hatte, lehnte sich Constance Forbin verblüfft im Sessel zurück. »Sie haben das natürlich überprüft.«
»Erwin Kanzler hat alles durchgerechnet. Ich habe die Ergebnisse bei mir. Er kommt zu dem gleichen Schluss wie Thorpe.«
»Der Preis wäre verdammt hoch!«
»Nicht so hoch wie der zu zahlende Preis, wenn wir den Kometen nicht aufhalten können.«
Die Chefkoordinatorin betrachtete Smith über die Fingerspitzen hinweg für beinahe eine Minute. Schließlich sagte sie: »Ich muss sagen, Halver, Ihre Besuche sind so ziemlich das Letzte an Aufregung, was ich im Moment gerade noch verkraften kann.«
»Jetzt wissen Sie, warum ich auf einem persönlichen Treffen bestanden habe.«
»Wir werden sehr behutsam vorgehen müssen, wenn wir eine tiefgreifende Spaltung verhindern wollen.«
»Ich bezweifle, dass das überhaupt möglich ist.«
»Wir können das Unvermeidliche hinausschieben. Ich werde ein Team vertrauenswürdiger Personen
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